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Doch du wirst nie vergessen: Roman (German Edition)

Doch du wirst nie vergessen: Roman (German Edition)

Titel: Doch du wirst nie vergessen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lesley Pearse
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Hand, denn sie wusste, dass genau das ihrer Freundin passiert war, als sie im selben Alter gewesen war wie Belle.
    Annies Lippen bebten. Sie drückte Mogs Hand und bemühte sich krampfhaft, jede Erinnerung an das Grauen dessen, was ihr vor fünfundzwanzig Jahren zugestoßen war, zu unterdrücken.
    Es war die schmerzlichste, widerwärtigste und demütigendste Erfahrung ihres Lebens gewesen, und noch heute, nach all den Jahren, konnte sie den Schweiß des Mannes, den Whisky in seinem Atem riechen und fühlen, wie es gewesen war, bei lebendigem Leib von seinem massigen Körper zerquetscht zu werden. Sie hatte geschrien, weil es so wehtat, aber das schien ihm zu gefallen, und als es endlich vorbei war, untersuchte er ihren Intimbereich und freute sich, als er Blutspuren entdeckte.
    Damals war sie noch ein Kind gewesen. Sie hatte keine Brüste gehabt, bloß einen schmächtigen kleinen Körper wie ein Junge!
    Heute wusste Annie, dass sie nur eines von Tausenden Kindernwar, die auf der Straße aufgegriffen und verschleppt wurden. Überall in London bezahlten Bordellbesitzer Leute, häufig mütterlich wirkende Frauen, dafür, hübsche junge Mädchen für dieses Gewerbe zu beschaffen. Meistens wurden die Mädchen ähnlich wie Annie behandelt, eingesperrt und ausgehungert, um sie gefügig zu machen. Manchmal wurden sie auch geschlagen, bis ihr Wille vollständig gebrochen war.
    Ein paar Jahre später hatte sie die Kraft gefunden, dem Elend dieses Bordells zu entfliehen, und hatte das Glück, in das vergleichsweise sichere Haus in Jake’s Court zu finden. Dort lernte sie, das Gewerbe, das ihr das Schicksal beschieden hatte, zu ertragen, wenn nicht gar zu mögen. Manchmal, wenn sie mit den anderen Mädchen zusammen war, war sie sogar glücklich.
    Als die Gräfin ihr das Haus hinterließ, spielte Annie mit dem Gedanken, es zu verkaufen und von dem Geld ein Geschäft in einem achtbaren Stadtviertel zu eröffnen. Aber ihr Gewerbe war alles, was sie kannte, und was sollte aus Belle und ihr werden, wenn sie in einer anderen Branche scheiterte und all ihr Geld verlor?
    Sie dachte lange und gründlich darüber nach und kam schließlich zu dem Schluss, dass es, solange Männer den Drang nach Sex hatten, immer Leute geben würde, die daraus Geld schlugen. Also traf sie die Entscheidung, in der Branche zu bleiben, gelobte sich aber, ein gutes Haus zu führen. Sie würde nur Mädchen nehmen, die freiwillig kamen und Erfahrung hatten. Sie würde sie gut ernähren, auf ihre Gesundheit und Reinlichkeit achten und ihnen nicht alles wegnehmen, was sie verdienten. Das schien ein akzeptabler Kompromiss zu sein.
    Niemals hatte sie einem Kunden ein Kind angeboten, und das würde sie auch nie tun. Sie war oft darum gebeten worden, eins aufzutreiben, aber diesen Männern hatte sie sofort die Tür gewiesen und ihnen unmissverständlich klargemacht, was sie von derartig kranken Praktiken hielt.
    Nun, da Belle verschwunden und möglicherweise drauf und dran war, von einem brutalen Kerl missbraucht zu werden, erkannte sie,wie dumm es von ihr gewesen war, etwas Derartiges nicht vorauszusehen. Wie hatte sie sich einbilden können, Belle könnte sicher und behütet aufwachsen, wenn sie in einem Bordell lebte?
    »Du hattest recht, ich hätte sie in ein Pensionat geben sollen«, sagte Annie mit brüchiger Stimme. »Es war unverantwortlich, sie hier bei mir zu lassen.«
    Annie wusste genau, warum sie Belle nicht weggeschickt hatte. Belle war das einzig Gute in ihrem Leben, im Grunde ihr einziger Grund zum Leben. Sie hatte geglaubt, wenn sie ihre Tochter in ihrer Nähe behielt, könnte sie verhindern, dass ihr jemals etwas Schlimmes zustieß.
    Sie sah in Mogs tränenfeuchte Augen. »Selbst wenn das nicht passiert wäre, früher oder später hätte sie mitbekommen, was hier läuft.«
    »Hör auf, dir Vorwürfe zu machen, und denk lieber darüber nach, wer uns helfen könnte.« Es war für Mog keine Genugtuung, dass ihr Vorschlag, Belle wegzuschicken, richtig gewesen war. Außerdem hatte sie zwar immer darauf gedrängt, war aber insgeheim erleichtert gewesen, wenn Annie ablehnte. Belle bedeutete ihr so viel, dass schon ein einziger Tag ohne sie zu lang wurde.
    »Wie war noch der Name dieses Mannes, der Millie so gern hatte? Der jungenhafte mit den roten Backen. War er nicht so eine Art Ermittler?«
    Annie runzelte die Stirn. »Noah Bayliss! Ich glaube, du hast recht. Millie hat erzählt, dass er noch dazu für eine Zeitung schreibt. Aber wie finden wir

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