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Doch die Sünde ist Scharlachrot

Doch die Sünde ist Scharlachrot

Titel: Doch die Sünde ist Scharlachrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Elizabeth
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Seine Eltern glaubten wohl, er würde sie im Alter nicht versorgen können – obwohl ich das nicht sicher weiß, ehrlich gesagt –, und sie selbst hatten nicht das nötige Kleingeld, um ihn zu versorgen. Also haben sie ihn abgegeben.«
    Lynley betrachtete sie. Sie erschien ihm vollkommen ungekünstelt. Alles, was sie sagte, ließe sich problemlos überprüfen. Und doch …
    »Das ›Wir‹ gefällt mir«, sagte er.
    Sie hatte eine Gabel voll Salat aufgespießt, doch nun verharrte ihre Hand auf halbem Weg zum Mund, und ihr Gesicht rötete sich. »Das ›Wir‹?«, wiederholte sie, und Lynley ging auf, sie glaubte, er spräche von ihnen beiden, von diesem Moment, da sie hier zusammen an ihrem kleinen Esstisch saßen. Bevor ihm selbst die Röte ins Gesicht steigen konnte, führte er aus: »Sie haben gesagt: ›Wir haben ihn adoptiert.‹ Das gefällt mir.«
    »Ach so. Nun ja, es war eine Familienentscheidung. Wichtige Entscheidungen haben wir immer gemeinsam getroffen. Sonntagnachmittags hielten wir Familienrat, gleich nach dem Roastbeef und dem Yorkshire Pudding.«
    »Ihre Eltern waren also keine Vegetarier?«
    »Um Himmels willen, nein. Es gab Fleisch und Gemüse. Lamm, Schwein oder Rind – jeden Sonntag. Manchmal Hähnchen. Dazu Rosenkohl. Mein Gott, wie ich Rosenkohl hasse! Habe ich immer schon und werde ich für alle Zeiten – zu Tode gekocht, genau wie Möhren und Blumenkohl.«
    »Nur die Bohnen nicht.«
    »Bohnen?« Sie sah ihn verständnislos an.
    »Sie sagten, Ihre Mutter habe Ihnen beigebracht, wie man grüne Bohnen kocht.«
    Ihr Blick streifte die Schüssel, in der noch zehn oder zwölf Bohnen lagen. »Ach so, ja. Die Bohnen. Das war nach ihrem Kochkurs. Mein Vater hat irgendwann seine Liebe zur mediterranen Küche entdeckt, und meine Mutter dachte, es müsse doch noch irgendetwas anderes als Spaghetti Bolognese geben, also hat sie sich auf die Suche gemacht.«
    »In Falmouth?«
    »Genau. Wie gesagt, dort bin ich aufgewachsen.«
    »Sind Sie dort auch zur Schule gegangen?«
    Sie sah ihn offen an. Ihr Ausdruck war freundlich, sie lächelte, aber ihr Blick war wachsam. »Ist das hier ein Verhör, Thomas?«
    Er hob beide Hände zu einer Geste, die Aufrichtigkeit ebenso wie Kapitulation ausdrücken sollte. »Tut mir leid. Berufsrisiko. – Erzählen Sie mir mehr über Gertrude Jekyll.« Einen Moment lang zweifelte er, ob sie der Bitte entsprechen würde. »Ich habe gesehen, dass Sie mehrere Bücher über sie haben«, fügte er hinzu, um sie zu ermuntern.
    »Sie ist sozusagen die Antithese zu Capability Brown«, antwortete sie, nachdem sie einen Moment überlegt hatte. »Ihr war bewusst, dass nicht jeder Gartenfreund ein weitläufiges Gelände zur Verfügung hatte. Das gefällt mir an ihr. Ich hätte selbst gern einen Jekyll-Garten, aber vermutlich bin ich hier zu Heide- und Wildkräutern verdammt. Bei diesem Wind und dem ruppigen Wetter … Na ja, in manchen Dingen muss man eben praktisch denken.«
    »In anderen nicht?«
    »Absolut.« Sie hatten beide ihre Mahlzeit beendet, und Daidre stand auf, um den Tisch abzuräumen. Wenn seine vielen Fragen sie verärgert hatten, wusste sie es gut zu verbergen, denn sie lächelte und hieß ihn, ihr zu folgen, weil er ihr beim Abwasch helfen sollte. »Und danach werde ich Ihre Seele läutern und Sie fix und fertig machen. Natürlich nur im metaphorischen Sinne.«
    »Und wie gedenken Sie das zu bewerkstelligen?«
    »An nur einem Abend, meinen Sie?« Sie nickte in Richtung Wohnzimmer. »Mit einer Partie Darts«, erklärte sie. »Ich muss für ein Turnier trainieren. Auch wenn ich annehme, dass Sie kein ernstzunehmender Gegner sein werden, sind Sie doch immer noch besser als gar kein Gegner.«
    »Darauf bleibt mir natürlich nur zu erwidern, dass ich Sie haushoch schlagen und bis auf die Knochen demütigen werde«, konterte Lynley.
    »Den Fehdehandschuh nehme ich auf. Wir spielen jetzt gleich, einverstanden? Der Verlierer macht den Abwasch.«
    »Einverstanden.«
    Ben Kerne wusste, er würde seinen Vater anrufen müssen. Es war ihm zwar klar, dass er angesichts dessen Alters eigentlich persönlich nach Pengelly Cove fahren und ihm die Nachricht von Santo schonend beibringen sollte, aber er war seit Jahren nicht dort gewesen und konnte einer Rückkehr im Moment auch nicht ins Auge sehen. Pengelly Cove hatte sich garantiert kein bisschen verändert – die abgeschiedene Lage zum einen, zum anderen die Entschlossenheit der Bürger, niemals irgendetwas zu ändern, erst

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