Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Doch du wirst nie vergessen: Roman (German Edition)

Doch du wirst nie vergessen: Roman (German Edition)

Titel: Doch du wirst nie vergessen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lesley Pearse
Vom Netzwerk:
einem einzigen Baumstamm geschnitten worden, dabei beobachtet, wie sie ihre Netze in dem türkisblauen Wasser auswarfen, und nackte braune Kinder gesehen, die vom Kai ins Wasser sprangen, um zu schwimmen.
    Die Crew war freudig erregt über den Zwischenaufenthalt. Unterleutnant Gregson hatte vermutet, dass die Besatzungsmitglieder schon nach einer Stunde an Land sturzbetrunken sein würden. Er hatte Belle erzählt, dass hier häufig Männer ihr Schiff verpassten, manchmal absichtlich, aber meistens aus Versehen, weil sie zu betrunken waren, um es vor dem Ablegen zurück an Bord zu schaffen. Leider gehörte es zu seinen Aufgaben, die ganze Crew am Ende des Abends zusammenzutreiben, was bedeutete, dass er relativ nüchtern bleiben musste.
    Nachdem alle an Land gegangen waren und auf dem Schiff Ruhe einkehrte, fühlte sich Belle sehr niedergeschlagen. Sie versuchte zu schlafen, damit die Stunden bis zur Abfahrt schneller vergingen, aber leider gelang es ihr nicht. Ständig musste sie daran denken, dass zur Zeit ihrer Ankunft in Frankreich bald Weihnachten wäre, und kurz danach würde es genau zwei Jahre her sein, dass Millie ermordet worden war. Unglaublich, dass sie bis zu jener Nacht nicht begriffen hatte, was in einem Bordell vor sich ging. Sie konnte kaum fassen, dass sie jemals so naiv gewesen war. Wahrscheinlich hatten Mog und Annie den Mädchen gedroht, sie vor die Tür zu setzen, wenn sie Belle erzählten, was sich in den oberen Räumen abspielte.
    Wie sehr hatte sich seit damals alles verändert! Sie war Tausende Meilen gereist, von der Jungfrau zur Hure, vom Kind zur Frau geworden. Sie glaubte nicht, dass sie noch etwas über Männer lernenkonnte; alle romantischen Vorstellungen, die sie früher einmal über Liebe und Ehe gehegt hatte, waren verschwunden.
    Belles Lieblingszeitvertreib war es, die Mitglieder der Crew zu beobachten und sich auszumalen, wie sie sich in Marthas Freudenhaus benehmen würden. Gregson, der Unterleutnant, war der jüngste Offizier und unverheiratet. Er war blond und blauäugig wie ein Romanheld, aber Belle war überzeugt, dass er der Typ Mann war, der sich erst sinnlos betrank und dann, wenn es zur Sache ging, schlappmachte.
    Oberleutnant Attlee, ein vierzig Jahre alter verheirateter Mann aus St. Louis, hielt sich für eine Art Don Juan. Belle fand, dass er wie ein Wiesel aussah; er war zwar groß, aber schmal gebaut und hatte kleine, scharfe dunkle Augen, die ständig hin und her schossen, als hätte er Angst, ihm könnte etwas entgehen. Sie spürte, dass er ein Voyeur war, der mehr Spaß daran hatte, anderen beim Sex zuzuschauen, als es selbst zu tun.
    Captain Rollins war schwerer einzuschätzen. Er war eindeutig ein Familienmensch; auf seinem Schreibtisch standen Bilder von seiner hübschen Frau und den drei Kindern, und er sprach sehr liebevoll von ihnen. Trotzdem spürte Belle, dass es noch eine andere Seite an ihm gab, denn als sie ihm von ihrer Zeit bei Martha erzählt hatte, war nicht zu übersehen gewesen, dass ihm eine derartige Umgebung alles andere als fremd war. Sie hatte das Gefühl, dass er ein Mann war, der eine günstige Gelegenheit zu nutzen verstand, und obwohl er sich sicher nie einer Frau aufdrängen würde, schien er der Typ zu sein, der in gewissen Situation auf Frauen sehr verführerisch wirken konnte. Belle vermutete, dass er ein leidenschaftlicher Mann und guter Liebhaber war.
    Der Gedanke brachte Belle zum Lächeln. Vielleicht erwies sich Captain Rollins noch als nützlich, wenn sie Marseille erreichten.
    Belle reichte Avril Germaine, die sich erneut übergeben musste, eine Schüssel und wischte ihr die Stirn mit einem feuchten Waschlappen ab. Die Frau tat ihr aufrichtig Leid. Sie konnte sich noch guterinnern, wie schlecht es Etienne ging, als er seekrank gewesen war, und weil Avril sich offensichtlich sterbenselend fühlte, tat Belle, was sie konnte, um ihr zu helfen. Als Avril sich wieder erbrach, war ihr Gesicht so grün wie die raue Decke, die Belle ihr um die Schultern gelegt hatte, nachdem sie ihr aus der beschmutzten Schlafkoje geholfen hatte.
    »Ich sterbe«, stöhnte Avril.
    »Ganz bestimmt nicht«, sagte Belle energisch, nahm der anderen die Schüssel ab und kippte den Inhalt in einen Kübel. Dann spülte sie die Schüssel mit Wasser aus und gab sie Avril zurück. »Der Sturm wird in ein paar Stunden abflauen, und dann geht es Ihnen gleich wieder besser.«
    Avril war eine hübsche, zierliche Frau mit hellem, lockigem Haar, blassblauen Augen und

Weitere Kostenlose Bücher