Doch du wirst nie vergessen: Roman (German Edition)
Cissie dich frisiert hat. Trink heute Abend ruhig einen kleinen Brandy, um deine Nerven zu beruhigen, aber lass dich nicht von Cissie zu Laudanum überreden, das ist ein schlechter Weg.«
Belle staunte, wie nett die anderen Mädchen zu ihr waren, als sie für ihren ersten Gentleman gekleidet und zurechtgemacht in denSalon kam. Sie hatte bissige Bemerkungen erwartet – immerhin war sie eine Konkurrentin und jünger als die anderen –, aber die Mädchen machten ihr Komplimente zu ihrem Aussehen und versorgten sie mit guten Ratschlägen.
»Pass auf, dass sie nicht die Zeit überziehen!« »Beim ersten Anzeichen von Ärger rufst du Cissie!« »Keine Küsse!« »Vergiss nicht, seinen Schwanz zu waschen und zu untersuchen!« »Denk dran, dass du abkassierst, bevor du dich ausziehst!«
»Du siehst ängstlich aus«, sagte Hatty mitfühlend. »Das waren wir alle. Alles wird gut! Die Männer werden so scharf auf dich sein, dass es ihnen sofort kommt, wenn sie dich bloß anschauen.«
Martha beobachtete die ersten drei Besucher, die an diesem Abend kamen. Zwei von ihnen waren Bekannte, die schon öfter hier gewesen waren, den dritten kannte sie nicht, aber er war jung, höchstens fünfundzwanzig, mit hellem Haar und einem jugendlich frischen Gesicht. Sie entschied, dass er für Belle der ideale Partner war, denn er sah genauso nervös aus, wie das junge Mädchen sich fühlte.
Belle sah hinreißend aus. Das Kleid, das ihre Figur und den Schimmer ihrer Haut betonte, war ein Volltreffer. Cissie hatte einen Teil ihres Haars im Nacken mit einem schmalen roten Band zusammengebunden und ihre dunklen Haare mit der Lockenschere eingedreht, so dass sie auf ihren fast nackten Schultern wippten. Ein Hauch Rouge verbarg ihre nervöse Blässe.
Martha fühlte sich ihrer Mitarbeiterin in dem Pariser Spital zu Dank verpflichtet. Sie war ehrlich genug gewesen zuzugeben, dass Belle übel mitgespielt worden war, und das wurde auch in dem Preis berücksichtigt, den sie forderte. Aber sie hatte erklärt, dass Belle sich ihrer Meinung nach wieder vollständig erholen könnte und das Zeug zu einer der ganz großen Kurtisanen hätte.
Es war ein Vabanquespiel gewesen, eine große Summe zu investieren, ohne die Gewissheit zu haben, dass das Mädchen je in New Orleans eintreffen würde, und selbst dann hätte die Mitarbeiterin in Paris mit ihrer Einschätzung völlig falsch gelegen haben können.
Aber in dem Moment, als der Franzose Belle zu ihr brachte, hatte Martha gewusst, dass sie ihre kleine Gans, die goldene Eier legte, gefunden hatte. Belle war nicht nur hübsch, sondern schön, und hatte eine perfekte Figur, und ihr englischer Akzent würde bei vielen Männern den Pulsschlag beschleunigen, noch bevor sie Belles andere Reize entdeckten. Wenn sie fünfzig Dollar für ein Mal verlangte – mehr als das Doppelte von dem, was die anderen Mädchen einnahmen –, würde sie ihre Unkosten in einigen Wochen wieder ausgeglichen haben.
Viele Leute behaupteten, dass allein die Luft in New Orleans wie ein Aphrodisiakum wirkte, und vielleicht stimmte das, denn die junge Engländerin war seit ihrer Ankunft förmlich aufgeblüht und schien fasziniert von der sinnlichen Atmosphäre in der Stadt. Vielleicht war es Etienne, der auf der Reise Belles Wunden geheilt und ein erstes sexuelles Verlangen in ihr geweckt hatte, und auch, die anderen Mädchen mit ihren Kunden zu beobachten und ihre freizügigen Geschichten zu hören, hatte das Erwachen von Belles Sinnlichkeit gefördert. Aber natürlich war es vor allem Serges Verdienst, dass sie zur Frau gereift war. Martha hatte den Gesichtsausdruck des Mädchens gesehen, als es nach Hause kam. Serge hatte sie eindeutig an einen Ort geführt, an den sie gern zurückkehren würde.
Da Belle jetzt eines der Mädchen war, ließ Martha die Drinks von Esmé servieren. Esmé war eine Frau in den Dreißigern, Mutter von drei Kindern und nicht länger gewillt, sich zu verkaufen, aber sie war ein sehr gutes Hausmädchen, einfühlsam, diskret und sehr geschickt darin, für jeden Mann die richtige Partnerin zu finden. Und sie duldete keinen Unfug seitens der Mädchen. Wenn es nach ihnen gegangen wäre, hätten sie manchmal die ganze Nacht im Salon verbracht, um zu trinken, zu tanzen und zu flirten, aber ein Blick von Esmé reichte aus, sie nach oben zu scheuchen.
Esmé musste Belle dem hellhaarigen jungen Mann nicht erst empfehlen. Er starrte sie mit offenem Mund an, und Belle kam auf ihn zu, als hätte sie das schon
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