Doch du wirst nie vergessen: Roman (German Edition)
verdächtig. Aber ich fürchte, es könnte im Revier einen Informanten geben. Wenn diese Leute merken, dass wir ihnen auf der Spur sind, machen sie einfach ihren Laden dicht, und dann können wir es vergessen, auch nur eines der Mädchen zu finden oder dafür zu sorgen, dass die Täter zur Verantwortung gezogen werden.« Er machte ein nachdenkliches Gesicht. »Mein Plan ist, keine Zeit mehr zu verschwenden und direkt nach Paris zu fahren, um diese Madame Sondheim unter die Lupe zu nehmen.«
»Selbst wenn sie etwas damit zu tun hat, dann ist sie wahrscheinlich nur diejenige, zu der die Mädchen erst einmal gebracht werden«, meinte Mog zweifelnd. »Sie können mittlerweile überall sein.«
»Vertrauen Sie mir«, sagte Noah lächelnd. »Ich erwarte natürlich nicht, alle zwanzig Mädchen unter dieser Adresse vorzufinden. Ein Freund von mir, der Französisch spricht, wird mich begleiten. Ich denke, zu zweit können wir einiges herausfinden.«
»Ich finde immer noch, es wäre besser, diesen Sly zu finden und ihn zum Reden zu bringen«, beharrte Garth eigensinnig. »Außerdem könnt ihr euch in Paris an niemanden wenden, wenn’s Ärger gibt.«
»Wir kommen schon klar«, sagte Noah fest. »Ich habe meinen Redakteur auf meiner Seite. Er hofft wirklich auf eine sensationelle Story, deshalb hat er uns mit falschen Identitäten und genug Geld ausgestattet, um sämtliche Kosten zu decken. Wir treten als zwei wohlhabende Geschäftsleute auf, die in Paris etwas erleben wollen. Dazu gehören natürlich auch leichte Mädchen!«
Mog nickte. Sie wusste, was Noah meinte, und wenn sein Freund genauso höflich und charmant war wie er, würde es für die beiden kein Problem sein, das Vertrauen einer Bordellbesitzerin und ihrer Mädchen zu gewinnen. »Aber passt gut auf«, schärfte sie ihm ein. »Sehr viele Bordelle beschäftigen Rausschmeißer, um schwierige Kunden loszuwerden, und wenn jemand Verdacht schöpft, dass ihr Nachforschungen anstellt, landet ihr wahrscheinlich in einer dunklen Gasse und werdet zusammengeschlagen.«
»Keine Sorge, Mog.« Noah lächelte sie an. »Wir geben laufend sämtliche Informationen an meinen Redakteur weiter, und wenn uns irgendetwas passiert, kann er sofort loslegen. Er hat auch eine Kopie der Namensliste, und es wird dicke Schlagzeilen über die Polizei geben, die tatenlos zuschaut, wie junge Mädchen verschwinden.«
»Das würde Sie nicht zu uns zurückbringen«, sagte Mog tadelnd.
»Ich komme wieder.« Noah grinste breit. »Ich habe es auf eine feste Anstellung bei der Zeitung abgesehen.«
»Da wären wir«, sagte Noah zu seinem Freund James und betrachtete das hässliche, hohe Haus, das ein wenig zurückgesetzt an diesem Platz im Bezirk Montmartre in Paris stand. »Sieht eher ein bisschen unheimlich aus, nicht wie ein Freudenhaus!«
»Wir müssen uns bei irgendjemandem nach dem Haus und dieser Madame Sondheim erkundigen«, erwiderte James. »Am besten bei jemandem in unserem Alter. Wenn sie hier ein Bordell betreibt, geben es die Leute, die an diesem Platz wohnen, vielleicht nicht gern zu.«
»Ich glaube, auf dem Montmartre nimmt niemand an einemBordell Anstoß«, sagte Noah grinsend. Auf dem Weg von der Place Pigalle waren sie an Dutzenden Straßenmädchen vorbeigekommen, und sie hatten sich vor dem Moulin Rouge die Bilder der Cancan-Tänzerinnen angeschaut. »Einige der Künstler, die hier leben, malen nur Mädchen in Bordellen. Es muss Hunderte geben.«
»Mag sein, aber dieser Platz sieht so aus, als würden hier ganz normale Menschen leben«, sagte James.
James Morgan war das, was die meisten Leute als »Müßiggänger aus gutem Hause« bezeichnet hätten. Als sein Vater die florierende Eisenwarenhandlung seines Großvaters in Birmingham erbte, hatte er sie verkauft und das ganze Geld in die Herstellung von Fahrrädern gesteckt. Er war ein Visionär, und obwohl es viele Leute für Wahnsinn hielten, ein so großes Risiko mit einem Artikel einzugehen, der sich als kurzlebige Modeerscheinung entpuppen könnte, war er davon überzeugt, dass das Fahrrad sehr bald zu einem beliebten Transportmittel werden würde. Er behielt natürlich recht, und da er in die Branche eingestiegen war, bevor irgendjemand sonst dieses Potenzial erkannte, und die ersten Anfangsschwierigkeiten bald überwunden hatte, waren Morgan-Fahrräder zum Inbegriff guter britischer Wertarbeit geworden.
Sein Unternehmen war stetig gewachsen und verkaufte nicht nur auf dem heimischen Markt, sondern exportierte seine
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