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Diverses - Geschichten

Diverses - Geschichten

Titel: Diverses - Geschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigrid Lenz
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Nacken bläst.
    Und ohne es zu sehen, weiß sie, dass es die Fratze vor sich herträgt wie einen Schild. Die fürchterliche Grimasse, deren Anblick sie ohne Umwege in die Hölle, in den Wahnsinn oder in Schlimmeres befördert.
    Deshalb hält sie ihre Augen geschlossen. Deshalb liegt sie stocksteif und unbeweglich, die Fäuste unter der Decke geballt. Sie will sich bewegen, will schreien, den Schrei ausstoßen, der sich in ihr aufbäumt. Doch sie ist gelähmt. Kein Muskel regt sich, kein Nerv zuckt, als der Tod sich über sie beugt. Und wieder verschwindet. Wie jede Nacht.

Mephisto
    Simon fixierte sein Ziel. Er war sich nicht sicher, was ihn erwartete, wusste lediglich, dass es anders sein würde, als alles bisher Geschehene. Mark konnte unmöglich noch der Mann sein, den er gekannt hatte, genauso wenig wie er noch derselbe leichtsinnige Schwerenöter war, der erst vor wenigen Monaten von gesichtslosen Armen aus seinem eigenen Blut gehoben, von teilnahmslosen Händen in die kühlen Räume der Pathologie transportiert worden war.
    Er konzentrierte sich auf seinem Weg durch die Dunkelheit darauf, ihn zurückzulegen, ohne bemerkt zu werden, ohne dass seine Anwesenheit, vielleicht auch nur unbewusst von einer der verschlafen herumstehenden Wachen gespürt werden konnte.
    “Als Geist fällt vieles leichter”, lächelte er innerlich. “Nur, dass der Begriff nicht vollständig zutrifft.”
    Verborgen in den Schatten näherte er sich langsam, aber unaufhaltsam der beinahe vergessenen Zelle.
     Der Durst schmerzte höllisch, Marks Mund fühlte sich an wie Sandpapier.
    Sein Atem ging in kurzen, abgehackten Stößen, jede Bewegung des Brustkorbes sandte spitze Pfeile durch seine Lunge.
    Doch das Schlimmste war es, nach wie vor diesen fensterlosen Raum ertragen zu müssen, die Endlosigkeit, die Monotonie seiner Haft. Schwerer als die ständige Gier nach Wasser oder der quälende Hunger erwies es sich, die Endlosigkeit zu überstehen, in die sich die Zeit ausdehnte, angefüllt mit Nichts, als den nicht enden wollenden Selbstvorwürfen, der Schuld, die ihn zu Boden drückte, der Sorge um das Verlorene, dem Wunsch all dem endlich entfliehen zu können.
     Simon tastete sich vorwärts, lokalisierte Marks Aufenthaltsort und versuchte, ihn durch die Mauern, die sie trennten, zu erreichen, um ihn seines Beistandes zu versichern.
    Er spürte ihn, hatte ihn gespürt, noch ehe er in das Gefängnis eingedrungen, noch bevor er den gesicherten Trakt, der den namenlosen Gefangenen einschloss, betreten hatte .
    Marks Verzweiflung loderte wild, heiß und verzehrend in den wenigen Momenten, in denen der Überlebensinstinkt die Todessehnsucht zu überwinden vermochte.
     Lautlos, unbemerkt von den lebenden Wesen um ihn, schlüpfte Simon in die Zelle, selbst ein Schatten, schweigsam und elegant.
    Er wusste, dass die Dunkelheit Mark nicht daran hinderte, ihn zu erkennen, dass es für Mark keinen Zweifel an der Identität des unerwarteten Besuchers geben konnte, nicht geben durfte.
     Simon wartete ab, nahm den Anblick, der sich bot, in sich auf, stellte sich dem Schrecken, der Abscheu, dem Mitleid, den unzähligen, wirren Gefühlen, die ihn ergriffen, sobald das dunkle Häuflein Mensch vor ihm Gestalt angenommen hatte.
    Wie lange mochte er schon hier eingesperrt sein, ausgesetzt nicht nur der Einsamkeit, sondern auch den Qualen seines Gewissens, von denen es kein Entrinnen gab.
    “Mark!”
    Simon flüsterte seinen Namen leise, entschlossen den Anderen nicht zu erschrecken.
    “Ich bin es, Simon, zeige mir, dass du wach bist.”
    Ein beinahe unmerkliches Schaudern bewies ihm, dass er gehört worden war.
    Ermutigt trat er einen Schritt näher, vorsichtig seine Hand ausstreckend, um den Jüngeren an der Schulter zu berühren.
    Mark zuckte zusammen, wandte sich ab, ohne dass Simon seinen Gesichtsausdruck erkennen konnte.
    “Was willst du von mir?”, erwiderte die heisere Stimme schließlich, verströmte Zweifel und Furcht gleichermaßen.
    Simon antwortete nicht, packte lediglich Marks Schulter fester und drehte ihn zu sich.
    Raue Lippen öffneten und schlossen sich wieder in Sprachlosigkeit, leere Augen weiteten sich.
     “Du bist tot, Simon. Ich sah dich sterben... ich...”
    Die tonlosen Worte versiegten, der aufgerissene Blick durchbohrte den schlanken Körper, der sich vor ihm aufrichtete.
    Simons Lippen zuckten, Wärme entströmte ihm, versprach Trost und Ruhe.
    “Ich weiß, Mark”, antwortete er schließlich. “Es tut mir

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