Division der Verlorenen
Commander Sten und mich, an wen denn sonst?«
»Ich gehe davon aus, dass das kein weiterer schlechter Scherz sein soll.«
»Keineswegs. Ich meine es absolut ernst.«
»Das ist doch Quatsch, Mr. Kilgour«, sagte Sh’aarl’t. »Ihr zwei seid doch keine Supereinsatztruppe. Ich weiß zwar nicht, was du vorher gemacht hast, Kilgour, aber dein todesmutiger Commander war nur ein stinknormaler Gardeoffizier.«
Richtig. Diese Tarnung hatten sowohl Sten als auch Alex zur Verheimlichung ihrer Dienstzeit bei Mantis für die Dienstakte angegeben.
»Du zögerst doch nicht etwa, Commander? Überlegst du dir, ob du’s noch mal mit einem alten Schwachkopf wie mir wagen sollst? Oder bist du selbst ’n bisschen abgeschlafft? Mir ist aufgefallen, dass du in letzter Zeit ein kleines Bäuchlein angesetzt hast.«
Für Sh’aarl’t war das eindeutig ein Fall von Insubordination. Sie wartete auf das Donnerwetter. Statt dessen machte Sten einen betroffenen Eindruck.
»Ich werde nicht fett, Kilgour.«
»Bestimmt nicht, alter Junge. Dein Overall fällt nur etwas unvorteilhaft.«
»Ihr beide meint das doch nicht etwa ernst?«
»Vielleicht ist es die einzige Möglichkeit«, antwortete Sten.
»Du weißt doch, dass es in den Imperialen Vorschriften einen Artikel gibt, der besagt, dass ein Offizier die Pflicht hat, seinem Commander die Befehlsgewalt zu entziehen, und zwar, ich zitiere, ›bei schwerer Verwundung, bei Unfähigkeit, den befohlenen Auftrag auszuführen, oder‹ ich betone hier besonders deutlich – ›bei geistigen Beeinträchtigungen‹, Ende des Zitats.«
»Und wer will das in dieser Flotte der Verdammten, Verlorenen, Verrückten und Durchgeknallten beurteilen, Lieutenant?«
»Na schön. Ich versuche es noch einmal. Zwei Infanteristen können unmöglich ein gesamtes Waffendepot vernichten. Das gibt es nur in den Livies.«
Sten und Alex blickten einander an. Ein blödes Waffendepot? Es gab so manches Sonnensystem, dessen Regierung dank einer Handvoll Mantisagenten diesbezüglich sehr schnell hatte umdenken müssen.
»Alex, ich gehe davon aus, dass du dir noch ein wenig mehr überlegt hast, als hineinzugehen und alles zu Klump zu hauen«, sagte Sten.
»Soweit bin ich noch nicht gekommen«, gab Alex zu. »Aber mir fällt da schon was ein.«
»Nicht nötig, Mr. Kilgour. Mir ist da ein Gedanke gekommen.«
»Wenn ich jetzt darüber nachdenke, sitzen wir wohl ziemlich im Dreck.«
»Wenn Sie auf Ihrem Weg hinaus Foss bitten könnten, seinen Hintern hierher zu bewegen, Mr. Kilgour?«
Sh’aarl’t blickte sie prüfend an. Sie war nicht dumm. »Äußerst interessant«, bemerkte sie. »Entweder seid ihr beide durchgedreht, oder jemand hat mich angelogen.«
»Wie bitte?«
»Ich erinnere mich daran, dass mir einmal jemand erzählt hat, wenn gewisse Leute von den Imperialen Schnüfflern aufgegabelt werden, lassen sie zuallererst ihre Dienstakte frisieren. Wie stehst du heute dazu?«
»Tolle Geschichte, Sh’aarl’t. Darüber müssen wir uns irgendwann unbedingt näher unterhalten. Also, Mr. Kilgour? Die Zeit läuft.«
Der Ausgangspunkt von Stens Plan mochte zwar unbestritten Low Tech sein, die Methode des Angriffs war jedoch ausgesprochen modern. Oder vielleicht auch antitechnisch.
Wahrscheinlich hätte Sten auch dann nicht gewusst, was ein Knallfrosch war, wenn er in seiner Luftschleuse explodiert wäre; doch wie schon Hamlet hoffte er, dass es ein großer Spaß sein müsste, wenn der Feind den eigenen Ränken zum Opfer fiel.
Die mögliche Lösung lag in den hyperausgeklügelten Systemen der Feuerleit- und Luftabwehrsysteme auf Oragent.
Die Tage der mutigen, adleräugigen Kanoniere, die hinter ihren Waffen sitzend das Feuer auf die angreifende feindliche Luftwaffe eröffneten, gehörten schon lange der Vergangenheit an. Raketenabschußrampen oder Laserblasts wurden per Fernbedienung von einem zentralen Kontrollzentrum aus gesteuert. Diese Zentrale, von der Sten annahm, dass sie von der Talmitte aus operierte, musste über ständige Informationen über den Luftverkehr verfügen; die laufend aktualisierten Berichte wurden über Radar, den Orbitalsatelliten sowie andere Sensoren zu Lande und in der Luft eingespeist.
Drang nun etwas in den überwachten Luftraum ein, traf das Feuerleitsystem eine Einschätzung, alarmierte falls nötig das Luftabwehrsystem, ordnete die Ziele den unterschiedlichen Waffen zu und eröffnete das Feuer.
Sollte das Zentrum zerstört werden, verfügten die einzelnen Abwehrwaffen
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