Doch du wirst nie vergessen: Roman (German Edition)
Glückspilz aller Zeiten gehalten hatte, weil er für Jacques arbeiten durfte.
»Ich konnte es kaum fassen. Er schickte mich nach London, wo ich in einem hübschen Viertel namens Bayswater wohnte. Ich bekam Englischunterricht und Lektionen über die Lebensweise der englischen Aristokratie, damit ich sie besser bestehlen konnte. Aber wenn ich vorher einen Diamantring oder ein Paar Smaragdohrringe, die jemand auf einem Tisch liegen gelassen hatte, mitgehen ließ, musste ich jetzt Safes mit Juwelen im Wert von Tausenden Pfund ausräumen oder jemanden mit einem Trick hereinlegen, der den Betreffenden um eine beträchtliche Summe erleichterte.«
Er erzählte, dass es ein paar Jahre lang sehr angenehm war, maßgeschneiderte Anzüge und Seidenhemden zu tragen und in den besten Hotels zu wohnen, und dass er mehr Geld verdiente, als er sich je erträumt hatte. Aber einmal hätte ihn die Polizei fast erwischt, und er ging nach Frankreich zurück, um eine Weile in Deckung zu gehen. In dieser Zeit fuhr er nach Marseille und verliebte sich dort in ein Mädchen. Er wollte sie heiraten, und er hatte das Gefühl, dass es an der Zeit war, etwas mit dem Geld anzufangen, das er verdient hatte, und ein legales Geschäft aufzumachen, bevor ihn sein Glück verließ.
»Ich erzählte Jacques, was ich vorhatte, und er verlangte von mir, noch weitere zwei Jahre für ihn zu arbeiten. Als die vorbei waren, ging ich nach Marseille zurück und heiratete Elena. Zusammen mit ihrem Bruder, der gelernter Koch ist, eröffneten wir ein Restaurant. Aber ich lag falsch, als ich annahm, ich könnte mich einfach von Jacques verabschieden; er mag es gar nicht, wenn jemand aus seinem Netz entkommt. Gelegentlich meldet er sich bei mir, damit ich einen Auftrag für ihn übernehme, und ich kann nicht ablehnen.«
»Aufträge wie der, mich abzuholen?«, fragte Belle.
»Nein, ich habe dir doch gesagt, dass ich so etwas noch nie gemacht habe. Es ging bisher vor allem um Einschüchterung«, erklärte Etienne. »Meistens muss ich jemandem drohen, der nicht richtig spurt oder Jacques in die Quere gekommen ist. Ich muss häufig Gewalt anwenden, aber da es sich bei diesen Leuten um Gangster und Ganoven handelt, hat es mich nie weiter gestört. Aber jetzt wünschte ich, ich hätte mich einfach geweigert, weiter für ihn zu arbeiten, sowie ich das Restaurant hatte.« Er seufzte. »Es hätte ihm gar nicht gefallen, und er hätte mir mit Sicherheit Steine in den Weg gelegt, aber jetzt hänge ich noch tiefer mit drin.«
Belle hörte aufmerksam zu und fragte ihn, ob es nicht eine Möglichkeit gäbe, aus der Sache herauszukommen.
»Indem ich dich hierhergebracht habe, bin ich in einer noch schlechteren Position«, antwortete Etienne düster. »Abreibungen unter Ganoven werden im Allgemeinen akzeptiert, aber ein so junges Mädchen zu verkaufen – damit hat Jacques mich mehr denn je in der Hand.«
»Was hält Ihre Frau davon?«, wollte sie wissen.
»Sie denkt, dass ich für einen Geschäftsmann mit weitverzweigten Verbindungen arbeite, und obwohl sie es nicht mag, wenn ich unterwegs bin, mag sie das Extrageld, das ich mit nach Hause bringe. Wenn ich ehrlich bin, hat es mir immer Spaß gemacht, der starke Mann zu sein, der Reibereien unter Kriminellen regelt. Aber jetzt fühle ich mich gar nicht wohl in meiner Haut. Junge Mädchen zu verschachern, ist eine schlimme Sache, und ich möchte nichts damit zu tun haben. Und schon gar nicht möchte ich, dass meine Frau und meine Kinder je erfahren, was ich getan habe.«
»Irgendwie sind wir in derselben Zwickmühle, stimmt’s?«, sagte Belle bedrückt. »Ich kann Ihnen nicht weglaufen, weil ich Angst habe, was dann aus Ihnen wird. Und Sie können mir nicht helfen, weil Sie Angst um Ihre Frau und Ihre Söhne haben.«
Er wandte sich zu ihr um und nahm ihr Gesicht in beide Hände. »Belle, wenn ich wissen könnte, dass du wirklich in Sicherheit bist, würde ich das Risiko eingehen. Ich könnte Jacques einfach erzählen, dass die Einwanderungsbehörde dich geschnappt hat, und er müsste es mir glauben, weil er es ohnehin nicht nachprüfen könnte. Aber was würde dann aus dir werden? Entweder du suchst dir hier Arbeit, mit all den Risiken, die eine gefährliche Großstadt für ein junges Mädchen birgt. Oder du erzählst den Behörden, dass du illegal ins Land gebracht worden bist, und bringst sie dazu, dich nach Hause zurückzuschicken.«
Offenbar machte Belle ein hoffnungsvolles Gesicht, aber Etienne schüttelte den
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