Doch du wirst nie vergessen: Roman (German Edition)
wieder in ihrem warmen, anheimelnden Zimmer war und sie ihr Kleid auszog und in Unterwäsche vor ihm stand. Es war wunderschön, das Aufregendste, was er je erlebt hatte, aber es war nicht nur der Sex. Er mochte alles an ihr, ihr liebes, freundliches Wesen, ihre seidige Haut und ihr strahlendes Lächeln.
Vielleicht machte er sich etwas vor, aber er glaubte, dass sie ihn ebenso gern hatte wie er sie, und im Verlauf der nächsten sechs bis sieben Wochen kam er jeden Montag, dem ruhigsten Abend bei Annie, zu ihr. Aber bei seinem letzten Besuch war Millie schon vergeben, und er war deswegen so niedergeschlagen und verletzt, dass er in der nächsten Woche fernblieb. Jetzt war sie tot, und er würde sie nie wieder in den Armen halten.
»Hören Sie, Miss Davis, ich bin kein Detektiv«, erklärte er. Seine Stimme bebte. »Millie hat mir wirklich viel bedeutet, und ich würde ihren Mörder nur zu gern hängen sehen, und genauso gern würde ich Ihnen helfen, Belle zu finden, aber ich habe keine Ahnung, wie ich das anfangen soll.«
»Sie könnten bestimmt etwas herausfinden«, sagte Mog und sah ihn flehend an.
Noah seufzte. »Ich denke, ich könnte damit anfangen, mit den Leuten in Seven Dials zu reden. Einige von ihnen wissen vielleicht etwas. Möglicherweise weiß auch bei der Zeitung jemand, welchen Polizisten man in der Bow Street um Informationen anzapfen kann.«
»Mrs. Cooper erwartet nicht, dass Sie das gratis machen«, erklärte Mog hastig. Sie nahm an, dass er wie die meisten jungen Männer ständig knapp bei Kasse war. Gleich beim ersten Mal, als er zu Annie kam, hatte sie gemerkt, dass er ein netter Mann war. Ihr gefielen seine rosigen Wangen und sein welliges Blondhaar, das sich einfach nicht glätten ließ, egal, wie viel Öl er hineinschmierte. Er war nicht hübsch – seine platte Nase erinnerte sie an einen Pekinesen, und er hatte abstehende Ohren –, aber sein Gesicht war ehrlich, und es gefiel ihr, dass er sich wirklich etwas aus Millie gemacht hatte und nicht nur seine Lust bei ihr befriedigen wollte.
Als sie feststellte, dass er im Gästebuch seine richtige Adresse angegeben hatte, bestätigte das ihre Vermutung, dass er ein ehrlicher Mensch war. Und dass er in einem so respektablen Haus lebte, konnte als weiterer Beweis gelten.
»Es versteht sich von selbst, dass der Falke oder Mr. Kent ein sehr gefährlicher Mann ist. Wir sind außerdem überzeugt, dass eine Menge Leute auf seiner Lohnliste stehen; Sie müssen also sehr vorsichtig sein.«
»Haben Sie irgendeine Idee, wohin er Belle gebracht haben könnte?«, fragte Noah. »Ich meine, hat er eine Privat- oder Geschäftsadresse, die Ihnen bekannt ist? Verwandte, weibliche Bekanntschaften?«
»Derartige Fragen werden bei uns nicht gestellt«, sagte Mog mit missbilligendem Unterton, als ob er sich das eigentlich hätte denken können. »Belle hat erzählt, dass er mit Millie nach Kent gehen wollte, also hat er dort wohl ein Haus. Bestimmt hat er deshalb auch den Decknamen Kent gewählt. Aber Annie hat Angst, dass er sie verkauft. Sie wissen, was ich meine?«
Noah errötete; seine ohnehin rosigen Wangen waren jetzt feuerrot. »Eine Fünfzehnjährige?«, rief er entsetzt.
»So etwas passiert sogar Mädchen, die noch jünger sind«, sagte Mog angewidert. »Kaum zu glauben, dass manche Männer Gefallen an Kindern finden. Wenn es nach mir ginge, würde man sie an den Füßen aufhängen und jeden Tag ein kleines Stück von ihnen abschneiden, angefangen mit dem sogenannten besten Stück.«
Noah lächelte schief. Er war überzeugt, dass Mog imstande war, genau das mit dem Mann zu tun, der Belle entführt hatte. Allein an der Art, wie sie über sie sprach, merkte man, wie sehr sie das Mädchen liebte. Auch an Millie hatte sie sehr gehangen, und das machte sie ihm umso sympathischer. »Aber warum sollte er das tun? Sie könnte immer noch gegen ihn aussagen.«
»Die meisten Mädchen, die auf diese Weise verkauft werden, tragen schweren seelischen Schaden davon«, sagte Mog. Ihre Augen füllten sich mit Tränen. »Sie tun, was von ihnen verlangt wird, und flüchten mit Alkohol oder Laudanum vor der Realität. Andere werden so hart und skrupellos wie die Menschen, die sie verkauft haben, und oft genauso bösartig. Wie auch immer, sie sind verlorene Seelen.«
Noah schluckte. Die Bilder, die Mog heraufbeschwor, gefielen ihm gar nicht. »Ich werde versuchen, Informationen zu beschaffen«, sagte er. »Und jetzt erzählen Sie mir bitte etwas über Belles
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