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Dirty

Dirty

Titel: Dirty Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan Hart
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Weihwasser nicht zu kochen begonnen hatte, als ich es mit meinen Fingern berührte, würde Gott diese harmlose kleine Einbildung sicher auch verzeihen. Außerdem, überlegte ich, als ich niederkniete und wieder das Kreuz schlug, war der Vergleich fehlerhaft. Hänsel und Gretel hatten von dem drohenden Unheil schließlich nichts gewusst. Ich hingegen hatte eine ziemlich klare Vorstellung davon, was mich erwartete.
    Dan hinter mir zögerte, dann rutschte er, ohne vorher diese schnelle, kniende Verbeugung zu machen, die die Katholiken perfektioniert haben, neben mich auf die Bank. Ich hörte, wie die Nachbarin meiner Mutter, Mrs. Cooper, ihrem Mann etwas zuflüsterte, aber ich drehte mich nicht zu ihr um. Mrs. Cooper hatte früher Kekse für mich gebacken und mir das Häkeln beigebracht. Ich hatte sie seit zehn Jahren nicht mehr gesehen.
    Meine Mutter packte meinen Arm in der Sekunde, in der ich mich gesetzt hatte, und hing an mir wie an einem Rettungsseil über dem Abgrund. Dan ignorierte sie vollkommen, aber eine Totenmesse war wohl auch nicht der richtige Zeitpunkt, um die beiden einander vorzustellen. Wieder fühlte ich mich in die Vergangenheit zurückversetzt. Ich hatte ganz vergessen, wie die vertrauten Worte mich früher immer besänftigt hatten oder wie die bunten Lichtstrahlen durch die Kirchenfenster sich zu Zahlen mit perfekten Quadratwurzeln summierten. Ich hatte vergessen, wie man sich in einer Religion verlieren konnte, wie die Gedanken stillstanden. Vielleicht hatte mein Verstand vergessen, wie man betete, aber mein Herz nicht. Ich murmelte die Worte, zählte die Perlen an meinem Rosenkranz.
    Ich spürte Dans Anwesenheit, obwohl er kaum einen Ton von sich hab. Er hielt auch nicht meine Hand und griff nicht zum Gebetbuch. Er beobachtete das Geschehen mit Interesse, als ob er nie zuvor eine Messe besucht hätte, seine Augen folgten den Bewegungen des Pfarrers, der vor dem Altar hin und her schritt, wie bei einem Tennismatch. Als das Weihrauchgefäß geschwenkt wurde, nieste er leise.
    Ich sah ihn an. Wir lächelten beide. Ich reichte ihm mein Taschentuch. Danach hielt er meine Hand, obwohl meine Mutter neben mir vorwurfsvoll schnüffelte und noch lauter heulte.
    Mein Vater war eines von sieben Kindern und das erste, das starb, daher wurden viele Reden gehalten, bevor die Totenmesse vorbei war, und es hieß: „Gehet hin in Frieden.“ Ich konnte es nicht verhindern, dass die Besucher an mir vorbeiliefen und ihr Beileid aussprachen. Dan ließ ebenfalls Umarmungen und Händeschütteln über sich ergehen, von Leuten, die davon ausgingen, dass er einen guten Grund hatte, hier zu sein. Ich war froh, dass er an meiner Seite war wie eine Boje, die mich über Wasser hielt. Als schließlich der letzte Trauergast die Kirche verlassen hatte, taten mir Füße und Rücken weh, genauso wie mein Gesicht, von dem Versuch, zugleich traurig und freundlich zu wirken. Ich hatte Kopfschmerzen und einen steifen Nacken.
    „Ich habe uns einen Wagen gemiete?“, sagte meine Mutter steif, “weil ich wusste, dass du wohl kaum fahren würdest.“
    „Ich hätte Sie gerne gefahren, Mrs. Kavanagh.“ Das waren die ersten Worte, die Dan an meine Mutter richtete, und ich versteifte mich in der Erwartung, dass sie ihm den Kopf abreißen würde.
    Das tat sie nicht, aber sie war eine Meisterin, sie konnte ihre Feinde locker in falscher Sicherheit wiegen. „Ich danke Ihnen, Mr. …“
    „Stewart.“
    „Mr. Stewar?“, sagte sie mit gebieterisch erhobenem Kinn, um ihrer Empörung darüber Ausdruck zu verleihen, dass sie überhaupt fragen musste. Das Auto, das sie gemietet hatte, war groß, schwarz und auffällig, doch heute war ich über ihre Großspurigkeit froh, denn somit gab es genug Raum für uns alle drei. Es hätten auch noch zwei weitere Personen in den Wagen gepasst … aber die beiden waren nicht da.
    „Also, Mr. Stewar?“, sagte meine Mutter ohne Umschweife. „Wie fanden Sie die Totenmesse?“
    „Sie war sehr schö?“, entgegnete Dan diplomatisch.
    „Wie ich bemerkte, haben Sie nicht mitgebete?“, fuhr meine Mutter fort.
    Ich stöhnte. „Mutter, um Himmels willen …“
    „Ich wäre dir dankba?“, rief sie und rieb mir mit den Fingerknöcheln hart übers Knie, “wenn du auf deine Wortwahl achten würdest.“
    Wertvoller Ratschlag von einer Frau, die einmal in meinem Kinderzimmer gestanden und gebrüllt hatte, ich sei eine nichtsnutzige Hure, die in der Hölle verrotten würde. Ich starrte sie an, aber Dan schien

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