Doch du wirst nie vergessen: Roman (German Edition)
Inneren wusste Belle, dass sie ihn nie wiedersehen würde. Als er durch das Gedränge auf der Straße davonschlenderte, leichtfüßig und aufrecht und mit hoch erhobenem Kopf, fragte sie sich, wie viel Geld er für die Zeit, die er ihr gewidmet hatte, wohl bekommen hatte.
Sie hatte das Gefühl, dass sie sich schämen sollte, aber sie tat es nicht. Serge tat schließlich nur das, was sie selbst auch vorhatte. Und wenn er etwas, wofür er bezahlt wurde, so gut machte, konnte sie es sicher auch.
Sie glaubte, jetzt alle Geheimnisse des Lebens zu kennen. Martha mochte ihr die praktischen Dinge beigebracht haben: Wie man einen kleinen Schwamm tief in die Scheide schob, um eine Schwangerschaft zu verhindern, wie man die Scheide hinterher ausspülte und wie man Geschlechtskrankheiten erkannte. Und auch wenndie Männer, die sie für Sex bezahlten, nie solche Gefühle in ihr wecken würden wie Serge, wusste sie jetzt wenigstens, wie schön es mit dem richtigen Mann sein konnte.
Am nächsten Nachmittag rief Martha Belle in ihr Zimmer. »Ich glaube, jetzt bist du so weit«, sagte sie mit einem warmen Lächeln. »Heute Abend gibst du dein Debüt.«
Belles Puls flatterte nervös, und am liebsten hätte sie um Aufschub gebeten. Aber Martha war ohnehin schon unglaublich geduldig und nett gewesen, und Belle hatte das Gefühl, dass es damit vorbei sein könnte, wenn sich Marthas Investition nicht allmählich bezahlt machte. »Wenn Sie es für richtig halten.«
»Braves Mädchen«, sagte Martha. »Beim ersten Mal ist es immer ein bisschen unangenehm und peinlich. Aber schau dir mal das Kleid an, das ich für dich ausgesucht habe. Dann geht es dir bestimmt gleich besser.«
Sie verschwand hinter dem Wandschirm und kam mit einem roten Seidenkleid zurück. Belle schnappte unwillkürlich nach Luft, denn das tief dekolletierte, ärmellose Kleid war wunderschön und sah aus, als sollte es eher die Reize einer Frau betonen als verhüllen.
»Zieh es an«, sagte Martha. »Na los! Hinter dem Schirm liegt auch ein neues Hemd.«
Belle zog ihre Sachen aus und schlüpfte in das Hemd. Unterhosen waren in diesem Fall wohl nicht erwünscht. Das neue Hemd war aus rot-weiß getupftem Crêpe de Chine; es bedeckte kaum ihre Brustwarzen und endete fünf Zentimeter über ihrem Po. In diesem Kleidungsstück fühlte sie sich fast verrucht, und sie wünschte, sie könnte sich im Spiegel betrachten. Sie konnte sich gut vorstellen, wie Serge reagieren würde, wenn er sie so sehen könnte.
Das Kleid war leicht wie ein Windhauch und hatte Fischbeinstangen im Mieder, um ihre Brüste zu stützen und zu formen. Der Saum war mit mehreren Reihen Volants besetzt, die beim Gehen leise raschelten, und weiter oben schmiegte sich die weiche rote Seide wie eine zweite Haut an Belles Körper.
»Komm her, damit ich es zuhaken kann«, rief Martha.
Sie sagte nichts, als Belle zögernd herauskam. Schweigend hakte sie das Kleid auf dem Rücken zu und zupfte die Träger des Unterhemds zurecht, so dass sie nicht mehr zu sehen waren. »Schau dich an«, sagte sie dann und zeigte auf den großen Drehspiegel.
Belle traute ihren Augen kaum. Sie sah so kurvenreich aus, so erwachsen! Sie hatte bisher nicht geahnt, wie weiblich ihre Formen waren. Natürlich lag es an dem Schnitt des Kleides, das an Stellen, die normalerweise von Unterhosen und -röcken gut versteckt wurden, eng anlag. Ihr war nicht einmal aufgefallen, wie groß ihre Brüste geworden waren; sie drohten fast aus dem Mieder zu quellen.
»Sehe ich unanständig aus?«, wisperte sie und blickte zu Martha.
Die Frau lachte. »Das würdest du, wenn du die Absicht hättest, in dieser Aufmachung in die Kirche zu gehen. Aber für unsere Gentlemen wirst du wie der Hauptpreis aussehen. Ich glaube, du gefällst dir selbst auch ein bisschen in dem Kleid, nicht wahr?«
Belle drehte sich vor dem Spiegel einmal im Kreis. Das aufregende Kleid und das, was sie am Vortag mit Serge erlebt hatte, erfüllte sie mit freudiger Erregung. »Ich gefalle mir sehr gut darin«, gab sie zu und lachte. »Ich glaube, im Herzen bin ich jetzt schon eine Hure!«
Martha trat zu ihr, legte ihr eine juwelengeschmückte Hand auf jede Schulter und küsste sie auf beide Wangen. »Das sind die meisten Frauen, aber viele unterdrücken und leugnen es«, sagte sie. »Du hast das Zeug, eine von den ganz Großen zu werden, das habe ich von Anfang an gespürt. So, und jetzt raus aus dem Kleid, du kannst es nachher wieder anziehen, wenn du gebadet hast und
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