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Dirty Old Town: Ein Wyatt-Roman (German Edition)

Dirty Old Town: Ein Wyatt-Roman (German Edition)

Titel: Dirty Old Town: Ein Wyatt-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garry Disher
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schlich um die Ecke, zur Rückseite des Hauses. Unkraut hatte den Garten fest im Griff. Ein Geräteschuppen aus Aluminium schimmerte im Sonnenlicht, dann waren da noch eine gespannte Wäscheleine und eine Schubkarre, voll mit bemoosten Ziegelsteinen.
    Ein Platz, wo man höchst ungern in die Falle geraten wollte. Also inspizierte Wyatt den rückwärtigen Zaun, dahinter ein schmaler, mit Blaustein gepflasterter Weg, mit Jasmin bewachsene Zäune, Hanfpflanzen und ein paar aufgeweichte Pappen. Die Gartenpforte war unverschlossen, stieß aber gegen einen Blaustein und ließ sich nicht aufstoßen. Wyatt rüttelte am Zaun: Die faulenden Latten hinterließen grünlich schwarze Spuren an seinen Händen. Er riss ein paar Latten heraus, schuf eine Lücke, durch die er hindurchschlüpfen konnte.
    Wieder zurück im Garten, konzentrierte er sich im Schutze des Aluminiumschuppens auf die Beobachtung des Hauses. Er verharrte nahezu regungslos. Die meisten Menschen sind als Wachposten ungeeignet, doch in Wyatts Leben bildeten Stille, Beobachtung und Nachdenken die Grundpfeiler. Warten und Nachdenken waren für ihn etwas Stetiges, Natürliches, vergleichbar mit Atmen. Er war mit sich im Einklang, hörte das Raunen des Windes, hörte, wie die Stadt sich um ihn herum erhob, und versuchte, sich Eddie Oberin im Nachbeben der morgendlichen Ereignisse zu vergegenwärtigen. Er fragte sich, was Eddie wisse oder vermute, und logischerweise auch, wie er, Wyatt, sich an seiner Stelle verhielte. Ganz sicher würde er die Nachrichten im Radio und Fernsehen verfolgen. Er würde sich fragen, warum man nicht von Leichen in der Nähe des brennenden Audi berichtete. Und das würde ihn aus der Bahn werfen. Wenn er glaubt, dass ich noch lebe, dachte Wyatt, wird er es mit der Angst zu tun bekommen. Wenn er glaubt, dass ich tot bin, wird er sich fragen, warum die Cops dazu schweigen.
    Und dann Eddies Beziehung zu Lydia. Hatte es von Anfang an zum Plan gehört, sie zu erschießen? War diese mysteriöse Frau erst später hinzugekommen oder war sie von Anbeginn an mit von der Partie gewesen? Vielleicht hatte Eddie gar nicht gewusst, dass seine Partnerin anfangen würde zu schießen und der ganzen Geschichte so eine Wendung geben würde.
    Nun denn, würde Eddie das Risiko eingehen und nach Hause zurückkommen? Wyatt hielt es für wahrscheinlich, dass Eddies Überlegungen mit Lydia zusammenhingen. Inzwischen wird er davon ausgehen, dass die Polizei sie identifiziert hat, dachte er. Ihm wird klar sein, dass die Polizei ihn mit Lydia in Verbindung bringen kann und dass eine Rückkehr somit ausgeschlossen ist, erst recht, wenn er es für möglich hält, dass ich noch am Leben bin.
    Mit Befriedigung stellte Wyatt fest, dass es ihm gelungen war, sich nahtlos in Eddie Oberin hineinzudenken. Nun ging es darum, einen Weg zu finden, in das Haus zu gelangen. Zunächst versuchte er es mit der Hintertür, ein stabiles Exemplar hinter einer zusätzlichen Tür aus Eisen und Maschendraht. Beide Türen waren mit erstklassigen Schlössern versehen. Er überprüfte die Fenster. Sie waren alle verschlossen und mit einer Alarmanlage verbunden — ein dünner Metalldraht verlief rund um den Rand einer jeden Glasscheibe. Würde man die Scheibe einschlagen und den Draht durchtrennen, löste man den Alarm aus. Als Wyatt den Hauptschalter umgelegt hatte, war der Alarm nicht aktiviert worden, also verfügte er über eine eigene Stromversorgung.
    Die Lösung war einfach. An einem Fenster an der Seite des Hauses kam der Glasschneider zum Einsatz. Ohne den Draht zu beschädigen, schnitt Wyatt die Scheibe komplett heraus und stellte sie zur Seite. Er blickte hinein, sah ein kleines Zimmer, einen schmuddeligen Teppich, mehr nicht. Er stieg ein, ließ sich auf den Boden fallen und wartete. Alles an dem Haus schien windschief zu sein, doch nichts verriet die Anwesenheit von Eddie, von Freunden oder Verfolgern. Und die Luft roch abgestanden. Zugegeben, der Kerl hatte die letzte Woche in Motels zugebracht, doch das Haus machte einen verwaisten und stark vernachlässigten Eindruck. Wyatt ging in den Flur, um sich von dort aus jeden Raum vorzunehmen. Seine erste Einschätzung schien sich zu bestätigen.
    Alte Möbel, reif für den Sperrmüll, und nirgendwo etwas von Wert, wie zum Beispiel Fernseher, Stereoanlage, Kühlschrank, Computer. Das Übrige ließ auf ein Leben voller abenteuerlicher, unerreichbarer Ziele schließen. Wyatt stieß auf Lotterielose, Wettscheine, ein paar zerlesene Pornohefte,

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