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Dönerröschen

Titel: Dönerröschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaromir Konecny
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abholen«, sagte ich. »Meine Eltern sind sowieso unterwegs.« Ich rief Dok noch mal an.
    »Alles klar«, sagte Dok.
    Baba warf wieder einen Blick auf die im Sessel schlafende Oma. »Aber zu Oma kein Wort davon, dass Selma ihre Eltern ausgetrickst und mit Schnauze unter einem Dach übernachtet hat«, sagte er. »Sollte Oma fragen, sind Schnauze und Selma heute aus München angereist, und dein Vater hat sie in Nürnberg am Bahnhof abgeholt.«
    »Mama?«, fragte Leyla. »Darf ich so lügen?« Scheiße! Die haben wir ganz vergessen.
    Saba kam ins Stottern, bekam aber gleich die rettende Idee: »Du sagst zu Oma einfach gar nichts über Selma und Schnauze. Du weißt ja von nichts. Dich wird sie danach sicher nicht fragen. Wenn, fragt sie mich oder Mediha. Wen sonst? Und wir dürfen hin und wieder lügen. Wenn es einer guten Sache dient. Wir sind erwachsen!«
    »He?«, sagte Danis, aber keiner beachtete ihn. Das Thema musste sowieso abgeschlossen werden, weil Oma sich wieder rührte. Damit Leyla aus Versehen nichts Ungehöriges übersetzte.
    Omas Augen gingen auf, sie starrte mich an. Wohl unter der Wucht eines Traums. Oder Albtraums! Scheißeee! Was heckte sie denn jetzt wieder aus?
    »Josch!«, kam aus Leylas Mund das erste Wort von Oma heraus. Um den Gartentisch wurde es still. Ganz still. »Du hast mir und Leyla das Leben gerettet. Was kann ich für dich tun?« Aber hallooo! Vielleicht konnte sie eine Woche lang für mich meine Schulbrotzeit vorbereiten, he, he, he … Doch manchmal überkommt mich ein solcher Leichtsinn. Weiß echt nicht, wo der herkommt. Ich werde wohl nie in eine Spielbank gehen können. Denn wenn der Leichtsinn über mich kommt, und das passiert mir oft genug, setze ich alles auf eine Karte. Echt alles. So auch jetzt: »Ich möchte Bebisch zur Freundin haben!«, rutschte es aus mir heraus. Jawohl! Grabesstille.
    Nur Baba rief plötzlich: »Leyla«, und schüttelte den Kopf: »Nicht übersetzen! Bitte, nicht übersetzen!« Doch Leyla übersetzte schon.
    Oma wurde blass wie Cacik. Nur ihr Kopftuch blieb schwarz. Fünf Minuten herrschte im Garten eine Mordsstille. Wir starrten Oma an, Oma starrte das große Kuchenmesser auf dem Tisch an. Was jetzt? Oma dachte so brutal, dass ich förmlich ihre Gedanken lesen konnte. Auch wenn sie auf Türkisch waren: »Was mache ich jetzt? Er hat mir und meiner Lieblingsenkelin das Leben gerettet. Und ich habe versprochen, ihm jeden Wunsch zu erfüllen. Kann ich jetzt noch zurück? Auf keinen Fall! Das ist eine Frage der Ehre! Die Ehre ist bei uns Türken das Wichtigste. Nicht wie bei den Deutschen. Sich nackt vor fremden Mädchen zu präsentieren …« Ja, solche Gedanken gingen Oma sicher durch den Kopf. Das mit dem Küchenmesser konnte sie sowieso vergessen, so geschwächt sie noch war vom Elektroschock. Deswegen riss sie endlich ihren Blick vom Messer und guckte uns an. Sie machte den Mund auf, sagte etwas und aus Leylas Mund kam: »Und wer wird jetzt Danis Mathe beibringen?« Zur Abwechslung guckten wir uns an. Baba Mediha, Mediha Bebisch, Bebisch mich, Danis Baba. Ja, das gab’s doch nicht? Was hat Oma grade gesagt? Sie lachte. Zum ersten Mal laut, gleich wurde Oma aber wieder ernst. Sie schickte Leyla ins Haus und winkte Baba zu sich. So musste jetzt Baba als Übersetzer herhalten: »Oma sagt, du kannst Bebischs Freund sein, wenn sie das auch will. Aber kein Sex vor der Ehe!«
    »Können wir dann nächste Woche heiraten?«, fragte ich. Selbstverständlich nicht laut. Besser ich sagte gar nichts. Oma wollte auch keine Antworten von mir. »Und du lernst Türkisch!«, legte sie Baba in den Mund. »Ich habe auch schon Deutsch gelernt.« Diesen Satz hatte Baba zwar übersetzt, wunderte sich aber ein bissl über ihn: »He?«
    »Scheiße Elektrik!«, sagte Oma.
    »Evet!«, sagte ich.
    Oma redete weiter mit Baba und ihm weiteten sich die Augen: »Ich werde das in der Hochzeitsnacht persönlich prüfen, ob Bebisch noch Jungfrau ist.« Oma guckte mich mit einem strengen Blick an. Verdammt! Na ja, was soll’s. Mir war alles recht. Wir waren ja erst sechzehn. Mit Prüfungen kannten wir uns aus. Wenn Bebisch bis zu unserer Hochzeit Jungfrau blieb, dann blieb ich’s auch. Oma konnte in der Hochzeitsnacht bei uns beiden nachprüfen, ob wir noch Jungfrauen waren. Mir egal!

    Bei der Grillparty in Sabas Garten übertraf Napoleon sich selbst. Dok hatte ihm türkischen Honig versprochen. Dafür führte Napoleon der Familie seine besten Kunststücke vor: auf den Hinterpfoten

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