Doch du wirst nie vergessen: Roman (German Edition)
sicher schon die furchtbare Nachricht von dem Mord an Millie gehört?«, fragte Mog.
Noah taumelte einen Schritt zurück, als hätte er einen Schlag ins Gesicht bekommen. »Mord?«, keuchte er.
»Ach herrje.« Die Frau runzelte die Stirn, trat einen Schritt näher zu ihm und legte tröstend ihre Hand auf seinen Arm. »Tut mir schrecklich leid, dass ich Sie in so einen Schock versetzt habe. Ich bin gar nicht auf die Idee gekommen, dass Sie es noch nicht wissen könnten, wo Sie doch Reporter sind und alles in den Zeitungen gestanden hat.«
Noah war so entsetzt und fassungslos, dass ihm für einen Moment die Worte fehlten. Er hatte in der vergangenen Woche Ermittlungen für die Versicherung angestellt und sich nicht die Mühe gemacht, eine Zeitung zu kaufen. Er spürte, wie ihm Tränen in die Augen stiegen, und das war ihm mehr als peinlich. »Ich kann es nicht fassen! Wer könnte so ein liebes Mädchen töten? Wann ist das passiert? Ist der Täter gefasst worden?«, brachte er schließlich heraus. Hoffentlich merkte Mog nicht, dass er romantischen Fantasien nachgehangen hatte, was Millie anging!
Mog schlug freundlich vor, sich zu setzen, und erzählte ihm alles. Noah berührte es eigenartig, dass eine Frau, die in einem Bordell arbeitete, so zartfühlend und nett sein konnte. Zuerst erklärte sie, dass sie an jenem Abend außer Haus gewesen und erst zurückgekommen war, als die Polizei den Tatort schon wieder verlassen hatte. Dann schilderte sie ihm den Mord aus der Sicht des jungen Mädchens, das Zeugin der Tat geworden war. Als sie zu der Stelle kam, wo Annie, die Mutter des Mädchens, die Polizei belogen und behauptet hatte, Belle hätte alles verschlafen, musste sie sich mit einem Taschentuch die Tränen aus den Augen tupfen.
Noah wäre nie auf die Idee gekommen, Annie könnte ein Kind haben, schon gar nicht ein fünfzehnjähriges Mädchen, das in diesem Haus lebte. Allein an der Art, wie Mog über sie sprach, ließ sich erkennen, dass dieses junge Mädchen sehr unschuldig war, und er konnte die Vorstellung, dass sie etwas so Furchtbares hatte mitansehen müssen, kaum ertragen.
»Aber um alles noch viel schlimmer zu machen, ist Belle jetzt entführt worden!«, rief Mog. »Direkt von der Straße weg, gestern, als wir bei Millies Beerdigung waren!«
»Oh mein Gott!«, brach es aus Noah heraus. »Sie waren sicher schon bei der Polizei, oder?«
»Ja, natürlich, aber das hat fast nichts gebracht, weil die dort nicht wissen, was Belle gesehen hat, und sich deshalb keine große Mühe geben. Und jetzt wissen wir nicht, was wir machen sollen. Dann ist Annie eingefallen, dass Sie Ermittler sind und Millie wirklich gern hatten. Wir hatten gehofft, Sie würden uns vielleicht helfen.«
Noah, der Journalist, kam nicht umhin zu denken, dass dies der große Fang sein könnte, auf den er immer gehofft hatte. Aber er schämte sich dieses Gedankens noch im selben Augenblick. Er hatte Millie wirklich gemocht, und obwohl er gern derjenige gewesen wäre, der ihren Mörder seiner gerechten Strafe zuführte, konnte er unmöglich aus ihrem Tod Kapital schlagen.
Er hatte nicht gewusst, dass sie eine Hure war, als er ihr zum ersten Mal begegnete. Er war auf der Strand gewesen, kurz nachdem ein Kind von einer Droschke überfahren worden war, und in der Hoffnung, der Erste zu sein, befragte er Passanten über den Unfall. Millie war eine dieser Personen gewesen. Sie war so hübsch undhilfsbereit und machte sich solche Sorgen um das Kind und seine Eltern, dass er sie begleitete, als sie sagte, dass sie heimgehen müsste. Erst bei Jake’s Court war sie damit herausgeplatzt, was sie war. Er hatte geantwortet, das wäre ihm egal, er hätte sie trotzdem gern.
Bevor er Millie kennenlernte, war er nur einmal in einem Bordell gewesen, und auch das wäre nicht passiert, wenn ihn nicht ein Freund dort hingeschleppt hätte, als er betrunken war. Ihm missfiel die Vorstellung, dass ein Mann eine Frau kaufen konnte, als wäre sie eine Tüte Zucker oder ein Sack Kohle. Aber er sehnte sich danach, Millie wiederzusehen, und so sehr es ihm widerstrebte Annie’s Haus aufzusuchen, war es die einzige Möglichkeit, sie zu sehen.
Bei jenem ersten Besuch wollte er nicht einmal mit ihr schlafen. Er sagte zu ihr, dass er einfach nur mit ihr zusammen sein wollte, also gingen sie auf ihr Zimmer und redeten und küssten sich.
Beim nächsten und bei den darauffolgenden Besuchen hatte er Sex mit Millie – er konnte sich einfach nicht beherrschen, als er
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