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Doch die Sünde ist Scharlachrot

Doch die Sünde ist Scharlachrot

Titel: Doch die Sünde ist Scharlachrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Elizabeth
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geschleudert worden war. Seine Strafe für diesen Ausbruch würde die Erinnerung an diese erbärmlichen Worte sein – und die Erinnerung daran, was sie nach sich gezogen hatten: Santos kalkweißes Gesicht und die Tatsache, dass ein Vater seinem Sohn den Rücken gekehrt hatte. Du willst mir erklären, was es heißt, ein Mann zu sein? Ich zeig's dir. Tausendfach, wenn's sein muss. Aber ich zeig's dir.
    Ben wollte nicht daran denken, was er gesagt hatte. Am liebsten wollte er nie wieder an überhaupt irgendetwas denken. Er wünschte, sein Geist würde völlig leer und bliebe es auch, sodass er sein Leben wie ein Roboter beschließen könnte, bis sein Körper den Dienst einstellte und er sich zur ewigen Ruhe betten durfte.
    Er schloss den Schrank und hängte das Vorhängeschloss wieder ein. Er atmete langsam durch den Mund, bis er die Beherrschung wiedererlangt hatte und seine Eingeweide sich entkrampften. Dann ging er zum Aufzug und drückte den Rufknopf. Die Kabine schwebte mit vornehmer, antiquierter Langsamkeit herab. Sie kam knarrend zum Stehen, und Ben schob das Eisengitter beiseite, stieg zu und fuhr ins Obergeschoss, wo die Wohnung der Familie lag und wo Dellen wartete.
    Doch statt zu seiner Frau ging er erst einmal in die Küche. Dort saß Kerra mit ihrem Freund. Alan Cheston sah sie unverwandt an, und Kerra selbst lauschte, den Kopf in Richtung Schlafzimmer gewandt. Ben wusste, sie wartete auf ein Zeichen, das ihr verriet, wie die Dinge standen.
    Als Ben durch die Tür trat, musterte sie ihn kurz und beantwortete die Frage, die er noch nicht einmal hatte stellen müssen: »Still.«
    »Gut«, erwiderte er.
    Dann ging er zum Herd hinüber. Kerra hatte den Kessel aufgesetzt, bei kleiner Flamme, sodass der Dampf lautlos entwich und das Wasser heiß blieb, aber nicht kochte. Sie hatte vier Becher aus dem Schrank geholt. In jedem lag ein Teebeutel. Ben füllte zwei mit Wasser, stand dann da und sah zu, wie der Tee zog. Seine Tochter und ihr Freund schwiegen, doch er spürte ihre Blicke auf sich und die Fragen, die sie stellen wollten. Nicht nur ihm, sondern auch einander. Allenthalben lauerten unausgesprochene Fragen.
    Er konnte den Gedanken an eine Unterhaltung nicht ertragen. Als der Tee dunkel genug war, gab er daher Milch und Zucker in den einen Becher, ließ den anderen, wie er war, und trug beide aus der Küche. Im Flur stellte er einen kurz ab, damit er Santos Zimmertür öffnen konnte, und trat dann in die Dunkelheit, zwei Becher Tee in Händen, den keiner von ihnen würde trinken können oder wollen.
    Sie hatte kein Licht angemacht, und da Santos Zimmer zur Rückseite des Hotels lag, drängte auch keine der Straßenlaternen die Dunkelheit zurück. Jenseits der halbmondförmigen Bucht von St. Mevan Beach funkelten zwar Lichter auf einem Wellenbrecher und an der Kanalschleuse im Regen, aber sie waren zu weit weg, um bis hierher zu reichen. Nur aus dem Flur fiel ein milchiger Lichtstreifen auf den Flickenteppich am Boden. Dort lag seine Frau, zusammengekauert in embryonaler Stellung. Sie hatte die Laken und Decken von Santos Bett gerissen und sich darin eingewickelt. Der Großteil ihres Gesichts lag im Schatten, aber Ben sah genug, um zu erkennen, dass es völlig versteinert war. Er fragte sich, ob der Gedanke in ihrem Kopf war: Wäre ich nur hier gewesen … Wäre ich nur nicht den ganzen Tag fortgeblieben …
    Er hatte Zweifel. Reue war nie Dellens Stil gewesen.
    Mit dem Fuß schloss Ben die Tür. Dellen regte sich. Für einen kurzen Augenblick dachte er, sie wollte etwas sagen, aber stattdessen zog sie die Laken nur bis zu ihrem Gesicht hoch, drückte sie sich an die Nase und sog Santos Geruch ein wie ein Muttertier, und genau wie ein Tier war sie von Instinkten getrieben. Das hatte von dem Tag an, da er ihr begegnet war, ihren Reiz ausgemacht: zwei Heranwachsende, er lüstern, sie willig.
    Alles, was sie bislang wusste, war, dass Santo tot war, die Polizei sie heimgesucht hatte, ein Sturz ihn umgebracht und dieser Sturz sich während einer Kletterpartie in den Klippen ereignet hatte. Weiter war Ben mit seinem Bericht nicht gekommen. Sie hatte ihn unterbrochen: »Er war klettern?« Und dann hatte sie die Miene ihres Mannes gelesen, wie sie es schon seit so langer Zeit vermochte, und hinzugefügt: »Das hast du ihm angetan.«
    Das war alles. Sie hatten in der Rezeption des alten Hotels gestanden, denn er hatte sie nicht bewegen können, mit nach oben zu kommen. Bei ihrer Heimkehr hatte sie sofort gemerkt,

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