Diverses - Geschichten
eines Stolzes, der seiner Art stets abgesprochen wurde, doch die er umso heftiger zu verteidigen gedachte.
Der Kampf oder gar der Angriff lag nicht in seiner Natur. Seinesgleichen wartete, lauerte im Geheimen und schnappte dann gierig nach Überresten, die ein größeres, ein stärkeres Tier als sie gnädig dem Verrotten überließen.
Feigheit warf man ihnen vor, und Bequemlichkeit. Doch der Coyote wusste es besser.
Ohne ihn und sein Werk wäre die Weite der Savanne nicht der Ort durch den er sich nun bewegte.
In Brand gesteckt durch die unerträglichen Strahlen einer unermüdlichen Sonne gäbe es keine gelbe, trockene und sanft geschwungene Ebene. Keine flirrenden Sinnestäuschungen, die in der Ferne lauerten, keine ausgetrockneten Organe, die nach rettender Flüssigkeit schrien, während sie ihren Weg durch verdorrtes Gras suchten.
Das Land ohne ihn gliche am ehesten noch einem Pfuhl erfüllt von Seuchen, einem stinkenden Moor, in dem kriechende Kadaver nur noch bewegt wurden von den Heerscharen an Maden und Fliegen, die sich auf ihnen, um sie herum und unter ihnen tummelten.
Deshalb behielt der Coyote seine Selbstachtung, deshalb wusste er, dass seine Existenz von Bedeutung war, dass er sich aufrecht halten konnte, durfte und musste.
Nicht für sich, sondern um ein Zeichen zu setzen, um all den anderen fehlgeleiteten Wesen, die sich nach Anerkennung, nach einem Sinn sehnten, zu beweisen, dass dieser Sinn existierte.
Er kroch vorwärts und bemühte sich, aufrecht zu bleiben, stark zu erscheinen, stark und gefährlich, wo doch seine letzten Kraftreserven längst aufgebraucht, jeder Atemzug eine qualvolle, letzte Bemühung darstellte, das Unabänderliche heraus zu zögern.
Dieses war sein Ende, der letzte Gang durch die Steppe. Und alles, was er zuvor getan hatte, versank im Angesicht der Unendlichkeit.
Die Welt zerfiel vor seinen Augen, so wie sein Rudel von ihm gefallen war.
Und dann gab der Coyote auf, erlaubte der Dunkelheit die blendende Helle um ihn zu ersetzen, ihn zu halten und zu schaukeln, bis er sein Ziel erreichte und die Ebene verließ. Für immer verließ.
Rose
Als sie wuchs, wusste sie, was sie sein wollte. Sie wusste es genau. Eine Rose, eine der Königinnen unter den Blumen.
Sie spross in die Höhe. Ihr helles Grün vertiefte sich. Die Entscheidung stand kurz bevor.
Und doch – ebenso sicher, wie sie es seit ihres Schlummers in der Erde gewesen war, so wusste sie jetzt, dass sie diese Entscheidung noch nicht treffen konnte.
Der Möglichkeiten existierten so viele, zu viele. Allein in diesem Garten, in dem kleinen Garten, in dem sie aufwuchs.
Wie viele Möglichkeiten, wie viele Rosen musste es erst außerhalb dieses beengten Rahmens geben?
Zu welch einer sollte sie werden, wenn sie nicht einmal alle kannte, die auf dieser Welt existierten.
Vorsichtig zog sie ihre Wurzeln aus der Erde. Es war zu früh, sich festzulegen, zu früh für Endgültiges. Ihr Weg hatte gerade erst begonnen, und sie würde nicht ruhen, bis sie die Rose entdeckt hatte, zu der sie werden sollte.
Ihre Bestimmung – sie war sich sicher, dass diese auf sie wartete, irgendwo dort draußen.
Und so begann sie ihre Wanderung. Schritt für Schritt bewegte sie sich vorwärts, langsam und mühselig war die Reise, konnte nicht anders sein für eine Pflanze wie sie.
Sie sah viele Blumen, schöne Blüten, herrliche Blüten, doch keine ließ sie daran zweifeln, dass sie zur Königin geboren war.
Nur zu welcher? Die Schönste musste es sein, einzigartig, beglückend genug allein in ihrer Erscheinung, dass sie es ertragen konnte, bis an ihr Ende in dieser Gestalt zu verharren, zu welken, zu vergehen, nur noch eine Erinnerung zu bleiben an den Duft, den sie einst verströmt hatte.
Manchmal zweifelte sie. Manchmal hielt sie inne, wenn sie ein kleines Moosröschen erblickte, schüchtern und versteckt. Eine ruhige, friedliche, bescheidene Existenz. Schönheit im Kleinen, Zauber für Kinder. Sie liebte den hellen rosa Ton, den sie mit einem Röschen verknüpfte. Er erinnerte sie an Feen und Elfen aus einer anderen Welt, einer Welt aus der sie vielleicht stammte, und in die sie mit Sicherheit zurückkehren wollte.
Und doch war es nicht das Moosröschen, zu dem sie werden wollte. Zu klein, zu bescheiden, zu behutsam ausharrend im Verborgenen.
Das war nicht ihr Ding.
Deshalb wanderte sie weiter, vorbei an der Welt des Kindlichen.
Eine Teerose bezauberte sie. Eine Teerose bannte sie. Ein zartes Orange umschmeichelte ihre
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