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Diverses - Geschichten

Diverses - Geschichten

Titel: Diverses - Geschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigrid Lenz
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leid.”
    “Wieso?” Zitternde Hände strichen das feuchte Haar aus der Stirn. Ein verächtlicher Zug erschien um den ausdrucksvollen Mund. “Was sollte dir leid tun? Ich bin es, der...”
    “Das bist du nicht”, erwiderte Simon. “Du trägst nicht mehr Schuld als sie, die uns gegeneinander ausgespielt hatte, nicht mehr, als ich, der ich zu schwach war, um sie abzuweisen, obwohl ich wusste, wie sehr es dich verletzen würde. An dem Geschehenen können wir nichts ändern, und es ist auch nicht der Grund, warum ich hier bin.”
    “Warum... ?”
    Mark verstummte. Sein Blick suchte die steinernen Wände des Raumes ab, musterte die fest verriegelte Tür.
    “Du willst, dass ich fliehe? Wie... wie sollte das...”
    Seine ausgedörrten Lippen öffneten sich in Erstaunen.
    “Ich verstehe nicht... wie bist du...”
    “Denk nicht darüber nach, Mark. Dazu ist nicht die Zeit, schon gar nicht die Gelegenheit. Wichtig ist nur, dass du mir vertraust.”
    Blaugrüne Augen folgten hypnotisiert den Bewegungen seines Mundes, saugten den ungewohnten Anblick in sich auf.
    “Du weißt, dass ich dir immer vertraut habe”, wisperte Mark unhörbar und doch für Simon deutlich vernehmbar. “Ich möchte nur...”
    Simon senkte seinen Kopf, beugte sich schließlich herab zu der immer noch kauernden Figur auf der Erde.
    “Es wird alles in Ordnung kommen, ich verspreche es dir.”
    “Aber wie?”
    Starke Hände ergriffen die geschwächte Gestalt, zogen sie mühelos nach oben, stützten den müden Körper.
    “Du willst, dass es ein Ende hat?”
    Der andere Mann nickte erschöpft.
    “Das wird es, auf die eine oder auf die andere Weise.”
    “Ich begreife das nicht.”
    Simon zwinkerte ihm beinahe schelmisch zu und fuhr sich mit der freien Hand durch die schwarz glänzenden Locken.
    “Du würdest alles tun, alles opfern um hiervon befreit zu werden?”
    Der Anflug eines Lachens verwandelte sich schnell in einen trockenen Husten.
    “Es gibt nichts mehr, das ich opfern könnte. Das weißt du sehr gut.”
    “Natürlich gibt es das.”
    Sanft und eindringlich breitete sich die dunkle Stimme in dem engen Raum aus, umfing Mark, hielt, und drängte ihn vorwärts zugleich.
    “Ich kann nicht sterben, Simon. Weiß Gott, ich habe es versucht. Ich...”
    Schatten überzogen des größeren Mannes Gesicht.
    “Nicht deinen Tod will ich, das wäre zu einfach. Es ist mehr, das ich verlange, viel mehr.”
    Seine Augen funkelten wie glühende Kohlen, Lippen verzogen sich zu einem schrägen Grinsen.
    “Du wirst es nicht bereuen, denn du wirst zum ersten Mal frei sein, frei wie noch niemals zuvor in deinem Leben.”
    “Ich verstehe nicht.”
    “Und ob du verstehst, ich biete dir alles, was du dir jemals ersehnt haben könntest, nichts wird dir versagt werden.”
     Mark starrte den Freund an, ein Zittern durchfuhr ihn, schüttelte die magere Gestalt, während sein Gesicht sich verzerrte und schließlich in sich zusammenfiel, nichts übrig ließ, als den Ausdruck des Schmerzes, der ihn gewaltsam packte.
    “Ich kann nicht”, flüsterte er, ungeachtet der Tränen, die begannen seine Wangen herab zu strömen, eine Flut, die nicht enden wollte, zumindest nicht solange er Simons Gestalt durch den Nebelschleier erkennen konnte.
    “Simon... ich... ich wünschte...”
    Der größere Mann näherte sich ihm, bis seine Lippen beinahe Marks Ohr berührten.
    “Du sagst selbst, dass du nichts zu verlieren hast. Bist du dir sicher, dass deine Seele nicht schon längst verdammt ist?”
    Die Hitze drohte seine Haut zu versengen, als er der Mund nach oben wanderte, die Zunge langsam Marks Schläfe streifte.”
    “Das ist erst der Anfang, mein Freund. Vertraue mir.”
    Unvermittelt entschwand der Körper, hinterließ eine tödliche Kälte, die Mark den Atem nahm. Er erschauerte, gefangen in einer Welt aus Eis.
    In der Ferne, unsichtbar, erklang Simons Stimme ein letztes Mal, wie ein Hauch.
    “Du bist nicht am Ende, Mark, noch lange nicht.”

Mittag und mehr
    “Mittagessen?”
    “Wie?”Simon sah verwirrt von seinem überladenen Schreibtisch auf. Er brauchte einen Moment, um sich von den Akten, die seine gesamte Konzentration in Anspruch genommen hatten, zu lösen.
    “Mittagessen! In einer Stunde! Du und ich!”
    Ein amüsierte Funke blitzte in Roberts Augen auf, während sein Gesicht einen unwiderstehlich spitzbübischen Ausdruck annahm. Simon blinzelte irritiert.
    “Ich hab zu tun.”
    Robert stützte sich mit den Armen auf Kanten des Tisches und

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