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Doch du wirst nie vergessen: Roman (German Edition)

Doch du wirst nie vergessen: Roman (German Edition)

Titel: Doch du wirst nie vergessen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lesley Pearse
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Geldbörse mitgehen zu lassen, und Noah hatte unzählige Leidensgeschichten gehört, die ein Herz aus Stein hätten erweichen können. Aber andererseits war er selbst kein Ziel für Diebe: SeineKleidung war billig, und er besaß weder eine dicke Brieftasche noch eine Uhr, die zu stehlen sich lohnte.
    Vor dem Ram’s Head schrubbte gerade ein buckliger alter Mann den Bürgersteig.
    »Guten Morgen«, sagte Noah höflich. »Ist Jimmy da?«
    »Tja, weiß ich nicht genau«, antwortete der Bucklige, wobei er die Worte auffallend in die Länge zog. »Ob er nämlich für Sie da ist, meine ich«, fügte er nach einer Kunstpause hinzu.
    »Dann könnten Sie ihn vielleicht fragen, ob er Mr. Bayliss sehen möchte. Es geht um Belle Cooper«, gab Noah zurück.
    Der Bucklige wackelte in einem krebsartigen Seitwärtsgang, der noch eigenartiger wirkte als seine Sprechweise, in die Schänke. Noah folgte ihm, hielt aber Abstand.
    Das Ram’s Head war eines der besseren Wirtshäuser in Seven Dials. Es hatte seit Jahren keinen Pinselstrich Farbe mehr gesehen, die Holzdielen knarrten, und der Boden war rau und uneben, aber selbst an einem Samstag um zehn Uhr morgens, zu früh für Gäste, verströmte es eine anheimelnde Atmosphäre. Am hinteren Ende des Raums brannte ein Feuer im Kamin, und die Theke war blank poliert. Es überraschte Noah nicht, dass die Kneipe beliebt war; wahrscheinlich war es hier drinnen behaglicher und wärmer als in den meisten Häusern der Umgebung.
    »Jimmy!«, rief der Bucklige am Ende der Theke. »Da will jemand wegen Belle Cooper mit dir sprechen.«
    Das Trappeln von Füßen auf Steinstufen war zu hören, und ein sommersprossiger, rothaariger junger Bursche kam in den Schankraum gelaufen. Seine Hosen waren unterhalb der Knie nass, als hätte er gerade den Boden aufgewischt.
    »Hat man sie gefunden?«, stieß er hervor.
    Noah schüttelte den Kopf. Anscheinend hielt ihn der Junge für einen Polizeibeamten in Zivil. Jimmys Miene verdüsterte sich. »Aber Sie haben Beweise, dass sie entführt worden ist?«
    »Wie kommst du auf die Idee, sie könnte entführt worden sein?«, fragte Noah.
    Jimmy starrte Noah einen Moment lang an. Sein Gesichtsausdruck wurde wachsam, als hätte er Angst, etwas Falsches zu sagen. »Sagen Sie mir erst mal, wer Sie sind«, verlangte er.
    Noah schlenderte zu einem Tisch am Kamin. »Wollen wir uns nicht setzen?«
    Jimmy nickte, setzte sich aber auf die Sitzkante, als wäre er jeden Moment zur Flucht bereit. Der Bucklige ging wieder nach draußen.
    Noah erklärte, dass er nicht von der Polizei, sondern ein Freund von Millie sei und Miss Davis sich an ihn gewandt habe, um ihn um Hilfe zu bitten. »Ich habe mich einverstanden erklärt, weil ich Millie wirklich gern hatte«, sagte er. »Und ich hoffe, du hilfst mir, weil du Belle gern hast. Alles, was du mir sagst, bleibt unter uns.«
    Der Argwohn auf Jimmys Gesicht verschwand und wich ungestümem Eifer. »Ich habe schon gehört, dass Annie und diese Mog gestern gegen halb sechs überall herumgefragt haben, ob irgendjemand Belle gesehen hat. Ich wollte ihnen helfen, aber mein Onkel   – er ist hier der Wirt   – hat gesagt, dass Annie mir den Kopf abreißt, wenn sie erfährt, dass Belle sich mit mir unterhalten hat«, ratterte er hervor wie ein Maschinengewehr. »Später am Abend hat Onkel Garth mir erzählt, dass er Belle gegen vier Uhr gegenüber vor der Pfandleihe bemerkt hat. Er dachte, vielleicht will sie etwas versetzen, um durchzubrennen.«
    »Warum hat er das nicht Annie erzählt?«, fragte Noah.
    »Na ja, ich bin froh, dass er’s nicht getan hat, weil ich wusste, dass sie da auf mich gewartet hat, und darüber hätten sich bestimmt alle aufgeregt. Aber ich war zu der Zeit nicht hier, ich musste nach King’s Cross, um jemandem eine Nachricht zu überbringen.«
    »Und warum glaubst du, dass sie entführt wurde und nicht einfach weggelaufen ist?«
    »Wegen der Dinge, die sie mir über den Mord an Millie erzählt hat.«
    »Und zwar?«
    »Ich musste ihr versprechen, es nicht weiterzusagen.«
    Noah gefiel, wie ehrlich und zuverlässig der Junge war. »Ich glaube, sie hat dir erzählt, was Miss Davis auch mir erzählt hat, nämlich, dass sie den Mörder gesehen hat«, sagte Noah. »Wenn ich recht habe, musst du mir sagen, was du weißt, denn der Mann, der Millie umgebracht hat, ist mit ziemlicher Sicherheit für Belles Verschwinden verantwortlich.«
    »Glauben Sie, er könnte sie töten?«, fragte Jimmy angstvoll.
    Noah nickte. »Ich

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