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Djihad Paradise: Roman (German Edition)

Djihad Paradise: Roman (German Edition)

Titel: Djihad Paradise: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Kuschnarowa
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Romea-Versuche sahen ihr jeden Tag ein wenig ähnlicher.
    Und dann. Die Verhandlung. Endlich. Beinahe freute ich mich darauf. In letzter Zeit kam mein Strafverteidiger immer öfter und hinterließ mir einen Haufen Papier, unter anderem Anklageschrift und Eröffnungsbeschluss. Ich sollte mir etwas Schlaues zu meiner Verteidigung überlegen, damit mein Anwalt eine Strategie aushecken konnte. Ich war nicht sehr kooperativ. Die letzte Romea-Version erschien mir geglückt. Ich hängte sie über mein Bett und seitdem lag ich nur noch apathisch im Bett. Mir war gerade echt alles scheißegal. Warum sollte ich mich verteidigen? Ich war schuldig. Ich wollte schon lange nicht mehr der pseudocoole Gangsta sein, aber ich war schon zu tief drin. Und wenn ich wieder rauskäme, würde alles an dem Punkt weitergehen, an dem sie mich gefasst hatten. Endlosschleife. The point of the return to no return. Endless rerun of my past. Ich wollte nur eines – zu Romea. Oder sterben.
    Irgendwann hatte es mein Anwalt aufgegeben, mich mit einzubeziehen und seine Strategie alleine entwickelt. Und dann die Verhandlung. Zeugenbefragung. Sling verpfiff mich noch einmal. Blablablabla.
    Und dann ging die Tür auf und mir blieb fast das Herz stehen. Romea wurde in den Zeugenstand gerufen. Sie sagte, dass sie nichts wüsste und sich auch im Leben nicht vorstellen könnte, dass ich jemals etwas Derartiges getan hätte. Und damals in Barcelona – daran könne sie sich nicht erinnern, weil sie viel zu betrunken gewesen sei. Sie warf mir einen Blick zu. Ihre Iris schienen zu flackern. Aufmunternd. Und mir war … Jedenfalls konnte ich dann dem Rest meiner Verhandlung erst recht nicht mehr so richtig folgen.
    »Bekennen Sie sich schuldig … blablabla?«
    Ich: »Ja.«
    Augenrollen meines Verteidigers.
    »Da der Beklagte bisher ohne Vorstrafen ist und seine Schuld eingesteht, wirkt sich dies strafmildernd aus. Aus diesen Gründen verurteile ich Julian Engelmann hiermit zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr wegen versuchten Einbruchs und Verstoßes gegen das BTM. Es besteht die Option einer vorzeitigen Aussetzung der Reststrafe zur Bewährung.«
    Halleluja. Drei Monate hatte ich ja schon in U-Haft abgesessen, sodass dieser Urteilsspruch letztlich nur noch drei weitere Monate Knast bedeutete. Das klingt jetzt pervers, aber ich war irgendwie froh, nicht gleich wieder in die Freiheit zu müssen, denn ich hatte keine Ahnung, wie ich draußen anders hätte klarkommen können als bisher. Aber irgendwas musste sich ändern und drei Monate waren genug Zeit, um sich zu überlegen, was.
    Zum Überlegen kam ich aber gar nicht. Ich wurde in eine Zweimannzelle verlegt und geriet in einen Sog. Nie hätte ich gedacht, dass so etwas passieren konnte. Ausgerechnet im Knast. Natürlich nicht sofort, aber nach und nach geriet ich in einen Sog, der alles ändern sollte. Der größte Sog meines Lebens.
    Als der Wärter die Tür aufschloss, sah ich einen Typen, der auf einem kleinen Teppich auf den Knien hockte und seinen Oberkörper weit nach vorne gebeugt hatte.
    »Hi!«, sagte ich.
    Der Kerl reagierte nicht. Irgendwann erhob er sich. Seinen Blick hatte er in eine unbestimmte Leere gerichtet. Aber gleich darauf begab er sich wieder auf die Knie, verharrte kurz, nur um dann seinen Oberkörper erneut nach vorne zu beugen.
    Ich zuckte mit den Schultern und packte meine wenigen Habseligkeiten aus. Zuletzt pinnte ich vorsichtig die Zeichnung über das Fußende des unbenutzt aussehenden Bettes und versank in Romeas Anblick. Ich hätte nach der Verhandlung so gerne mit ihr gesprochen. In mir rumorte es. Mein Magen krampfte sich zusammen, bis mir die Luft wegblieb und ein gewaltiger Schmerz in mir anflutete, eine Woge baute sich vor mir auf, schlug über mir zusammen und riss mich einfach mit. Ich schnappte nach Luft.
    »…kum.«
    Ich zuckte zusammen. Der Typ hatte mir leicht auf die Schulter getippt und sagte: »As-salamu aleikum.«
    Ich starrte ihn an.
    »Mein Name ist Murat«, fügte er hinzu.
    Endlich war ich raus aus meinem Film und riss mich zusammen. »Hi, ich bin Julian«, sagte ich und hielt ihm die Hand hin.
    Murat blickte auf meine ausgestreckte Pfote, nahm sie aber nicht.
    Dann halt nicht, Arschloch, dachte ich, ließ meine Hand wieder sinken und legte mich so aufs Bett, dass ich Murat nicht anschauen musste. Verdammt, warum durfte man hier keinen Laptop oder wenigstens einen MP3-Player haben? Gerade kamen mir drei Monate verdammt lang vor. Ohne Musik zu hören und zu

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