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Dirty

Dirty

Titel: Dirty Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan Hart
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ist am Samstag. Also morgen. Es gibt eine Totenwache. Ich finde, du solltest kommen, Chad.“
    Ich fand es angenehmer, auf seinen Anrufbeantworter zu sprechen, als ihn persönlich zu bitten. Was die Neuigkeit über unseren Vater betraf, so ging sie mir so leicht über die Lippen wie die Todesnachricht eines Haustiers oder eines Fremden.
    „Natürlich erwartet sie, dass ich mit zum Friedhof komme, und ich schätze, das werde ich wohl müssen. Ich könnte dich jetzt wirklich brauchen, kleiner Bruder.“ Der Hals wurde mir eng, und ich musste mich ein paarmal räuspern, bevor ich weitersprechen konnte. „Sie will, dass ich nach Hause komme, und das werde ich auch. Ich finde, ich sollte hingehen, ich meine, ich denke, ich muss, es ist wohl das Richtige. Ich weiß, dass du lieber nicht kommen möchtest, Chad, aber das ist unsere letzte Möglichkeit, uns von ihm zu verabschieden. Vielleicht wäre das auch für dich gut.“
    Ich wusste nicht, ob sein Anrufbeantworter eine zeitliche Begrenzung hatte, doch bisher hatte ich noch kein Piepsen gehört. „Ich bringe Dan mi?“, fuhr ich fort. „Wenn du kommst, wirst du ihn kennenlernen. Okay, bitte ruf mich auf dem Handy an, ich werde morgen früh zu Mom fahren. Die Beerdigung ist bei St. Mary's, die Trauergesellschaft dann zu Hause. Ich hab dich lieb. Melde dich.“
    Ich legte auf, und obwohl mein Telefon ein paarmal klingelte, war es nicht mein Bruder.
    „Ich bin nicht katholisch. Ist das schlimm?“ Dan beäugte die Kirche besorgt.
    „Für mich nicht.“ Ich holte tief Luft und richtete noch einmal den Kragen meines schwarzen Anzugs. Ich hatte mir nicht extra etwas Neues kaufen müssen, mein Schrank war noch immer voll mit schwarzer und weißer Garderobe. Aber diesen Anzug hatte ich schon eine Weile nicht mehr getragen, und er war mir ein wenig zu weit geworden. Es ging nicht um meine eigene Eitelkeit, sondern darum, dass meine Mutter mit Adleraugen nach fehlenden Knöpfen, lockeren Fäden und abgelaufenen Absätzen Ausschau halten würde. Es hätte mich nicht verwundert, wenn sie eine Farbpalette vor mein Gesicht gehalten und verkündet hätte, dass mein Lippenstift nicht zu meinem Teint passte.
    „Du siehst gut aus.“ Dan drückte meine Schulter. „Bist du bereit?“
    „Du solltest gehen.“ Ich sah ihn an. In meinen Händen zerdrückte ich ein Taschentuch zu einem Ball. „Geh. Du musst das nicht mitmachen. Es wird lange dauern und wirklich langweilig sein.“
    Dan runzelte die Stirn. „Elle, das macht mir nichts aus. Ich möchte für dich da sein.“
    Meine Finger öffneten und schlossen sich schneller. „Dan, ich weiß das wirklich zu schätzen, wirklich, aber vielleicht sollte ich besser allein gehen. Meine Mutter …“
    „Deine Mutter braucht dich jetz?“, unterbrach er mich sanft. Er nahm meine Hand mit dem Taschentuch in seine. „Aber du brauchst auch jemanden, der für dich da ist. Du möchtest, dass ich bleibe.“
    Das konnte ich genauso wenig abstreiten wie alles andere, was er mir bisher gezeigt hatte. Ich ließ die Schultern sinken, und er nahm mich in den Arm.
    „Kom?“, sagte er nach einem Moment mit seinen Lippen in meinem Haar. „Inzwischen scheinen alle schon drin zu sein.“
    Ich nickte. Er trug heute eine schlichte schwarze Krawatte. Ich vermisste die Forellen oder die Hula-Tänzerinnen. „Gut, ich bin bereit.“
    Er hob mein Kinn an. „Elle, ich bin für dich da, okay? Wenn du irgendetwas brauchst, dann lass es mich wissen.“
    Dan lächelte, und wie meistens lächelte ich zurück. St. Mary's ist keine große, aber wunderschöne Kirche. In dieser Kirche hatte meine Kommunion stattgefunden. Dort ging ich zur ersten Beichte und zu allen weiteren. Ich hatte meine Kindheit unter dem Blick der Heiligen Jungfrau verbracht, und als ich die schwere Holztür aufdrückte und den Duft nach Weihrauch einatmete, fühlte ich mich sofort zurückversetzt.
    Dans Hand passte gut unter meinen Ellbogen. Ich tauchte die Finger in das Weihwasser, dessen ölige Konsistenz mir bestätigte, dass es sich nicht einfach nur um Wasser handelte, sondern um mehr, um etwas Göttliches, dann drückte ich sie an meine Stirn, an den Hals und an beide Schultern.
    Vater McMahon hatte bereits angefangen, und mehrere Köpfe drehten sich um, als Dan und ich den Gang entlanggingen bis zur ersten Reihe, wo meine Mutter wartete. Vielleicht war es ein Sakrileg, dass ich mich mit Dan fühlte wie Hänsel und Gretel, die durch den Wald zum Hexenhaus liefen. Aber nachdem das

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