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Dirty

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Titel: Dirty Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan Hart
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Janet tauchte vor uns auf, sie war runder als früher, doch das Baby auf ihrem Arm war eine einleuchtende Erklärung. Sie legte einen Arm um mich. „Ell?“, sagte sie mit warmer Stimme. „Es ist so schön, dich zu sehen. Wie … wie geht es dir denn?“
    „Gut. Du siehst gut aus, gratuliere.“ Ich betrachtete das schlafende Kind. „Ich habe die Geburtsanzeige bekommen.“
    „Und wir dein Geschen?“, antwortete sie. „Es war wunderschön. Hast du es selbst gemacht?“
    Ich warf Dan einen Blick zu, meine Wangen wurden ganz heiß. „Ja.“
    Sie wandte sich an Dan. „Sie hat uns eine wunderschöne Babydecke gestrickt. Hallo, ich heiße Janet.“
    Ich stellte die beiden schnell vor. „Es hat mir großen Spaß gemacht.“
    „Wir hatten ja gehofft, dass du zur Taufe kommst. Aber deine Mutter sagte, dass du nicht in der Stadt wärst.“
    „Oh … ja. Ich reise viel.“ Eine weitere Lüge.
    Sie nickte verständnisvoll. „Nun, du weißt ja, wo wir wohnen. Komm doch einfach mal vorbei.“ Sie warf ihrem Mann Sean, mit dem ich in eine Klasse gegangen war, durch das Zimmer einen Blick zu. „Es wäre schön, wenn du uns besuchst. Und Dan mitbringst. Freunde von Ella sind auch unsere Freunde.“
    Das Schöne an Janets Worten war, dass sie sie ernst meinte. Sie umarmte mich noch einmal, diesmal aber wachte ihr schlafender Engel auf, sie murmelte etwas von Stillen und Windeln wechseln und verschwand.
    Weitere Verwandte kamen bei uns vorbei, die meisten sagten, wie schön es wäre, mich zu sehen. Ich lächelte sie alle an, denn es war ja nicht ihr Fehler, dass ich weggelaufen war, ohne auch nur einmal zurückzuschauen.
    „Waru?“, fragte Dan schließlich, “nennt dich jeder Ella?“
    Inzwischen hatte ich das dritte Glas Wein getrunken und einen angenehmen Schwips. „Weil ich so heiße.“
    Eine weitere Cousine unterbrach uns. Als sie schließlich mit der Behauptung ging, dass ich ihr einen Anruf schuldete, war meine Blase fast am Platzen. Die kleine Toilette neben der Küche war ständig besetzt, gerade sah ich, dass Onkel Larry darauf zustürzte. Ich konnte nicht auf Onkel Larry warten. Also blieb nur das Badezimmer oben übrig.
    „Ich komme mi?“, verkündete Dan. „Ich muss auch mal.“
    Wir quetschten uns zwischen den Leuten hindurch, die sich inzwischen schon ganz hübsch mit dem Gin meines Vaters betrunken hatten. Ich blickte die Treppe hinauf. Seit ich weggelaufen war, hatte ich das obere Stockwerk nicht mehr betreten, doch meine Hand fand den Lichtschalter wie von allein, ein weiterer Beweis dafür, dass der Körper sich an alles erinnert, wogegen der Verstand sich wehrt.
    Sechzehn Stufen. Ich hatte sie zu oft gezählt, um das zu vergessen.
    „Alles in Ordnung?“, fragte Dan hinter mir.
    „Klar.“ Ich nahm eine Stufe.
    Blicke folgten uns die Treppe hinauf. Meine Mutter hatte Fotos in Holzrahmen aufgehängt, jedes einzelne in exaktem Abstand zum nächsten. Eines hing schief, und ich streckte den Finger danach aus.
    „Bist das du?“
    Diese Zahnlücke und der Pferdeschwanz gehörten tatsächlich mir. „Ja.“
    „Du warst ja süß.“
    Ich sah ihn mit erhobenen Augenbrauen an. „Klar. Wenn man Kinder mag, die wie Affen aussehen.“
    Dan lachte. „Du hast nicht wie ein Affe ausgesehen, Elle.“
    Ich wäre nur zu gerne an den Bildern vorbeigelaufen, aber Dan studierte jedes einzelne von ihnen. Fotos aus der Grundschule. Fotos von meinen Eltern mit schrecklichen Siebzigerjahre-Frisuren und Polyesterhosen. Meine Mutter hatte so viele Bilder aufgehängt, dass es unwahrscheinlich schien, dass welche fehlten, aber es war so, das wusste ich. Sie hatte sie abgenommen, um auch noch den kleinsten Hinweis darauf zu vernichten, dass sie zwei Söhne hatte. Es war, als ob Chad nie existiert hätte.
    Dan war ein kluger Kopf. Er brauchte nur ein paar Sekunden, um zu erkennen, dass es nur wenige Fotos von mir und sehr viele von ihm gab. Konzentriert betrachtete er dasselbe Lächeln von mir auf jedem Bild, das Lächeln, das nicht mir gehörte. Dann betrachtete er ein Triptychon. Auf dem ersten Foto war Andrew mit einem breiten Grinsen zu sehen, gebräunt und mit blitzenden Augen. Dann ich mit langem dunklen Haar, Pausbacken und Pickeln, ohne Lächeln. Der dritte Rahmen war leer.
    „Elle.“ Dan sah mich an. „Das bist du auch?“
    „Ja“, antwortete ich und lief weiter.
    Er holte mich schnell ein und hielt mich sanft auf. „Was ist passiert?“
    „Ich habe aufgehört zu lächel?“, war meine Antwort. „Und

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