Dönerröschen
sagte Danis’ Schwester Selma. »Perlhühner? Die Typen haben’s irgendwie mit Kleintieren, meinst du nicht, Sibel?« Sibel guckte uns von der Bank interessiert zu. »Wolltest du deinem kleinen Bruder einen Hamster kaufen?« Blöd, oder?
»Hi Selma, hi Sibel«, grüßte Schnauze noch mal, jetzt aber richtig und küsste die Mädchen ab.
»Kommst du Meggi, Schatzi?«, fragte Selma Schnauze. Schatzi?
»Wir kommen nach«, sagte Schnauze und zog mich davon. Zum Glück! Sonst wäre sicher wieder etwas passiert – bei meiner Glückssträhne hier.
Mein Freund, der Drogendealer
»Wo gehen wir hin?«, fragte ich.
»U-Bahn! Ich hab da Deal!«
»Einen Deal?«
»Ich verkaufe was. Viel Kohle. Dann gehma McDonald’s. Zu Selma und Sibel.«
Was? Hatte Anne doch recht gehabt? In Neuperlach wurde mit Drogen gedealt. Und ich hab einen Dealer zu meinem besten Freund bekommen. Was sollte ich machen?
»Hier ist das Ding, Alta«, sagte Schnauze und zog aus dem Rucksack ein Micky-Maus-Heft in einer Plastikschutzfolie heraus. Oha! Hatte er die Papiertütchen mit Koks zwischen den Seiten von Micky Maus versteckt? Voll pervers, oder? Ich guckte mich um. Vielleicht wurden wir schon von der Drogenfahndung beobachtet.
Schnauze klopfte auf das Heft in der Schutzfolie. »Druckfrisch!«, sagte er.
»Waas?« ›Druckfrisch‹ bedeutete in der Dealer-Sprache sicher »super Qualität«. Mama! Papa! Ich will nicht in den Knast! Und ich will nichts mit Scheißdrogen zu tun haben! »Ich muss schnell heim«, sagte ich.
»Jetzt mach kein’ Stress, Alta!«, sagte Schnauze. »Hier geht’s um viel Money. Siehst du? Das is’ Nummer 2!« Was laberte der? Ich hatte jetzt andere Sorgen im Kopf als Micky Maus. Von mir aus konnte es die Nummer 69 sein. Ich wollte weg! Doch inzwischen hatte Schnauze sein Heft wieder in den Rucksack gesteckt und zerrte mich ins U-Bahn-Zwischengeschoss.
In der Ecke hinter dem Kiosk stand ein dürrer Mann in Jeans, ständig guckte er sich um, Angstschweiß auf der Stirn. Der brauchte eindeutig seinen Schuss. Und mein bester Freund hier brachte ihm den Stoff. Shit! »Hallo, Jungs!«
»Hallo, Herr Kramer!«, sagte Schnauze, holte das Micky-Maus-Heft aus dem Rucksack und steckte es dem Typen zu. »Da ist es!«
»Super!«, sagte den Typ und begann vorsichtig im Heft zu blättern. »Wahnsinn! Wirklich! Die echte Nummer 2 von 1951. Ja! Hier steht sogar noch der Preis: 75 Pfennig. Kein Nachdruck. Schön!« Mann! Was redete der Typ zusammen. 75 Pfennig? Kein Nachdruck? Er steckte Schnauze ein Bündel 100-Euro-Scheine in die Hand. »Gib mir bitte Bescheid, wenn du wieder etwas findest.«
»Mach ich!«
»Macht’s gut, Jungs!«
Ich fühlte mich wie eine Nonne im Swingerclub. »Du hast für ein Micky-Maus-Heft von 1951 ein paar Hundert Euro gekriegt, Mann?«
»Fünfhundert!«, sagte Schnauze. »So druckfrisch sind die ersten deutschen Micky-Maus-Hefte sehr selten.«
»Und wo … wo treibst du die auf?«
»Meist auf dem Flohmarkt.«
»Wie kommst du aber auf diese Typen? Die’s dir abkaufen?«
»Die meisten Sammler hab ich bei eBay kennengelernt. Aber manchmal fahre ich auch zu Comicbörsen hin.«
»Kann man bei eBay nicht erst mit achtzehn verkaufen?«
»Alta, wo lebst du? Was bringt man euch im Gymnasium bei?«
Ich lachte. »Und ich hab schon gedacht, du bist ein Dealer?«
»Ich bin ein Dealer«, sagte Schnauze stolz. »Ein Dealer für Comics!«
»Übrigens hast du vergessen, dein Türkendeutsch zu sprechen«, sagte ich.
»Alles nur Äußerlichkeiten, Alta! Halte dich nicht auf damit. Gehma Meggi?«
Noch an der Theke bei McDonald’s im PEP war ich übelst verwirrt. Sibel und Selma standen neben der Kasse, an die wir uns stellten, und redeten mit zwei anderen türkischen Mädchen. Waren wohl schon fertig mit dem Essen. Gut so! Zumindest konnte ich mir meine Pommes stressfrei reinschieben. »Was willst du?«, fragte mich Natascha an der Kasse. Ihr Namenschildchen hing an ihrer linken Brust wie eine Medaille. Wohl eine Russin.
»Ein McRib-Sparmenü.«
»Mit Cola?«
»Yes!« Sie legte die Pommes auf ein leeres Tablett auf die Theke vor mich und lief für den McRib. Sibel und Selma standen immer noch neben meiner Kasse, warfen mir aber hin und wieder einen Blick zu. Nur sich nicht verunsichern lassen, Mann! Ich holte mir eine Pommes vom Tablett und kaute lässig. Die Blicke von Sibel und Selma wurden immer strenger. Sie schauten arg verdutzt aus. Was heckten die beiden wieder aus? Irgendwie machten mich die
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