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Doch die Sünde ist Scharlachrot

Doch die Sünde ist Scharlachrot

Titel: Doch die Sünde ist Scharlachrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Elizabeth
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Vögel Ohren hätten. Ich meine, Ohren wie unsere. Ohrmuscheln. Hören können sie natürlich.«
    »Etwa so?« Sie kam näher. Er konnte ihren Duft riechen. Moschus, witterte er. Sie streichelte den Vogel mit dem leuchtend rot lackierten Nagel des rechten Zeigefingers. Pooh ließ sich ihre Liebkosung gefallen, wie er es immer tat. Er schnurrte sogar wie eine Katze – auch so ein Laut, den er von einem früheren Besitzer gelernt hatte. Dellen lächelte den Vogel an. Zu Cadan sagte sie: »Sie haben mir nicht geantwortet. Was für ein Mensch sind Sie? Ein Sinnenmensch? Der emotionale Typ? Ein Intellektueller?«
    »Wohl kaum«, erwiderte er. »Wohl kaum ein Intellektueller, meine ich.«
    »Ah. Also der emotionale Typ? Von Gefühlen beherrscht? Empfindsam?«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Dann müssen Sie ein Sinnenmensch sein. So wie ich. Wie Santo. Das habe ich mir schon gedacht. Man kann es Ihnen irgendwie ansehen. Ich könnte mir vorstellen, dass Ihre Freundin das sehr zu schätzen weiß. Falls Sie eine haben. Haben Sie?«
    »Im Moment nicht.«
    »Schade. Sie sind durchaus attraktiv. Wie kommen Sie auf Ihre Kosten, was Sex angeht?«
    Mehr denn je verspürte Cadan den Drang zu fliehen, dabei tat sie gar nichts, außer den Vogel zu kraulen und mit ihm – Cadan – zu sprechen. Trotzdem: Irgendetwas stimmte ganz und gar nicht mit dieser Frau.
    Und dann ging ihm plötzlich auf, was es war: Ihr Sohn war tot. Nicht nur tot, sondern ermordet worden. Er war hinüber, um die Ecke gebracht, abgemurkst, was auch immer. Wenn der eigene Sohn starb – oder die Tochter oder der Ehemann –, sollte diese Frau sich nicht die Kleider zerreißen? Sich die Haare raufen? Eimerweise Tränen vergießen?
    »… denn Sie haben doch bestimmt Sex. Ein junger, viriler Mann wie Sie! Sie können mir doch nicht weismachen, dass Sie wie ein Mönch leben.«
    »Ich warte auf den Sommer«, erklärte er.
    Überrascht zog sie ihre Hand zurück. Ihre Finger verharrten keine zwei Zentimeter vom grünen Kopf des Vogels in der Luft. Pooh machte einen Schritt zur Seite, um wieder in ihre Reichweite zu gelangen. »Auf den Sommer?«, fragte Dellen.
    »Dann ist die Stadt voller Mädchen, die hier Ferien machen.«
    »Ah. Sie bevorzugen also die Kurzzeitbeziehung. Sex ohne Bindungen.«
    »Na ja«, räumte er ein. »Kann man so sagen. So ist's mir am liebsten.«
    »Das kann ich mir vorstellen. Sie erfüllen ihre Bedürfnisse, die Mädchen erfüllen Ihre Bedürfnisse, und alle sind glücklich. Keine Erwartungen. Ich weiß genau, was Sie meinen. Obwohl Sie das vermutlich überrascht, nehme ich an. Eine Frau in meinem Alter. Verheiratet und Mutter. Die weiß, was das bedeutet.«
    Er lächelte unsicher. Es war ein unaufrichtiges Lächeln, eine pure Höflichkeitsgeste, die ihm ersparte, auf das eingehen zu müssen, was sie gesagt hatte. Er blickte zur Tür. »Tja«, sagte er und bemühte sich, dabei entschlossen zu klingen, ganz so als meinte er: Das war's dann wohl. War nett, mit Ihnen zu reden.
    »Warum sind wir uns eigentlich noch nie begegnet?«, fragte sie.
    »Ich habe gerade erst angefangen, hier …«
    »Das weiß ich doch. Aber ich verstehe trotzdem nicht, warum wir uns bisher nie über den Weg gelaufen sind. Sie sind doch ungefähr in Santos Alter …«
    »Ich bin vier Jahre älter. Er ist eher im selben Alter …«
    »… und Sie sind ihm so ähnlich! Darum kann ich mir gar nicht vorstellen, wieso Sie nie mit ihm hergekommen sind.«
    »… wie meine Schwester, Madlyn«, beendete er den Satz. »Wahrscheinlich kennen Sie Madlyn. Meine Schwester. Sie und Santo waren … Na ja, sie waren … was immer Sie es nennen wollen.«
    »Was?«, fragte Dellen verwirrt. »Von wem sprechen Sie?«
    »Von Madlyn. Madlyn Angarrack. Sie … Santo und sie … waren ungefähr, ich weiß nicht, achtzehn Monate zusammen. Oder zwei Jahre. So was in der Richtung. Sie ist meine Schwester. Madlyn ist meine Schwester.«
    Dellen sah ihn mit großen Augen an. Dann stierte sie an ihm vorbei, den Blick ins Leere gerichtet. Ihre Stimme klang vollkommen anders, als sie sagte: »Wie eigenartig. Madlyn, sagten Sie?«
    »Genau. Madlyn Angarrack.«
    »Und sie und Santo waren … was genau?«
    »Freund und Freundin. Partner. Ein Liebespaar. Was auch immer.«
    »Sie machen wohl Witze.«
    Er schüttelte verwirrt den Kopf. Warum glaubte sie nur, er machte Witze? »Sie haben sich kennengelernt, als er bei meinem Dad ein Board kaufen wollte. Madlyn hat ihm das Surfen beigebracht. Santo,

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