Dirty Talk
kurz davor, aufzulegen, aber er klang so ernst, dass ich zögerte.
„Was meinst du damit?“
„Rede mit Harry“, sagte er. „Und bitte, Jo … Ich weiß, du bist wütend. Aber zwischen uns war etwas, das haben wir beide gespürt. Wir spüren es jetzt noch. Kannst du mir noch ein bisschen länger vertrauen? Ich will nicht, dass du in Schwierigkeiten gerätst.“
„Ich bin ja schon längst in Schwierigkeiten“, erwiderte ich. „Du und deine perversen Spiele, das ist mein Problem. Ich glaube, du bist nicht gut für mich. Und ich wollte das hier wirklich durchziehen, Mr D. Ich wollte eine Lösung finden, um das, was wir haben …“
„Wenn ich mich recht entsinne, warst du es, die mich nicht treffen wollte.“ Endlich hatte ich ihn so weit. In seiner Stimme schwang Ärger mit.
„Damals wollte ich das nicht, stimmt. Jetzt würde ich es auch nicht wollen. Aber die Vorzeichen haben sich geändert.“
„Ich habe dir schon einmal gesagt, ich würde alles tun, was du von mir verlangst.“ Jetzt klang er nicht mehr verärgert, sondern traurig.
„Aber jetzt weiß ich leider nicht mehr, ob ich dem, was du sagst, überhaupt noch glauben kann. Ich habe genug von irgendwelchen sexuellen Experimenten. Und mit dir bin ich auch fertig, Mr D.“
„Gibt es jemand anderen? Einer von den Jungs im Großen Saal etwa?“
„Keiner, den du kennst.“ Ich atmete tief durch. „Wir werden ab heute nicht mehr miteinander reden, Mr D. Du warst für mich ein Freund und hast mir während meiner Trennung von Hugh wirklich sehr geholfen. Dafür danke ich dir. Ich weiß nicht, ob du schon damals geplant hast, mich irgendwann in die Gesellschaft einzuführen und mich zu verführen. Das ist im Grunde egal. Ich habe den Telefonsex mit dir genossen, aber das ist jetzt auch vorbei.“
„Ich verstehe. Ich werde dich auch nicht kränken, indem ich dir sage, dass ich dich liebe und bewundere. Dafür ist es jetzt zu spät, und du hast recht: Ich hab Scheiße gebaut. Pass gut auf dich auf, Jo.“
Das war also unser letztes Gespräch. Aber ich hatte mich schon vorher so gefühlt, und der Schmerz war irgendwie einerseits ziemlich echt und andererseits wie eine Parodie dieses Schmerzes.
Ich hatte nie sein Gesicht gesehen.
Ich legte auf und stopfte nach kurzem Zögern den Zettel mit seiner Telefonnummer und der Mail-Adresse in meine Nachttischschublade. Dann zog ich meine verschwitzten Trainingsklamotten aus und ging unter die Dusche. Danach zog ich meine pinkfarbenen Plüschpuschen, die Jogginghose und Hughs Pullover mit dem Loch am Ellbogen an und ging nach unten in die Küche, um mir was zu essen zu suchen.
Patrick war auch da. Er rührte in einer großen Schüssel herum. In der Luft hing der süßliche Geruch von Hefe.
„Ich backe Brot für Thanksgiving. Ich kann es einfrieren, damit ich am Tag selbst nicht in deiner Küche im Weg stehe.“ Er blickte mich prüfend an. „Alles okay mit dir?“
„Alles bestens, danke der Nachfrage.“ Ich durchquerte die Küche und trat an die Spüle, um meine Hände zu waschen. „Ich mach mir einen entkoffeinierten Kaffee für Mädchen. Willst du auch einen?“
„Klar. Danke.“ Er tauchte die Hand in die Mehltüte und stäubte eine Handvoll auf die Arbeitsfläche.
Während die Kaffeemaschine lief, beobachtete ich ihn. Er kippte eine riesige, fluffige Teigmasse auf die gemehlte Arbeitsfläche und kratzte die Schüssel mit einem Holzlöffel aus. Ein paar große Blasen platzten auf der Oberfläche des Teigbergs, während er sich ausbreitete. Aber es war eigentlich noch kein richtiger Brotteig, er war noch zu flüssig und unkontrolliert.
Patrick gab großzügig Mehl auf den Teig und begann zu kneten. Er klappte die Masse immer wieder zusammen und vergrub die Hände bis zu den Handgelenken darin. Er hielt die Hände hoch, von denen der Teig in großen, hellen Klumpen riss, und machte einen unbeholfenen Schritt in meine Richtung.
„Fleisch … Fleisch …“, stöhnte er.
„Irische Zombies sind mit Abstand die schlimmsten.“ Ich holte die Kaffeebecher aus dem Schrank.
Patrick widmete sich wieder seinem Teig und walkte ihn ordentlich durch. Er schaufelte und knetete, drückte und ließ Teigblasen platzen, stäubte ihn mit Mehl ein. Die Masse leistete zuerst erbitterten Widerstand und breitete sich immer wieder aus. Aber unter seinen Händen wurde sie ruhiger und schließlich sogar richtig fügsam. Die Oberfläche war mehlig, als er einen Spatel nahm und die letzten Reste von der
Weitere Kostenlose Bücher