Diverses - Geschichten
dem Chef sagen.”
“Ja, ja”, murmelte dieser zerknirscht, und warf noch einen Blick über die Schulter, um zu sehen, wie Frank die Karten einsteckte, während ein beinahe heimtückisches Lächeln über seine Züge blitzte, und machte sich daran, den, zu allem Überfluss noch durch eingesetzten Regen tückisch rutschig gewordenen Straßengraben zu erklimmen. Vorbei an den beiden zerbeulten Autos. Vorbei an dem sich vergeblich in seinen Fesseln windenden Gefangenen, und vorbei an den kaputten Funkgeräten, die Frank als Wurfgeschosse missbraucht hatte, um dem Flüchtenden Einhalt zu gebieten.
‘Wie sollte er es dem Boss nur beibringen, dass sie bei der Verfolgung eines untreuen Ehemannes schon wieder einen teuren Dienstwagen zerstört hatten? Und wieso war immer er es, an dem die Aufgabe hängen blieb, in einer menschenleeren Einöde ein Telefon aufzutreiben?’
* * *
Ein grausamer Job
“Das ist ja widerlich, einfach abstoßend!”
Bob zuckte angeekelt zusammen.
“Ich weiß, aber es muss sein. So ist nun mal der Job.”
“Nein...! Das ist zu viel. Ich tue alles für die Arbeit, das habe ich oft genug bewiesen, aber das... !”
Frank packte ihn an den Schultern, drehte ihn zu sich herum und schüttelte ihn grob.
“Verdammt! Es geht nun mal nicht anders. Der Boss war deutlich. Wir müssen da jetzt einfach durch.”
Bob ließ den Kopf sinken, fuhr sich mit der Hand durch das kurzgeschorene Haar und nickte schließlich gottergeben.
“Du hast ja recht. Aber... ausgerechnet rote Karos? Und dann auch noch im Partnerlook?”
Franks Augen glitten über das grelle Muster ihrer beider Flanellhemden und schlossen sich müde.
“Das Verbrechen macht vor nichts und niemandem Halt. Und wenn die Geschäftspraktiken der verdächtigen Firmenleitung nun mal im örtlichen Volkstanz Verein diskutiert werden, dann wird uns nichts davon abhalten, auch dieses Wespennest auszuheben, glaub es mir. Und zwar ohne Rücksicht auf unsere Würde oder Selbstachtung. Ohne Rücksicht darauf, was es uns kosten wird.”
* * *
Kurz und Chaotisch - Momente für einen anderen Zweck
Ein Schmetterling im Januar
Die zarten Flügel vibrierten in der Kälte, dünne Beine hielten sich zitternd auf den eisigen Kristallen.
Hermine Ming trat vorsichtig näher, bemühte sich, das Knirschen unter ihren flachen, schwarzen Tretern zu dämpfen, während sie neugierig ihre Brille gerade rückte.
Ein Schmetterling im Januar?
Das war ungewöhnlich, um nicht zu sagen merkwürdig, beinahe obszön.
Auf jeden Fall gehörte es sich nicht.
In den Winter passten Schnee, Eis, Kälte, Dunkelheit und Stille, während der Sommer mit seinen Farben, Wärme und durch die Luft flatternden Lebewesen erfreuen sollte.
Der Schmetterling erbebte, als spüre er selbst seine Schuld, schrumpfte zusammen, als schäme er sich dafür, den Beweis für die Existenz etwas Widernatürlichen anzutreten.
Hermine schüttelte tadelnd den Kopf.
Unzweifelhaft lag hier ein Fehler vor, und wenn der nicht in ihrer eingeschränkten Wahrnehmung seinen Grund besitzen sollte, dann wäre die Ursache noch weit bedenklicher.
“Verflixtes Fernsehen”, murmelte sie leise in sich hinein, hatte Hermine es sich doch angewöhnt zuerst und vor allem dem Fernsehen die Schuld an allem Übel in der Welt zuzuschreiben.
Schließlich wusste man nur dort, und das in aller Genauigkeit, über jeden Schrecken und jedes Grauen, das sich ereignete, detailliert Bescheid und verbreitete die Botschaft mit intensiver Schadenfreude.
Gäbe es nicht hin und wieder eine Musiksendung, eine nette Show mit Kindern, Tänzen und Kostümen, welche Seele und Herz gleichermaßen erwärmten, so hätte Hermine den schwarzen Kasten, gesetzt den Fall, sie wäre in der Lage, die Kraft dazu aufzubringen, schon vor langer Zeit als ein Werk des Teufels aus dem Fenster geworfen.
Ging es um Umweltkatastrophen, den drohenden Weltuntergang, niemand konnte behaupten, dass das Fernsehen nicht seine Hände im Spiel habe.
Welche technische Errungenschaft wäre besser in der Lage, die Wirklichkeit zu verzerren? Welche haarsträubende Ausgeburt menschlichen Größenwahns geeigneter, die seit Ewigkeiten etablierten Gegebenheiten umzudrehen und durcheinander zu wirbeln, bis etwas wie Schmetterlinge im Winter die altbewährten Regeln zerstören, das Unterste zuoberst kehren, den Menschen den vertrauten Boden unter den Füßen wegzogen.
Nein, unmöglich konnte Hermine solch einen Irrwitz dulden.
Die orangen
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