Doch du wirst nie vergessen: Roman (German Edition)
sich diese Männer irgendwie minderwertig oder hatten Angst, ein anderer Mannkönnte ihnen ihre Frau wegnehmen. Rollins konnte sich nicht vorstellen, sich selbst jemals so zu verhalten. Wenn Belle seine Geliebte wäre, würde er mit ihr angeben und sich über den Neid der anderen Männer freuen. Was für einen Sinn hatte ein Schatz, wenn man ihn ständig verbergen musste?
Aber der Kapitän war auch ein wenig besorgt wegen Germaines Interesse an Belle. Obwohl der Mann vorgegeben hatte, in Marseille keinerlei weiteren Kontakt mit ihr zu wünschen, wurde Rollins das Gefühl nicht los, dass der Franzose nur auf die Brücke gekommen war, um ihn über Belle auszuhorchen. Was mochte er im Schilde führen?
Er fragte sich, ob er Belle davor warnen sollte, eine Einladung des Ehepaars anzunehmen. Aber bei ihrem aufbrausenden Temperament war es möglich, dass sie die Germaines darauf ansprach, und dann würde sich Arnaud Germaine wohl ein anderes Schiff suchen, um seine Weine nach New Orleans zu transportieren. Vielleicht war es am besten, auf Belles Urteilsvermögen zu vertrauen und nichts zu sagen.
KAPITEL 26
Der Hafen von Marseille war noch lärmender, überfüllter und übelriechender als der von New Orleans. Hinzu kam, dass es dunkel und sehr kalt war und alle Leute nur Französisch sprachen. Belle stand mit ihrem Koffer in der Hand eingeschüchtert am Ende der Gangway und hatte keine Ahnung, wohin sie jetzt gehen sollte.
Sie hatte damit gerechnet, nach Verlassen des Schiffs hier im Hafenviertel auf Anhieb eine Pension zu entdecken, aber alles, was sie sah, waren die schemenhaften Umrisse von Gebäuden, bei denen es sich um Speicher und Lagerhäuser zu handeln schien. Wildfremde Männer versuchten, ihr den Koffer abzunehmen und sie in diese oder jene Richtung zu lotsen, und kleine Jungen zupften an ihrem Mantel und bettelten sie um Geld an.
Auf einmal stand Arnaud Germaine neben ihr. »Warten Sie, ich besorge Ihnen einen Fiaker«, bot er an und nahm ihr den Koffer ab. »Sicher ist hier alles ziemlich beunruhigend für Sie, da Sie kein Französisch sprechen.«
Belle nahm an, dass ein Fiaker eine Droschke war. »Ja, das ist es. Dem Himmel sei Dank, dass Sie gekommen sind«, rief sie. »Ich wäre beinahe schon in Panik geraten, weil ich einfach nicht wusste, wohin ich mich wenden soll. Könnten Sie den Kutscher bitten, mich zu einer Pension zu fahren, die sauber, aber nicht zu teuer ist?«
Seit Belle Madame Germaine gepflegt hatte, waren sie und ihr Mann viel freundlicher zu ihr. Sie hatten an den meisten Abenden zusammen Karten gespielt, und Belle fand Avril recht sympathisch. Aber Arnaud traute sie nicht; er hatte sich zwar größte Mühe gegeben, höflich und charmant zu sein, aber Belle spürte, dass seine Freundlichkeit aufgesetzt war.
»Ich weiß genau das Richtige für Sie, meine Liebe«, sagte er mit einem warmen Lächeln. »Ich bringe Sie persönlich hin und mache Sie mit der Besitzerin bekannt.«
Der Fischgeruch im Hafen war überwältigend. Belle schlug ihren Mantelkragen hoch und vergrub die Nase in dem warmen Fell. Der Gestank kam von einer hell erleuchteten Halle, die keine zwanzig Meter entfernt war; anhand des lauten Stimmengewirrs und Geschreis, das aus dem Gebäude drang, vermutete Belle, dass es der Fischmarkt war.
»Ein interessanter Ort, wenn man ihn tagsüber besichtigt«, bemerkte Arnaud mit einem Lachen in der Stimme. »Aber es macht keinen Spaß, Hummer, Kabeljau und Heringe anzuschauen, wenn man müde ist und friert. Nehmen Sie meinen Arm, dann besorge ich uns einen Fiaker.«
Belle hätte gern gewusst, wo Avril war, aber der Lärm und das Gedränge waren so groß, dass sie sich einfach an Arnaud klammerte und sich von ihm durch die Menschenmassen lotsen ließ.
Er steckte zwei Finger in den Mund und pfiff laut. »Das würde ich auch gern können«, sagte sie bewundernd. »Aber es ist nicht sehr damenhaft.«
Arnaud lachte zustimmend, bevor er Belle darauf aufmerksam machte, wie wirkungsvoll sein Pfiff war, weil schon ein Kutscher mit der Peitsche knallte und seinen Wagen zu ihnen lenkte. »Bald haben wir diesen Tumult hinter uns.«
»Das ist wirklich sehr nett von Ihnen, Mr. Germaine«, sagte Belle, als ihr der Franzose in die Droschke half.
»Es ist das Wenigste, was ich tun kann, nachdem Sie sich so rührend um meine Frau gekümmert haben, als es ihr schlecht ging«, erwiderte er, während er ihren Koffer verstaute. Er wechselte ein paar Worte mit dem Kutscher und stieg ein.
Belles
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