Doch die Sünde ist Scharlachrot
weiß wirklich nicht mehr, warum. Wenn ich gesoffen hatte, wusste ich hinterher nie, warum ich ausgerastet bin oder ob ich überhaupt ausgerastet bin. Ich konnte mich am nächsten Tag noch nicht einmal mehr an diese Schlägerei erinnern, und es tut mir echt verdammt leid, dass der Kerl jetzt im Rollstuhl sitzt. Das hatte ich nun wirklich nicht beabsichtigt. Ich hatte ihn vermutlich nur ein bisschen zurechtstutzen wollen.«
»Ist das üblicherweise Ihre Methode, Leute zurechtzustutzen?«
»Als ich noch getrunken hab, war das so, ja. Aber das ist nichts, worauf ich stolz bin. Und außerdem ist es vorbei. Ich habe dafür bezahlt. Ich habe mich gebessert. Und ich versuche, trocken zu bleiben.«
»Sie versuchen …?«
»Verflucht noch mal!« Er kletterte in den Container und wandte sich mit unübersehbarem Elan wieder dessen Inhalt zu.
»Ein paar Tage vor seinem Tod hat irgendjemand Santo Kerne einen ziemlich ordentlichen Faustschlag verpasst«, bemerkte Bea. »Ich frage mich, ob Sie uns darüber irgendetwas sagen können.«
»Nein«, erwiderte er barsch.
»Können Sie nicht, oder wollen Sie nicht?«
»Warum wollen Sie mir das anhängen?«, fuhr er herum.
Weil du so verdammt schuldig aussiehst, dachte Bea bei sich. Weil du mich an irgendeinem Punkt belogen hast. Das sehe ich an deiner Gesichtsfarbe, die jetzt leuchtend rot ist von den Wangen bis zu den Ohren und sogar bis unter den Haaransatz. Doch sie sagte nur: »Das ist mein Job. Es irgendwem anzuhängen. Und wenn Sie derjenige nicht sein sollen, dann wüsste ich gern, warum nicht.«
»Ich hatte keinen Grund, ihm etwas anzutun. Geschweige denn ihn umzubringen. Oder sonst irgendwas.«
»Woher kannten Sie ihn?«
»Ich hab bei Clean Barrel gearbeitet. Das ist ein Surfladen unten im Zentrum.« Mendick nickte in Richtung Innenstadt. »Er kam vorbei, weil er ein Board kaufen wollte. So haben wir uns kennengelernt. Ein paar Monate nachdem er hierhergezogen ist.«
»Warum arbeiten Sie nicht mehr im Clean-Barrel-Surfshop? Hat das auch etwas mit Santo Kerne zu tun?«
»Ich hab ihn an LiquidEarth weiterverwiesen, und das ist rausgekommen. Deshalb wurde ich gefeuert. Weil ich jemanden zur Konkurrenz geschickt habe. Nicht dass LiquidEarth tatsächlich im engeren Sinne Konkurrenz wäre, aber das wollte mein Boss nicht einsehen. Also war ich draußen.«
»Und das haben Sie ihm übel genommen?«
»Tut mir leid, Sie enttäuschen zu müssen, aber die Antwort ist Nein. Es war richtig, Santo zu LiquidEarth zu schicken. Er war ein blutiger Anfänger. Er war noch nie draußen gewesen. Er brauchte ein Anfängerbrett. Wir hatten damals keine brauchbaren – nur Schrott aus China, wenn Sie's genau wissen wollen, und den verkaufen wir hauptsächlich an Touristen. Also hab ich ihm geraten, zu Lew Angarrack zu gehen, der würde ihm bestimmt ein richtig gutes Brett bauen, auf dem er Surfen lernen könnte. Es würde ein bisschen mehr kosten, aber es wäre das Richtige für ihn. Das hab ich getan. Das war alles, was ich getan hab. Echt! Aber so wie Nigel Coyle reagiert hat, hätte man meinen können, ich hätte jemanden erschossen. Santo kam mit dem Brett vorbei, um es mir zu zeigen, Coyle war zufällig da, und den Rest können Sie sich wohl denken.«
»Santo hat Sie also ganz schön reingerissen.«
»Also hab ich ihn umgebracht? Hab ihm erst eine ordentliche Abreibung verpasst und ihn dann umgebracht? Wohl kaum. Er hatte ein ziemlich schlechtes Gewissen wegen der Sache. Er hat sich zigmal entschuldigt.«
»Wo?«
»Wo was?«
»Wo hat er sich entschuldigt? Wo haben Sie ihn getroffen?«
»Überall«, gab er zurück. »Es ist eine Kleinstadt, wie gesagt.«
»Am Strand?«
»Ich gehe nicht zum Strand.«
»In einer Surferstadt wie Casvelyn gehen Sie nicht zum Strand?«
»Ich surfe nicht.«
»Sie haben Surfbretter verkauft und surfen selbst nicht? Wie kommt das, Mr. Mendick?«
»Gott verdammt!« Mendick richtete sich auf. So wie er da im Container stand, überragte er sie deutlich, aber das hätte er an jedem anderen Standort auch getan, so groß und schlaksig, wie er war.
Bea sah die Adern in seinen Schläfen pulsieren. Sie fragte sich, was es ihn kostete, seinen Jähzorn zu unterdrücken, und was passieren musste, damit er ihm freien Lauf ließ.
Sie spürte auch die Anspannung in Sergeant Havers und warf ihr einen Blick zu. Havers' Gesicht zeigte einen Ausdruck von Härte, was Bea mit Wohlwollen quittierte. Sie war offenbar keine Frau, die in einer Konfrontation klein
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