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Doener, Machos und Migranten

Titel: Doener, Machos und Migranten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Betuel Durmaz
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die Kinder das schön finden.» Der Kulturunterschied unter den türkischen Gastarbeitern selbst machte sich deutlich bemerkbar. Meine Eltern waren es gewohnt zu feiern. In Istanbul gingen sie oft in Tanzlokale mit Livemusik.In Deutschland tanzten und feierten sie nun auf den Festen des Fußballvereins.

    1974 wurde ich in dieselbe Grundschule eingeschult, in der mein Bruder mittlerweile die vierte Klasse besuchte. Der Ausländeranteil an dieser Schule war nicht besonders hoch. In meiner Klasse gab es nur ein einziges Mädchen mit Migrationshintergrund – mich. Die Grundschulzeit verlief ähnlich relativ unproblematisch wie die meines Bruders. Ich war vom Religionsunterricht befreit und durfte mir aussuchen, ob ich in der evangelischen oder katholischen Religionslehre dabei sein wollte. Ich entschied mich für den katholischen Unterricht. Die Religionsstunden mochte ich besonders gern, denn ich konnte abschalten und wurde nicht einmal aufgerufen, um etwas zu wiederholen.
    Bei den Hausaufgaben konnten meine Eltern uns nicht helfen. Sie sprachen zwar mittlerweile Deutsch, aber ihre schriftsprachlichen Kenntnisse reichten nicht aus. So waren mein Bruder und ich immer auf uns selbst angewiesen. Eine Hausaufgabenbetreuung oder spezieller Förderunterricht wurde damals noch nicht angeboten. Nach der Schule gingen wir direkt nach Hause. Jeder von uns hatte einen Schlüssel. Gemeinsam machten wir uns das vorgekochte Essen warm. Mitunter konnte mein Vater nicht da sein, weil er doch tagsüber arbeiten musste – schließlich hatte er keinen Einfluss auf den Schichtplan. Manchmal war er aber auch so müde von der Arbeit, dass er schlief.
    Nach dem Essen erledigten wir die Hausaufgaben. Anschließend mussten wir den Nachmittag bis 15 oder 16 Uhr herum bekommen, bis unsere Eltern Feierabend hatten. Oft hätte ich gerne Schulkameradinnen, die in der Nähe wohnten, besucht, doch die wenigsten von ihnen hatten Zeit. Entweder war Musikschule oder Ballett angesagt oder die Großelternkamen zum Kaffee. Nicht selten hieß es auch: «Kerstin muss noch für das Diktat üben.»
    Das alles war mir gänzlich fremd, denn zu mir sagte niemand so etwas. Kein Wunder also, dass ich ganz neidisch auf die Aufmerksamkeit und Zuwendung wurde, die meine Klassenkameraden erfuhren. Vielleicht entwickelte ich deswegen einen besonders großen schulischen Ehrgeiz. Ich wollte genauso sein wie meine deutschen Freundinnen.
    Wenn ich einmal unangemeldet bei einer Schulkameradin an der Tür klingelte, wurde ich nur äußerst selten hereingebeten. Ich bildete mir ein, das habe etwas mit meinem türkischen Hintergrund zu tun. Belegen konnte ich es natürlich nicht, es war mehr ein Gefühl. Wenn ich eine Freundin mitbrachte oder jemand bei uns anschellte, war es selbstverständlich, dass der Schulfreund oder die Schulfreundin zu uns in die Wohnung durfte. Wir mussten unsere Eltern noch nicht einmal fragen. Es war eine Selbstverständlichkeit. Vermutlich haben wir unsere Eltern durch die vielen Kinder, die uns besuchten, arg strapaziert. An manchen Tagen hatten jeweils mein Bruder und ich Besuch von jeweils zwei Freunden. Die Toleranz meiner Eltern hatte sich herumgesprochen, und so kamen sie oftmals müde von der Arbeit nach Hause, wo sie sechs tobende Kinder vorfanden. Dementsprechend sah unsere Wohnung aus. Trotz all dieser Freiheiten mochte ich den Perfektionismus und den Ordnungswahn, der bei den meisten deutschen Familien vorherrschte. Die Unordnung und die zum Teil beschädigten Möbel bei uns störten mich mehr und mehr.

    Nachdem meine Eltern sich ein gebrauchtes Auto leisten konnten, nahmen wir wie fast alle Gastarbeiter-Familien die unwegsame, gefährliche und staubige Fahrt mit dem Auto in die «Heimat» auf uns. Geld für solche Familienurlaube in derTürkei hatten wir immer nur alle vier Jahre. Bevor wir losfuhren, wurde am Rückspiegel ein Talisman in Form einer blauen Glasperle befestigt. Das Auge soll vor Gefahren und Unfällen schützen. Ein zuverlässiges Auto mit Inspektion wäre mir lieber gewesen, denn dann hätte ich mich nicht ständig fragen müssen, ob ich diese Reise wohl lebend überstehen würde.
    Auf der «Todesstrecke», wie wir die Route von Wattenscheid nach Istanbul nannten, kamen jedes Jahr zahlreiche Familien ums Leben. Die Fahrer hatten nur ihr Ziel im Sinn, aber auf so einer langen Reise lässt die Konzentration unweigerlich nach. All das schreckte meine Eltern nicht ab. Besser gesagt, sie hatten keine andere Wahl. Ein Flug

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