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Diverses - Geschichten

Diverses - Geschichten

Titel: Diverses - Geschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigrid Lenz
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Freunde, die wenigen, die er noch nicht vergrault hatte mit seinen Ausbrüchen, seinen Launen, seiner Egomanie, die sich noch nicht von ihm losgesagt hatten, sie alle standen nun auf der anderen Seite der Glasscheibe, getrennt von seiner Welt.
    Und doch waren sie es gewesen, die ihn von sich gestoßen, die sich dafür ausgesprochen hatten, dass er sich dieser Farce unterziehen, dass er in diesem Zirkus der Lächerlichkeiten den Clown gebe.
    Nichts von all dem, was er durchgemacht hatte, weder seine Scheidung, seine durchlittenen Krankheiten, Verletzungen, demütigenden Entlassungen, Beschimpfungen, unmenschlichen Qualen, Schmerzen, die seine Existenz ihm aufgebürdet hatten, nichts davon war vergleichbar mit den Peinlichkeiten, die er nun zu erdulden hatte... er allein... im Scheinwerferlicht.
    Den Blicken der Kritiker ausgesetzt, die jeden Grund hatten, ihn in das tiefste aller Verliese zu werfen, ihn und seinen Lebenswandel zu verurteilen, zu verachten, ja, zu bestrafen.
    Und doch, was sollte man ihm vorwerfen?
    Was anders, als sein Bestes gegeben zu haben, nach Wissen und Gewissen, dem Publikum zu geben, was das Publikum sich ersehnte.
    Dem Publikum, das sich nichts mehr wünschte, als jemanden vor sich zu sehen, der ihm die Last des Denkens von den Schultern, die Last der Unterhaltung aus den Händen nahm.
    Jemanden, der für sie tanzte, lachte, selbst wenn es ihm selbst nach Weinen zumute war, jemanden, der für sie sang und kasperte, obwohl er eine Vergangenheit mit sich trug, ein Leben als Journalist, als Reporter, der im Herzen des Hurrikans seinen Mann gestanden, den Widrigkeiten des Schicksals stets getrotzt hatte.
    In all diesen harten Jahrzehnten war ihm ein Wissen, eine Erfahrung zu Eigen geworden, die mehr, unendlich viel mehr bedeutete, die von Natur aus höher eingeschätzt werden müsste, als das, womit er nun seine Brötchen verdiente, selbst wenn diese nun mit Lachs und Kaviar serviert wurden.
    Und doch fragte er sich manchmal, bevor er das Glas teuren Champagners an seine Lippen hob, ob er sich nicht doch unter Wert verkaufte, jedes Mal, an jedem Abend, den er damit verbrachte, seine komische Vorstellung abzuliefern, die eines Moderators einer klassisch - neckisch niedlichen, traditionell hoch geschätzten und die Herzen höher schlagen lassenden Fernsehshow der Eitelkeiten.
     * * *
     Illusion
     
    Was hatte denn das zu bedeuten?
    Ein Indianer inmitten der Fußgängerzone? Hier? Im tiefsten Bayern? Im finstersten Hinterlande?
    Gertrude schüttelte skeptisch ihren Kopf und erschrak gleich darauf.
    Nein, natürlich kein Indianer, wie konnte sie nur?
    Es handelte sich selbstverständlich um einen Amerikanischen Ureinwohner, so verbesserte sie sich rasch selbst in Gedanken.
    Schließlich konnte es nicht angehen, dass die zahlreichen Vorträge ihrer Enkelin über politisch korrekte Formulierungen und Ausdrücke, die ihr zwar noch allzu geläufig, jedoch im neuen Jahrtausend als absolut verpönt galten, umsonst gewesen sein sollten.
    Gertrude hatte sich geschworen, nachdem sie zum wiederholten Male in ein unverzeihliches Fettnäpfchen getreten war, dass ihr ein sprachlicher Faux-Pax dieser Art nie wieder unterlaufen würde, zumindest nicht, solange ihre Enkelin, sich in der Nähe befand.
     
    Gertrudes Blick wanderte an der langen Gestalt vor ihr hinauf.
    Natürlich konnte es sich auch hier ohne Weiteres um nichts Anderes, als eine schlichte Illusion handeln.
     
    Es wäre sogar die eindeutig einfachste Erklärung schlechthin.
    Gertrude legte den Kopf in den Nacken, betrachtete die langen, glänzenden Haare, die Federn, die kunstvoll hineingewoben, einen aufregenden Kontrast zu den blauschwarzen Strähnen bildeten, welche majestätisch von dem hoch erhobenen, stolzen Haupt hinab wallten.
    Sie nahm das weiche, hellbraune Leder wahr, das sich an die bronzene Haut schmiegte, die eingeflochtenen, türkis-farbenen Perlen, die Ketten, an denen elfenbeinerne Zähne und Knochen baumelten.
    Ein Bild aus einer anderen Welt, eine Gestalt, direkt einem Wildwestfilm oder einem Comic Buch entsprungen.
    Ein Krieger, ein Held, würdig, den Buchdeckel eines fesselnden Karl May Romans zu zieren.
    Gertrude erschauerte innerlich.
    Wie lange mochte es her sein, dass sie davon geträumt hatte, Seite an Seite bunt geschmückter, muskulöser Freiheitskämpfer über die Prairie zu reiten, abendlich dem Knistern des Lagerfeuers, dem entfernten Heulen der Kojoten zu lauschen, die von überstandenen Gefahren und Abenteuern

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