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Dog Boy

Dog Boy

Titel: Dog Boy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Hornung
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wussten, dass die milizia den Drogenhandel im Park selbst kontrollierte, aber das änderte nichts am Ergebnis: Der Park war ein ungefährlicher Ort, frei von Bettlern.
    Doch an diesem Abend wimmelte es überall von Hunden. Dimitri zählte mindestens sieben, die überlebensgroß im Schatten auftauchten. Warum war ihm das nie aufgefallen? Er erreichte seine Bank unter den Birken und setzte sich. Auf dem Heimweg hatte er schon oft dort gesessen und sich nach langen Arbeitstagen entspannt. An klaren Herbstabenden wie diesem schimmerte und glitzerte der Park, während die blassen Blätter an ihren Stielen zerrten und dann mit leisem Rascheln ins helle Gras herabregneten. Die Armee der Parkarbeiter hatte noch nicht das Regiment übernommen. Sie würden bald da sein, um die Blätterzusammenzuharken und in Müllsäcke zu stopfen, und um dann die kahle, hässliche Erde dem Schnee zu überantworten, doch in diesem Augenblick glänzte der Park noch ungepflegt. Alles funkelte, und der Himmel war dunkel und wolkenlos. In den sechs Jahren, die er hier wohnte, hatte er solche Abende nur selten erlebt. Er schloss die Augen. Natürlich hatte er auch vorher schon Hunde gesehen und war auch schon von Hunden bedrängt worden. Das ging jedem so. Dennoch war er sehr aufgewühlt.
    Als er ganz in der Nähe ein leises Geräusch hörte, schlug er die Augen auf. Natürlich – ein Hund. Es war ein Moskauer Wachhund, ein Hund, der ihn kannte. Seine kleinen schwarzen Augen funkelten ihn freundlich aus der dunklen Pandamaske an. Dimitri kannte ihn auch, es war der Hund seines Nachbarn. Maltschik setzte sich und wartete, betrachtete ihn immer noch freundlich und wedelte mit dem riesigen Schwanz.
    »Hallo, Maltschik«, sagte Dimitri leise, und Maltschik legte in einer geradezu komischen Begrüßung den riesigen Kopf zur Seite. Hatte Dimitri schon einmal mit einem Hund gesprochen? Nicht dass er sich erinnern könnte. Er streckte die Hand aus, und Maltschik stand sofort auf, kam herübergetappt und leckte sie. Die Zunge war warm, ziemlich rau, sehr behutsam. Und feucht. Dimitri wischte sich die Hand schnell wieder am Hosenbein ab. Dann drehte Maltschik sich um, pflanzte seinen massigen Körper direkt neben ihn und drückte sich an Dimitris Knie. Schließlich legte er den Kopf zurück und schaute über die Schulter, um Blickkontakt zu halten. Dimitri streichelte die gewölbte Stirn, ließ die Hand über den dicken Nacken und die massigen Schultern gleiten. Maltschiks dichtes Fell hing so lose an seinem Körper, dass es unter Dimitris Händen Faltenwarf. Der baumstammdicke Hals und die sich kräuselnden Muskeln lagen tief unter all dieser kuscheligen Wolle verborgen. Dimitri lächelte und massierte den Hund weiter. Er blickte in beide Richtungen den Parkweg entlang und beugte sich dann vor, um an seinen Fingerspitzen und Maltschiks Nacken zu schnuppern. Der Hund roch ziemlich gut. Viel besser als Romotschka. Juri Andrejewitsch wusch ihm bestimmt das Fell. Dieser massige Körper voll Seifenschaum in einer kleinen Badewanne? Wie lächerlich. Rubbel-rubbel. Doch einen Hund, mit dem man zusammenlebte, musste man waschen.
    Er lehnte sich zurück und streichelte ihn verlegen. Maltschik einen Namen zu geben, war bestimmt nicht so einfach gewesen. Wie sollte man ihre richtigen Namen kennen? Junge, Mädchen, Mutter, Vater, Welpe – das war das einzig wirklich Verbindende. Dimitri spürte, wie ihn ein Gefühl der Schwäche übermannte: Er war nicht nur erschöpft, sondern hatte auch Hunger. Er seufzte. Natalja interessierte sich nicht besonders für Essen. Sie kochte nur selten, mit unvorhersehbarem Ergebnis und großem Getue. Ich koche für dich, siehst du? Ob sie gekocht hatte oder nicht, er hatte nie etwas gesagt und verwirrt geschwiegen, als sie das Thema ansprach. Natalja war stets vor ihm zu Hause, doch in letzter Zeit fand er es anstrengend, sie bei seiner Ankunft von Kochgerüchen umhüllt, mit triumphierendem, überlegenem Lächeln anzutreffen.
    Aber vielleicht hatte sie eingekauft. Möglicherweise lag es am Einfluss der Hunde, jedenfalls hatte er Lust auf otbiwnaja . Das Essen, von dem ein Hund träumte: ein großes Stück Fleisch, blutig, gut angebraten. Mit Zwiebeln. Er würde kochen, und sie würden zusammen essen.
    Dimitri stand auf. »Komm, Maltschik«, sagte er, und siegingen nach Hause. Dimitri war noch nie an der Seite eines Hundes gegangen. Maltschik trottete mit löwenmäßigem Gang und unablässig zuckender Stirn neben ihm her. Ab und zu

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