Division der Verlorenen
Lachen. Er konnte sich sehr gut vorstellen, was da vor sich ging. Alex hatte sich schon viel zu lange auf sein Glück verlassen. Jetzt war es an der Zeit, dass Sten einiges ausbügelte. Er setzte eine sehr besorgte Miene auf und hätte sich beinahe väterlich geräuspert. Dann erhob er sich mit der ganzen Würde, die man in einem zwei auf drei Meter großen Raum entfalten kann.
»Und wo, verehrte Gentlemen, liegt dabei das Problem?« Seine Stimme klang sehr sachlich und unaufgeregt.
»Sir, was wir gerade zu erklären versuchen«, versuchte es Sutton noch einmal. »Wir werden gerade von den Bullen hochgenommen!«
Sten ließ zu, dass ihn die beiden zur Tür hinauszerrten.
Draußen vor den Docks hatten sich eine Phalanx Grüner Minnas sowie fünf Polizei-Gleiter mit jeweils zwei Polizisten aufgebaut.
»Wie ich bereits anzudeuten versuchte, Sir«, meinte Sutton. »Sie haben uns!« Mit vorwurfsvollem Blick und einem leichten Zittern in der Stimme wandte er sich an Alex. »Sie haben mich ausgeliefert.«
»Sie? Für wen halten Sie sich eigentlich? Nicht gleich größenwahnsinnig werden, mein Freund! Die wollen uns nämlich alle hier am Arsch kriegen!« Alex warf Sten einen Blick zu. »Ich glaub, wir haben ziemlich schlechte Karten. Aber wenn da noch was drin ist, dann wäre es angebracht, sofort etwas zu unternehmen, Sten!«
Sten hüllte sich weiterhin in überlegenes Schweigen. Zu seiner Verwunderung schien es seine Wirkung auf die beiden Gestalten neben ihm nicht zu verfehlen. Nach einigen quälenden Sekunden zischte es am ersten Gleiter. Die Fahrertür öffnete sich, und ein riesenhafter Angehöriger der Polizeitruppe von Cavite schälte sich heraus. Ein weiterer Moment diente dem Glattstreichen der Uniformjacke. Dann kam das Geräusch wohlgesetzter Stiefelabsätze auf Sten zu. In der ausgestreckten Hand des Mannes flatterte ein sehr offiziell aussehendes Blatt Papier.
»Ein Haftbefehl, jede Wette«, flüsterte Alex.
Sten schwieg.
Der Polizist blieb vor Sten stehen, salutierte lässig und händigte ihm das Dokument aus. Alex schielte ebenfalls darauf und konnte sein Staunen nicht verbergen.
»Wusstest du das nicht?« fragte er.
»Doch«, erwiderte Sten. »Vielen Dank, Constable Foss«, sagte er förmlich.
»War mir eine Freude, Sir«, erwiderte Foss. »Wenn ich Sie jetzt aber bitten dürfte, Sir. Wir haben alle gerade Frühstückspause. Können Sie zwanzig Rekruten in weniger als einer Stunde abfertigen? Oder sollen einige von uns später noch einmal zurückkommen?«
Alex stieg allmählich durch. »Aha, zwanzig von euch, stimmt’s? Komm rein, komm rein, sagte der Apfelmost zur Fliege.«
Einige Sekunden später ließen er und Sutton die Polizisten in Reih und Glied antreten.
»Darauf läuft’s also hinaus«, flüsterte er zu Sten. »Verdammte Bullen rekrutieren!«
Sten bedachte Alex mit seinem allerbesten Vorgesetztenblick. »Ist der Krieg nicht die Hölle?«
First Lieutenant Ned Estill war ein in Bernstein versiegeltes Wunder. Er sah schneidig aus! Hörte sich schneidig an! Er war schneidig! Und sein Rapport stand seiner weißen Ausgehuniform an Passgenauigkeit und Korrektheit in nichts nach. Er salutierte messerscharf vor Sten und knallte die Hacken zusammen.
»Wenn das alles ist, Sir !«
Selten war Sten ein derartiger Ausbund an Perfektion unter die Augen gekommen. Estill gehörte zu der Sorte von Offizieren, die sogar ihren Kommandeuren das Gefühl vermittelten, sie hätten einen angeschmuddelten Kragen. Der Vergleich war besonders treffend, denn Sten und Alex trugen, wie meistens in letzter Zeit, ihre verdreckten Ingenieuroveralls. Estills Vorstellungsgespräch war aus dem Stegreif abgelaufen – eine kurze Unterbrechung der Tour mit der Fettspritze durch das Schiff. Sten wurde den Mann fast ebenso schwer los, wie ihm das ganze Gespräch gefallen war. Wie ging man mit einem Werbeplakat für die Flotte um?
»Wir werden uns bei Ihnen melden, Lieutenant«, sagte Alex und verhalf Sten zu maßlosem Staunen. Als Estill mit einem tadellosen Schwenk um 180 Grad kehrtmachte und mit knallenden Absätzen die Gangway hinuntermarschierte – wahrscheinlich konnte er gar nicht richtig gehen –, musste sich Sten den heruntergeklappten Unterkiefer fast mit der Hand wieder hochschieben.
Dann lehnte er sich erleichtert an die Bordwand.
»Wer hat den denn geschickt?« wollte er von Alex wissen. »Das muss doch ein Spion oder so etwas sein. Niemand, wirklich niemand von diesem Kaliber würde sich freiwillig
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