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Doch du wirst nie vergessen: Roman (German Edition)

Doch du wirst nie vergessen: Roman (German Edition)

Titel: Doch du wirst nie vergessen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lesley Pearse
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hier, um zu stehlen.
    Als Nächstes öffnete er den Aktenschrank, aber darin herrschte totales Chaos; die Papiere waren einfach wahllos hineingestopft worden. Offensichtlich war dem Besitzer des Büros das System einer ordentlichen Ablage kein Begriff.
    Jimmy hob einen Stapel Papier heraus, legte die Blätter auf den Schreibtisch und überflog sie. Bei der Korrespondenz ging es um verschiedene Dinge. Einige Briefe betrafen dieses Gebäude; anscheinend hatte ein Mr. J. Colm die Liegenschaft in der Maiden Lane von einer Gesellschaft in Victoria gemietet. Man hatte ihm geschrieben, um ihn darauf aufmerksam zu machen, dass es von anderen Mietern Beschwerden über Lärmbelästigung, Betrunkene und steigende Gewalttätigkeit in der Gegend gegeben hatte. Einige der Briefe drohten mit Zwangsräumung, aber da diese Drohungen vier bis fünf Jahre zurücklagen, hatte Mr. Colm sie entweder ignoriert oder seine Mietsherren geschmiert, um sie milder zu stimmen.
    Die übrige Korrespondenz stammte hauptsächlich von Getränkelieferanten. Außerdem fand sich eine Liste mit Namen und Adressen von Frauen, vermutlich Tänzerinnen oder Kellnerinnen. Jimmy steckte den Zettel sicherheitshalber ein.
    Er nahm sich den gesamten Inhalt des Aktenschranks vor, aber nichts wies auf eine Verbindung oder Partnerschaft zwischen Mr. Colm und Kent oder auf irgendetwas hin, das nicht direkt mit dem Club zu tun hatte. Als er den Vorhang ein Stück zur Seite zog, schätzte er nach dem blassen Lichtschein am Himmel, dass es auf sechs Uhr zuging und er verschwinden musste, bevor auf der Strand zu viel Betrieb war.
    Jimmy wollte gerade den Vorhang aufziehen und dann das Gaslicht ausdrehen, als er an der Wand neben dem Fenster einen Zettel entdeckte. Eine Adresse in Paris stand darauf, und wahrscheinlich hätte er sich nichts dabei gedacht, aber der Name lautete Madame Sondheim, und für einen Achtzehnjährigen mit viel Fantasie klang das nach dem Namen einer Puffmutter. Deshalb riss er den Zettel für alle Fälle ab, steckte ihn ein, zog dann den Vorhang auf und schaltete das Licht aus.
    Draußen auf dem Fenstersims stellte Jimmy fest, dass schon einige Leute über die Strand eilten. Aber es war dunkel und regnete, und die Leute hielten die Köpfe gesenkt. Sein Vorhaben aufzuschieben, würde ihm nichts nützen, da bald noch mehr Leute unterwegs sein würden.
    Er ließ das Seil nach unten fallen und kletterte geschickt die Regenrinne hinunter. Ein Mann, der auf ihn zukam, machte ein erschrockenes Gesicht und rief ihm zu, er solle stehen bleiben. Aber Jimmy flitzte los, schoss um die Ecke und rannte in Richtung Southhampton Road. Offensichtlich hatte der Mann sich gegen eine Verfolgungsjagd entschieden, denn es waren weder Geschrei noch Schritte zu hören, und als Jimmy nach einer Weile den Markt erreichte, schlenderte er in normalem Tempo weiter.
    »Wo warst du, Jimmy?«, wollte Mog wissen, als er zur Hintertür hereinkam. Sie trug ein Umhängetuch über ihrem Nachthemd, und ihr Haar fiel offen auf ihre Schultern. »Du bist ja pitschnass! Was hast du zu dieser Tageszeit draußen verloren?«
    »Es ist eine gute Zeit, wenn man an Informationen herankommen will«, sagte Jimmy und grinste.
    »Du warst doch nicht schon wieder im Büro dieses Kerls?«, fragte sie erschrocken.
    »Nicht in dem, das du meinst«, erwiderte Jimmy. »Warum bist du eigentlich schon so früh auf?«
    »Ich habe gehört, wie du dich hinausgeschlichen hast«, sagte sie tadelnd und drohte ihm mit dem Zeigefinger. »Ich habe mir solcheSorgen gemacht, dass ich nicht wieder einschlafen konnte. Deshalb bin ich runtergegangen, um mir eine Tasse Tee zu machen.«
    Für den Bruchteil einer Sekunde erinnerte ihn Mogs Gesichtsausdruck so sehr an seine Mutter, dass er einen Kloß im Hals hatte. »Schau mich bitte nicht so an«, sagte er leise.
    »Wie denn?«
    »Wie meine Mutter.«
    Mog kam zu ihm, nahm ihm die Mütze ab und fuhr mit der Hand durch sein Haar. »Sieht so aus, als hätte ich ihren Platz eingenommen«, sagte sie. »Und jetzt trinken wir eine Tasse Tee, und du erzählst mir, was du entdeckt hast.«
    Eine halbe Stunde später, bei ihrer zweiten Tasse, hatte Jimmy alles berichtet.
    »Diese Madame Sowieso hat womöglich gar nichts mit Belle zu tun«, meinte Mog betrübt. Trotzdem starrte sie den Zettel an, als wollte sie ihm mit Gewalt Antworten entreißen. »Und was die Liste mit Mädchen oder Frauen angeht, das sind wahrscheinlich Mädchen, die für ihn arbeiten.«
    »Aber ich habe gehört,

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