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Dirty

Dirty

Titel: Dirty Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan Hart
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unbeeindruckt.
    „Nun, nein, ich bin nicht katholisch. Ich fand es nicht angebracht, zu beten. Ich bin hier, um Elle zu unterstützen.“
    Schniefend lehnte sie sich im teuren Ledersitz zurück. „Was sind Sie? Lutheraner? Methodist?“
    „Nein.“ Dan schüttelte lächelnd den Kopf. „Ich bin Jude.“
    Zum ersten Mal in ihrem Leben schien meine Mutter nichts zu sagen zu haben. Mein Mund klappte auf. Er betrachtete uns beide mit Belustigung in den Augen.
    „Versteh?“, sagte meine Mutter, die bestimmt überhaupt nichts verstand. Und die bestimmt noch nie in ihrem Leben einen Juden getroffen hatte. Es überrascht mich, dass sie nicht begann, auf seinem Kopf nach Hörnern zu suchen.
    Dans Eröffnung ließ meine Mutter schweigen, bis wir den Friedhof erreicht hatten. Hier waren nicht mehr so viele Leute wie in der Kirche. Das war gut, umso weniger Hände musste ich schütteln. Und umso weniger Umarmungen aushalten.
    Wir stiegen aus dem teuren Wagen, und in meinem Magen tat sich ein großes Loch auf. Jetzt war ich es, die über einem Abgrund hing, und Dan war mein Rettungsseil. Während meine Mutter gefasst den kleinen Kiesweg auf das offene Grab zumarschierte, umklammerte ich Dans Hand so fest, dass meine Nägel sich in seine Haut gruben. Ich musste mich von dem Anblick abwenden.
    „Rose?“, sagte ich durch zusammengepresste Zähne hindurch.
    Er blickte den kleinen Hügel hinab, dann stellte er sich zwischen mich und den Anblick. „Weiß sie nicht, dass du dagegen allergisch bist?“
    Diese Lüge hatte ich ganz vergessen, sie war ja nur eine von vielen.
    „Doch, das weiß sie.“
    Er legte eine Hand auf meinen Oberarm. „Dann gehen wir eben nicht zum Grab.“
    „Das muss ich aber, es ist die Beerdigung meines Vaters, sie erwartet, dass ich …“
    Ich wusste, dass ich plapperte, aber irgendwie konnte ich nicht aufhören. Dan schüttelte mich leicht. „Du musst überhaupt nichts tun, was du nicht willst, Elle.“
    Zitternd holte ich Luft. Die Sonne schien auf sein Gesicht, ich sah die Sommersprossen und die Fältchen um seine Augen. In den blaugrünen Augen tanzten goldene Punkte.
    „Wir können auch von hier oben zuhöre?“, erklärte er. „Du musst nicht zum Grab, wenn du nicht willst.“
    Er hatte recht, und vor allem rührte er sich nicht von der Stelle. Ich redete weiter etwas von Pflicht und Respekt und Ehre und Erwartungen vor mich hin. Er hörte sich alles an, trat aber trotzdem nicht zur Seite, um mich vorbeizulassen.
    „Du musst das nicht tu?“, sagte er erneut. Er strich mir übers Haar. „Es ist schon in Ordnung.“
    Es war nicht in Ordnung. Überhaupt nichts war in Ordnung. Alles war falsch, alles, und ich wusste, dass ich den Preis für meine Feigheit noch zu zahlen hatte, wenn nicht sofort, dann später. So war es immer.
    Ich habe eine große und laute Familie. Die meisten sind sehr fröhlich und Alkoholiker. Alkohol ist das Band, das sie alle zusammenhält, die munteren irischen Tanten und Onkel väterlicherseits und die sentimentalen italienischen Verwandten meiner Mutter. Meine Großeltern leben alle noch, ich habe eine Menge Cousins und Cousinen, von denen viele inzwischen verheiratet sind und eigene Familien gegründet haben. Sie alle hatte ich seit Jahren nicht mehr gesehen. Sie hatten meine Eltern bestimmt öfter besucht als ich, waren oft in dem Haus, in dem die Einrichtung niemals verändert worden war.
    Und nun waren wir alle zusammen im Haus meiner Eltern versammelt.
    Der Stuhl meines Vaters war nun leer und verlassen, und obwohl es mehr Hintern als Stühle gab, wagte keiner, sich auf ihn zu setzen.
    „Wie ein Schrei?“, murmelte ich vor mich hin. Ich hatte tatsächlich getrunken, aber nur ein Glas Wein. „Das ganze Haus ist ein verdammter Schrein.“
    Dan war von allen mit offenen Armen empfangen worden, außer von meiner Mutter, die viel zu sehr in ihrer Rolle als trauernde Witwe aufging. Er schüttelte die vielen Hände mit einer Gelassenheit, die ich bewunderte. Er brachte den älteren Damen Getränke und Essen und flirtete so heftig mit ihnen, dass sie zu kichern begannen.
    Er lehnte sich neben mich an die Wand. „Deine Familie scheint nett zu sein.“
    Ich antwortete nicht sofort, nippte an meinem Wein und schluckte. „Das scheinen die meisten Familien zu sein, oder nicht?“
    Darauf wusste er nichts zu entgegnen. Ich sah mich um. Es hatte sich hier tatsächlich nicht viel verändert. Der große Fernseher musste die Idee meines Vaters gewesen sein.
    Meine Cousine

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