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Doch die Sünde ist Scharlachrot

Doch die Sünde ist Scharlachrot

Titel: Doch die Sünde ist Scharlachrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Elizabeth
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stand auf, verließ das Büro. Ging die Korridore entlang hin zum Geräteraum, wo er zuvor schon gewesen war und wohin er Detective Inspector Hannaford geführt hatte. Dieses Mal trat er jedoch nicht an die lange Schrankreihe, wo einmal Santos Kletterausrüstung gelagert hatte. Vielmehr ging er weiter in einen angrenzenden kleineren Raum und machte sich an einem Verschlag zu schaffen, der mit einem Vorhängeschloss gesichert war. Der einzige Schlüssel dazu war in Bens Besitz, und jetzt benutzte er ihn. Als die Türen aufschwangen, schlug ihm der starke Geruch von altem Gummi entgegen. Es ist über zwanzig Jahre her, dachte er. Noch vor Kerras Geburt. Wahrscheinlich würde das Ding auseinanderfallen, sobald er es in die Hand nahm.
    Aber das tat es nicht. Bevor er auch nur einen Gedanken an das Warum verschwendet hatte, steckte er in dem Anzug, von den Schultern bis zu den Knöcheln in Neopren gehüllt, und er zog den Reißverschluss im Rücken an einer Kordel zu. Ein ordentlicher Ruck, der Rest ging einfach. Keine Korrosion. Ben hatte seine Ausrüstung immer schon gepflegt.
    Können wir jetzt endlich nach Hause gehen, hatten seine Kumpels immer gemeckert. Kerne, du Wichser! Wir frieren uns hier draußen deinetwegen noch den Arsch ab!
    Aber er hatte darauf bestanden, noch am Strand seine Sachen mit Leitungswasser abzuspülen. Und wenn er nach Hause kam, tat er dort das Gleiche noch einmal. Die Surfausrüstung hatte ihn eine Menge Geld gekostet, und er wollte keine neue kaufen müssen, nur weil er nicht verhindert hatte, dass das Salzwasser die alte zerfraß. Also spülte er seinen Neoprenanzug immer sofort gründlich ab – die Schuhe, Handschuhe und Kapuze ebenfalls – und zum Schluss das Board. Seine Freunde hatten gejohlt und ihn ein Weichei geschimpft, aber Ben hatte sich niemals beirren lassen.
    Nicht in diesem und nicht in irgendeinem anderen Punkt, dachte er jetzt. Seine eigene Entschlossenheit kam ihm inzwischen vor wie ein Fluch.
    Das Board lehnte seitlich an der Wand. Er zog es hervor, nahm es in Augenschein. Keine Macken, die Oberfläche immer noch gewachst. Nach heutigen Standards eine echte Antiquität, aber noch immer vollkommen ausreichend für seine Zwecke – was immer diese Zwecke sein mochten. Er wusste es selbst nicht genau. Er musste einfach raus aus dem Hotel. Er hob Schuhe, Handschuhe und Kapuze auf und klemmte sich das Surfbrett unter den Arm.
    Vom Geräteraum öffnete sich eine Tür zur Terrasse, und von dort gelangte man zum immer noch leeren Swimmingpool. Eine Betontreppe führte von der gegenüberliegenden Seite hinauf zu der Stelle, von der aus sich ein Weg zum St. Mevan Beach hinabschlängelte. Eine Reihe Strandhütten war daran entlang in die Klippen gebaut worden, nicht die üblichen freistehenden Holzhäuschen, sondern ein zusammenhängender, lang gezogener Komplex, der aussah wie ein niedriges Stallgebäude mit schmalen blauen Türen. Ben folgte dem Weg, atmete gierig die kalte Seeluft ein und lauschte dem Rauschen der Wellen. Oberhalb der Strandhütten hielt er an, um die Neoprenkapuze überzuziehen; die Schuhe und Handschuhe wollte er sich erst unten am Strand überstreifen.
    Er sah aufs Meer hinaus. Es war Flut, sodass die Riffe überspült waren. Es waren ebendiese Riffe, die die Wellen beständig machten. Aus der Entfernung schätzte er sie auf knapp zwei Meter. Sie brachen genau richtig im ablandigen Wind. Wäre es einigermaßen hell gewesen, und sei es nur in der Morgen- oder Abenddämmerung, hätte man die Bedingungen als gut bezeichnen können – selbst zu dieser Jahreszeit, da das Wasser noch eiskalt war.
    Aber niemand surfte bei Nacht. Es gab zu viele Tücken, angefangen bei den Riffen und der Kabbelung bis hin zu dem sich gelegentlich hierher verirrenden Hai. Doch es ging ihm weniger ums Surfen als vielmehr um das Erinnern, und auch wenn Ben sich nicht erinnern wollte, hatte das Telefonat mit seinem Vater ihn doch gezwungen, es zu tun. Entweder das – oder er hätte im King-George-Hotel bleiben müssen, und das hätte er nicht ertragen.
    Er stieg die Stufen zum Strand hinab. Der Pfad war hier unbeleuchtet, doch die Straßenlaternen oben auf der Anhöhe warfen ein bisschen Licht auf die Felsen und den Sand. Er suchte sich einen Weg zwischen Schieferplatten und Sandsteinbrocken hindurch – Bruchstücke von der Klippe, die das Fundament der Anhöhe darstellte.
    Endlich erreichte er den Sand. Dies war nicht der feine, weiche Sand einer Tropeninsel, sondern vielmehr

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