Disziplinmanagement in der Schulklasse
weitere Schulversäumnisse mit Konsequenz zu reagieren, und zwar durch den Entzug bisheriger Vergünstigungen (Taschengeldkürzung, Entzug von Sonderzuwendungen). Kevin kontrolliert in den nächsten sechs Wochen sein Präsenz- und Mitarbeitsverhalten mit einem Selbstkontrollbogen, den er am Freitag nach der fünften Stunde mit dem Klassenlehrer bespricht und den er am Freitagabend seinen Eltern vorlegt.
Nach sechs Wochen findet ein Bilanzgespräch statt, an dem der Schulleiter, der Klassenlehrer sowie Kevin und dessen Eltern teilnehmen. Es wird festgestellt, dass das erste Änderungsziel, nämlich die regelmäßige Präsenz, erreicht worden ist. Kevin hat kein einziges Mal gefehlt. Verbesserungsbedürftig ist noch das Mitarbeitsverhalten.
Konfliktgespräch mit der Klasse
Das Klassenzimmer ist ein Ort höchster Dramatik.
Frank McCourt
Es kann immer wieder vorkommen, dass nicht ein einzelner Schüler, sondern eine Klasse zum unterrichtsstörenden Problemfall wird. In einer solchen Problemsituation bietet sich ein Konfliktgespräch mit der Klasse als Intervention an. Falls besondere Schwierigkeiten zu erwarten sind, kann das Gespräch auch zu zweit geführt werden (Lehrer-Doppel).
Bevor das Konfliktgespräch mit der Klasse beginnt, bedarf es einiger Vorbereitungen. Erstens muss genügend Zeit vorhanden sein, und zwar eher zwei Unterrichtsstunden als eine. Zweitens ist eine dialogförderliche Sitzordnung zu arrangieren. Am besten ein Stuhlkreis, damit sich die Schülerinnen und Schüler gegenseitig ansehen können. Drittens braucht die Lehrperson einen Moderationsfahrplan, in dem die Gesprächsphasen und die entsprechenden Leitfragen festgehalten sind. Im Falle eines «Lehrer-Doppels» ist aus ihm ersichtlich, wer welchen Part übernimmt. Viertens ist dafür zu sorgen, dass Visualisierungsmittel zur Verfügung stehen (Flipchart, Moderationskarten). Fünftens sollten auf einem Plakat oder auf einem Blatt wichtige Gesprächsregeln notiert werden, an die sich alle halten müssen (siehe unten).
Das Konfliktgespräch startet damit, dass die Lehrperson bzw. das Lehrer-tandem den Gesprächsanlass benennt, die Gesprächsschritte aufzeigt und Gesprächsregeln vereinbart. Danach wird genau beschrieben, was aus Lehrersicht momentan am Verhalten der Klasse als problematisch wahrgenommen wird. Nun wird die Klasse aufgefordert, ihre Problemsicht zu äußern. Hierzu sind Leitfragen vonnöten, die folgendermaßen lauten können:
Wie sieht das Problem aus eurer Sicht aus?
Warum fällt es euch schwer, die Verhaltensregeln einzuhalten?
Wer diesen Weg des Dialogs wählt, muss bereit sein, auch berechtigte Schülerkritik anzunehmen. Es ist durchaus möglich, dass das Disziplinproblem auch Lehreranteile hat: langweilige Stoffdarbietung, zu rasches Lehrtempo, verbale Verletzungen.
Wenn genügend viele Äußerungen und Rückmeldungen vorliegen, ist es an der Zeit, diese in Form eines Erklärungsmodells zusammenzufassen: «Euer Disziplinverhalten ist zurzeit deshalb so schwierig, weil…»
Wenn keine Einwände hierzu kommen, kann zur Lösungskonstruktion übergegangen werden. Entweder in Einzelarbeit oder in Kleingruppen überlegen sich die Schülerinnen und Schüler, wie die derzeitige Problemsituation überwunden werden kann. Sie notieren ihre Lösungsideen auf einem Blatt oder schreiben sie auf Moderationskarten. In einer Sammelrunde werden sie bekannt gegeben und von der moderierenden Lehrperson bzw. von dem Lehrertandem zusammengefasst. In diesem Stadium der Lösungskonstruktion ist darauf zu achten, dass die pädagogische Führungsrolle nicht aus der Hand gegeben wird. Wenn Vorschläge gemacht werden, die gegen Recht und Regeln verstoßen, ist klar und deutlich mitzuteilen: «Das geht nicht!»
Die Lösungskonstruktion wird mit einer Zielvereinbarung abgeschlossen. Das heißt, es wird konkret festgelegt, was sich realistischerweise verändern muss, um die Störung zu beseitigen. Es empfiehlt sich, dies schriftlich festzuhalten. Ebenso muss ein Zeitpunkt vereinbart werden, an dem der Erfolg dieser Änderungsmaßnahmen kontrolliert wird.
Abschießend werden Verlauf und Ergebnis des Konfliktgesprächs kurz zusammengefasst. Es wird gewürdigt, was konstruktiv und positiv war. Und das Schlusswort sollte eine ermutigende Botschaft enthalten.
Sollte sich im Verlauf des Gesprächs herausstellen, dass neben dem Klassen-problem ein zusätzlicher Konflikt zwischen der Lehrperson und einem einzelnen Schüler existiert, ist die Vereinbarung
Weitere Kostenlose Bücher