Disco Dracula
Scheibe aufgelegt. Die Rock und Horrorgruppe »Kiss« sang. Das war die richtige Musik zum Anheizen, und schon stürmten die ersten Tänzer auf die Fläche.
Bittl drehte etwas leiser. Dafür erklang seine Stimme durch das Mikro.
»Hallo Fans, hallo Freunde. Ich darf Sie heute Abend in der Disco Dracula sehr herzlich begrüßen. Alle, die gekommen sind, hatten ja zwei Gründe. Erst einmal wollen sie sich amüsieren, doch zum zweiten wartet jeder auf die große Horror-Schau. Ja, Freunde, wir haben uns etwas einfallen lassen. Es gibt die Schau. Ihnen wird der Atem stocken, der Herzschlag setzt aus, das Grauen kriecht durch eure Körper. Ich sage es jetzt schon. Leute mit schwachen Nerven haben noch die Chance, unsere Disco zu verlassen. Sie bekommen sogar das Eintrittsgeld zurück. Währenddessen unterhält euch Kiss…«
Ro Bittl drehte die Musik wieder lauter. Die alten Wände begannen zu zittern. Der Horror-Rock fetzte durch die Gewölbe, und die Tänze wurden wilder.
Roland Fuchert nippte an seiner Cola. Er hielt das Glas in der Linken. Mit den Fingern der Rechten klopfte er den Takt mit. Holger Reese hatte die Lippen gespitzt und pfiff mit.
Die anderen schauten zur Tanzfläche. Bisher hatte noch keiner von ihnen Lust, sein Tanzbein zu schwingen. Die Leute vom Horror-Club waren hauptsächlich gekommen, um die große Schau zu erleben. Nur sie zählte.
Uwe Kientopf hielt wieder den Pfahl in der Hand. Es war sein Lieblingsinstrument.
»Steck den doch weg!« Roland Fuchert musste schreien, um die Musik zu übertönen.
Uwe schüttelte den Kopf. »Keine Lust, ich habe ihn extra mitgenommen.«
Fuchert winkte ab. Es hatte doch keinen Zweck. Uwe hing zu sehr an dem alten Eichenpflock. Er wollte nicht sagen, woher er ihn hatte, das blieb sein Geheimnis, aber das Ding war über dreihundert Jahre alt, wie er immer wieder versicherte, wurde er nun gefragt oder nicht.
Wieder wurde die Musik leiser gestellt, und die Stimme des Discjockeys erklang. »So, meine Freunde, wer jetzt noch hier ist, der hat sicherlich keine Angst. Der gehört zu den Mutigen, die unsere Schau erleben wollen.« Er legte eine Pause ein und schaute sich um. »Oder ist überhaupt keiner gegangen?«
Gelächter von allen Seiten. Niemand wollte zugeben, dass er ein unangenehmes Gefühl hatte.
»Die sollen endlich anfangen«, beschwerte sich Siggi Doppler und bestellte noch eine Cola.
»Klappern gehört zum Handwerk«, meinte Rolf Thelen. »Ist doch sowieso alles nur Krampf.«
»Warum bist du überhaupt hergekommen?« mischte sich Uwe Bruckert ein.
»Weil ich euch nicht allein gehen lassen konnte. Vielleicht kommt noch ein Vampir und frisst euch.«
»Vampire fressen nicht, die saugen Blut«, stelle Roland Fuchert, der Clubleiter, richtig.
»Aha, da spricht der Fachmann.«
Alles klatschte, und Roland musste grinsen. Auch er bestellte sich eine Cola.
Dann sah er Silvia, das Mädchen aus der Küche. Sie hatte ihre Aufgabe dort beendet und wollte noch einen Blick in die Disco werfen. Sie entdeckte Fuchert und lächelte ihm zu.
Roland winkte. Als Silvia neben ihm stand, legte er seinen Arm um ihre Schultern, und sie schaute zu ihm hoch.
»Na, Roland, was macht dein Horror-Club?«
»Dem geht's gut. Willst du nicht auch eintreten? Wir haben zwar kaum Mädchen als Mitglieder, aber ich würde dich sehr gern als Clubmitglied sehen.«
Silvia, das Mädchen mit den langen Haaren, schaute Fuchert spöttisch an. »Ich kann mir vorstellen, dass du mich gern im Club haben willst. Und nicht nur das, wie?«
»Wie meinst du?«
»Ich dachte immer, du wolltest mit mir gehen.«
»Habe ich denn eine Chance?«
»Kaum.«
»Na bitte. Aber sag mir eins. Welche Schau läuft hier überhaupt ab. Die tun alle so geheimnisvoll, keiner will etwas sagen, man kommt sich richtig veräppelt vor.«
»Ich weiß es auch nicht.«
»Du lügst«, sagte Fuchert.
»Ehrlich nicht, Roland. Ich kann dir nur soviel sagen, dass die Sache etwas mit Särgen zu tun hat.« Silvia schüttelte sich. »Unheimlich, sage ich dir.«
»Seit wann bist du so empfindlich?«
»Vor Särgen habe ich Angst.«
»Sind sie denn leer?« Uwe Kientopf war wie die anderen dem Gespräch gefolgt.
»Keine Ahnung. Aber du kannst dich ja reinlegen.«
»Und ich pfähle dich«, sagte der andere Uwe.
Die Musik lief aus. Wieder ergriff Ro Bittl das Wort. »So, meine lieben Freunde«, dröhnte seine Stimme. »Ich hoffe, ihr seid bereit, denn die Schau kann jeden Augenblick beginnen. Dabei weiß ich den genauen
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