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Dog Boy

Dog Boy

Titel: Dog Boy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Hornung
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sah.
    »Meine Lieblinge!«, zwitscherte sie und eilte ins Haus, um etwas zu fressen zu holen. Dann stand sie da, sah ihnen zu und sang dabei. Romotschka beugte das Gesicht über die herrliche Mahlzeit und schaufelte sie mit beiden Händen in sich hinein. Am Roma war es ungefährlich, hier brauchte er nicht auf der Hut zu sein, sondern konnte sich ganz aufs Fressen konzentrieren.
    »Letztens haben sie einen wie dich geschnappt, caro «, sagte Laurentia plötzlich. Romotschka blickte auf. Sein Kiefer hörte auf zu mahlen, und die Gnocchi fielen wieder in seinen Napf.
    »Aber der war wirklich ein Hundejunge.« Sie fuchtelte mit den Fingern in der Luft und ließ ihre riesige Pranke springen wie einen Hund. »Es stand in allen Zeitungen. Seltsam, was? Ich frage mich, wie viele bambini …«
    »Wo haben sie ihn hingebracht?«, fragte Romotschka gespannt.
    »Ach, in so ein spezielles Heim im Bezirk N., ich weiß den Namen nicht mehr«, sagte Laurentia.
    »Wie heißt es?«, schrie Romotschka geradezu.
    »Es fällt mir bestimmt ein. Moment! So iss doch. Es fällt mir gleich ein … Ja, es heißt … Makarenko. Aber beruhige dich doch! Und iss!«
    Romotschka zitterte, er wollte unbedingt aufbrechen. Er schlang sein Essen hinunter, kläffte die Hunde an und lief in die Dunkelheit. Am Ende der Gasse drehte er sich um und winkte Laurentia zum Dank noch einmal zu. Sie stand unter der Straßenlaterne und wartete. Wie immer hob auch sie ihre riesige Pranke.
     
    Romotschka fand das Kinderzentrum ohne große Mühe. Er und die drei anderen schnappten sich in der Metrostation eine Schar kleiner bomsch -Kinder und jagten ihnen solche Angst ein, dass sie bereitwillig alles verrieten, auch mit welcher Metro sie von wo aus fahren mussten. Sie erzählten, dass Kinder, die dort hingebracht wurden, nie wieder auftauchten und dass man Experimente mit ihnen machte. Romotschka verstand nicht, was das bedeutete, und knurrte sie an, damit sie den Mund hielten.
    In letzter Zeit hatten sich die Metrostationen verändert. Er musste ständig in Bewegung bleiben, sonst tauchte die milizia auf, und er musste davonlaufen. Inzwischen hatte er solche Angst vor den Polizisten, dass er bei ihrem Anblick wie gelähmt war. Es schien, als hätte die milizia , zumindest in den Metrostationen, eine ähnlich gute Spürnase entwickelt wie Hunde. Auch die Züge machten Romotschka noch immer nervös. Deshalb ging er lieber zu Fuß von einer Station zur nächsten, während sich der riesige Wurm kreischend durch das Loch tief unter seinen Füßen schob.
    Notfalls konnte er aber auch mit dem Zug fahren. Er hatte vor langer Zeit herausgefunden, dass ihn die Menschen, auch die Uniformierten, die nicht der milizia angehörten, in Ruhe ließen, wenn er sich in einer Ecke des Zugs ganz klein machte und dann knurrend und geifernd die Augen verdrehte. Diesmal hatte er keine Wahl. Er musste mit der Metro fahren, zumindest beim ersten Mal, um sich an die Wegbeschreibung halten zu können, die ihm die Kinder gegeben hatten. Es würde die weiteste Fahrt sein, seit er damals auf der falschen Seite des Flusses gelandet war.
    Er nahm Weiße Schwester mit. Nun, da sie ihr Ohr eingebüßt hatte, war sie nicht mehr so anmutig und hielt sich öfter abseits. Romotschka und sie waren mittlerweile unzertrennlich, und bei der Nahrungssuche in der Stadt war Weiße Schwester so erfahren, dass er sich weiterhin eher auf sie verließ als auf die anderen. Sie widmete ihm ihre ganze Aufmerksamkeit und wich auch nicht von seiner Seite, wenn sie sich einer fauchenden Katze gegenübersahen.
    Die Fahrt zu dem Zentrum verlief ereignislos, doch mit jeder Station wuchs seine Angst. Er spürte, dass der Zug auf den Fluss, diese äußerste Grenze ihres Reviers, zu-brauste, und bekam eine Gänsehaut. Plötzlich wurde die Station ausgerufen, die ihm die Kinder genannt hatten, und er atmete erleichtert auf. Das konnte noch nicht das andere Flussufer sein. Es waren zu wenige Halts gewesen, es war zu schnell gegangen.
    In dieser Station war er noch nie gewesen, sie war wunderschön, und es gab keine bomschi . Aber er blieb nicht stehen, um sich umzusehen. Bomsch -frei war nicht gut. Vielleicht hatte gerade eine Säuberungsaktion stattgefunden, oder sie wurden vertrieben oder verhaftet, sobald sie auftauchten.
    Oben an der Metrotreppe sah er, dass es sich um einen grünen, bedrohlich sauberen Teil der Stadt handelte. Vermutlich war er nicht weit von der Gegend entfernt, in der er mit Weiße Schwester herumgeirrt

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