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Doberstein & Rubov 01 - Feuerfrauen

Titel: Doberstein & Rubov 01 - Feuerfrauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Beinßen
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suchen. Bestimmt nicht bei jemand anderem.«
    Sina überlegte: »Vielleicht. Du könntest recht haben. Die genaue Lage jedes einzelnen Kabels werden sie sich kaum gemerkt haben. Wenn nicht alles haargenau stimmt, ist es halb so schlimm.«
    Trotzdem achtete auch Gabriele peinlich genau darauf, dass kein Kabel lose herunterhing. Die Zeit verrann dabei deutlich schneller, als den Frauen lieb war.
    Schließlich: »Fertig!« Sina lehnte sich an einen der Schränke und sank erschöpft zu Boden. Gute zwei Stunden hatten die beiden Frauen aufgeräumt. In jede Ecke hatten sie geschaut, unter jedem Tisch. »Ich glaube, wir haben’s wirklich geschafft. Nur zwei oder drei kleine Steckverbindungen und die Sache ist geritzt. Oder fällt dir noch irgendetwas ins Auge, was jemanden stutzig machen könnte?«
    »Stutzig machen? Nein. Höchstens das Geräusch meines Magens. Sein Brummen ist kaum zu überhören.«
    Sina zog die Brauen hoch. »Tja, sorry, aber meinen letzten und einzigen Schokoriegel haben wir ja bereits verputzt.« Sie stülpte demonstrativ ihre Hosentaschen nach außen.
    Gabriele ließ sich neben ihrer Freundin nieder, und lehnte sich erschöpft an die Rolltür des Schrankes. »Also gut. Kein Essen. Versuchen wir, auf andere Gedanken zu kommen.«
    »Könnte nicht schaden. Das lenkt vielleicht auch ein wenig von dieser verflixten Kälte ab. Ich bin völlig unterkühlt.« Sina rieb sich die Arme. »Und meine Zehen sind nur noch Eiswürfel. Kälte und Hunger – was für eine fiese Kombination!«
    »Als Kind hatte ich öfters Hunger.«
    »Kann ich mir vorstellen«, spottete Sina. »Man sieht’s.«
    »Hältst du mich etwa auch für zu dick?«
    »Wieso auch ? Wer findet das denn noch?«
    »Na, dieser Penner, dieser Bernhard.«
    »Also bitte, Gabi! Opa Bernhard ist tot. Rede nicht so abfällig von ihm.«
    »Wollte ich ja eigentlich gar nicht. Du bringst einen ganz aus dem Konzept«, beschwerte sich Gabriele.
    »O. k. Du wolltest mir ein traumatisches Erlebnis aus deiner frühen Jugend erzählen. Von wegen Kälte und Hunger. Also? Ich lausche.«
    Gabriele stieß ihr in die Seite: »Mach dich nicht dauernd lustig über mich. Ist nämlich gar nicht witzig, meine Geschichte.«
    Sina verdrehte die Augen. »Verzeih!«
    Gabriele ging auf die neue Provokation nicht ein, sondern erzählte stattdessen weiter: »Mein Bruder, der Friedhelm, und ich hatten manchmal wirklich verdammt wenig zu beißen. Der Antiquitätenladen lief nicht wirklich berauschend, damals in den 50ern, als ich auf die Welt kam. Was sollten die Leute da denn mit Antiquitäten? Klar, es gab ein paar Neureiche. Leute, die den Krieg ganz gut verdaut hatten. Aber die Masse, das breite Publikum? Wenn wir Kohle verkauft hätten, ja, dann hätten meine Eltern leichtes Spiel gehabt. Im wahrsten Sinne des Wortes Kohle gescheffelt hätten sie dann. Aber Antiquitäten? Das ging erst wieder in den 60er Jahren richtig los. Mieteinnahmen kamen auch nicht rein, da die oberen Etagen unseres Hauses in der Pirckheimer Straße Bombentreffer abbekommen hatten. Alles in allem waren es sehr magere Jahre.«
    Sina machte einen nachdenklichen Eindruck. »Das kenn ich.«
    »Was kennst du?«
    »Ich kenne das Gefühl, wenn der Magen knurrt. Wenn er sehr, sehr lange knurrt.«
    Gabriele konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. »Was? Du? Ausgerechnet du Rotzgöre? Schon mir nimmt man es ja kaum ab, dass ich noch was vom Mangel der Nachkriegsjahre mitgekriegt habe. Aber dir? Wo gab’s in deiner Zeit noch einen knurrenden Magen? Nee, Kind, mit solchen Äußerungen würde ich mich an deiner Stelle lieber zurückhalten.«
    Sina blickte Gabriele nicht an. »Vielleicht solltest du dich auch manchmal etwas zurückhalten. Ich weiß es sehr wohl, was es heißt, nichts zu essen zu bekommen. Was es heißt, beim Tischnachbarn in der Schule ein Pausenbrot schnorren zu müssen, weil die Mami es wieder mal nicht geschafft hat, eins zu schmieren. Und ich kenne das Gefühl, wenn man nach dem Unterricht nach Hause geht und einem unterwegs von überall her der Geruch von Gebratenem und Gekochtem in die Nase kriecht, aber man selbst vor leeren Kochtöpfen steht.«
    »Du brichst mir das Herz.«
    »Mach dich bitte nicht lustig. Ich habe echt nicht die Kindheit gehabt, die ich mir gewünscht hätte.«
    »Rabenmutter, was?«
    »Eigentlich nicht. Eher überforderte Mutter.«
    »Na, mit dir als Kind kann ich mir das vorstellen«, stichelte Gabriele.
    »Ich glaub, an mir lag das ausnahmsweise mal nicht. Vielmehr an

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