Diverses - Geschichten
des Kindes. In einem Augenblick wie diesem durfte nicht gezweifelt werden. Entscheidungen mussten getroffen, Konsequenzen akzeptiert werden.
Corinna entsicherte die Waffe, und hielt sie im Anschlag. Immer noch hörte sie nichts. Immer noch regte sich niemand unter ihr.
Und doch hatte sie sich nicht getäuscht. Einen Streich wie diesen konnte ihre Phantasie ihr nicht gespielt haben.
So bewegte sie sich langsam, aber entschlossen vorwärts, lautlos, denn das Überraschungsmoment wollte sie auf ihrer Seite wissen.
Corinna näherte sich der Kellertreppe, spähte aufmerksam hinunter, bevor sie aus ihren Schuhen schlüpfte, um barfuß den Weg in die Tiefe anzutreten.
Gerade gewöhnte sie sich an das Gefühl der rauen Stufen unter ihren empfindlichen Sohlen, gerade erwog sie doch heimlich die Möglichkeit einer Überreaktion ihrerseits, die Möglichkeit, dass die Gefahr, die sie fühlte doch nur in ihrem Kopf existierte, und sie es aufgeben sollte, sich den Auswüchsen ihrer eigenen Phantasie zu unterwerfen, da flammte das kalte Licht der Glühbirne auf.
Corinna zuckte zusammen, stieß ein Keuchen aus und hob unwillkürlich die Waffe, bevor sie in die ungewohnte Grelle blinzelte.
Und da stand er, genau vor ihr. Ein hässliches Grinsen auf dem Gesicht, die Hände erhoben in einer drohenden Gebärde.
Selbst auf der Straße hätte sie ihn als einen Mann erkannt, der nichts als Böses im Sinn trug. Sein Haar stand ungebärdig vom Kopf ab, unter den Augen lagen tiefe Schatten und ein ungepflegter Drei-Tage-Bart ließ keinen Zweifel an seinen finsteren Absichten.
Die Augen des Mannes blitzten und er öffnete seine Lippen, um etwas zu sagen, als Corinna schoss.
Der Rückstoß nahm ihr den Atem, doch mehr noch tat es der verblüffte Ausdruck im Gesicht des Fremden, der langsam rückwärts wankte, zitternde Hände zu der Wunde hob, aus der das Blut hellrot sprudelte.
In seiner Kehle gurgelte etwas, und dann stürzte er mit einem Krach zu Boden.
Corinna keuchte, als sie ein weiteres Geräusch vernahm. Sie wirbelte herum und schoss, schoss sich ihren Weg frei.
Sie erklomm die Treppe mit letzter Kraft, trat in die Lache Blutes, das aus dem Leib der Komplizin des Einbrechers austrat. Mit einem großen Schritt stieg sie über das Kind, das an der Seite der Frau gewesen war und nun leblos auf dem Boden lag.
Dann rannte Corinna hinaus, hetzte vorwärts, in das pralle Sonnenlicht. Die Waffe entglitt ihren Händen als grelle Sirenen ihr Trommelfell durchschnitten. Sie presste ihre Hände gegen die Ohren, presste immer noch, als Uniformierte aus den Autos stürzten, sie zu Boden warfen und schließlich gewaltsam ihre Arme auf dem Rücken fesselten.
„Mörder“, keuchte sie. „Einbrecher – dort drinnen.“
Sie wurde in die Höhe gerissen und auf den Rücksitz eines Wagens geworfen, als ein Mann im Anzug mit blassem Gesicht auf sie zukam.
„Sie haben ihren Mann erschossen“, sagte dieser leise und trotz des Lärms und der Aufregung, die sie umgab, vernahm sie seine Worte. „Ihren Mann, der für sie aus dem Keller einen Hobbyraum machen wollte.“ Er schüttelte den Kopf. „Und ihr Kind. Können Sie mir sagen, wieso Sie geschossen haben? Was hat er ihnen angetan? Was hat das Kind ihnen angetan, oder die Frau?“
Corinna rang nach Luft. „Es war nicht mein Mann“, stieß sie schließlich hervor. „Ich hätte ihn erkannt. Ich bin nicht gesichtsblind.“
Savanne
Von weitem wirkte es, als schliche der Coyote geschmeidig einher. Sein gesenkter Kopf schien Witterung zu erfassen, seine Augen jedes Flirren in der Steppe wahrzunehmen. Er bewegte sich langsam. Seine geduckte Haltung erinnerte aus der Ferne an einen geplanten Angriff, als stünde das Tier kurz davor zum Sprung anzusetzen.
Nur dass es hier keine Beute gab. Die Savanne war buchstäblich leergefegt, leer von allen Zeichen des Lebens, mit Ausnahme der ausgetrockneten Pflanzen, die sich dem schwachen Wind beugten.
Die Sonne brannte hinunter, erleuchtete den Grund in all seinen winzigen Details. Jedes Sandkorn wurde sichtbar, jede noch so schwache Regung fiel auf.
Nur dass sich nichts regte. Sogar die Insektenwelt zeigte sich gelähmt. Gleißende Hitze drückte jedes Wesen, jede Seele zu Boden, verdickte ihr Inneres, bis weder Blut noch andere Säfte fließen konnten, bis jeder Versuch eines Atemzugs in trockene Starre verfiel.
Die Steppe zeigte an diesem Tag ihr tödliches Gesicht, und der Coyote wusste es.
Seine Haltung demonstrierte das letzte Aufflackern
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