Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dog Boy

Dog Boy

Titel: Dog Boy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Hornung
Vom Netzwerk:
war, obwohl er wusste, dass er sich flussaufwärts und diesmal am richtigen Ufer befand. Außerdem, das sagte er seinem pochenden Herzen, kannte er jetzt den Namen seiner eigenen Station und würde notfalls irgendwelche Kinder einschüchtern, um weitere Informationen zu erhalten. Er konnte sich nicht wieder verirren.
    Die Autos glänzten. Obwohl die Bürgersteige langsam zerbröckelten, hatte man sie gefegt. Für einen Hund warnichts Essbares zu finden. Katzen sonnten sich auf den Mauern, ohne ihn eines Blickes zu würdigen. Beinahe panisch begann er zu traben und war erleichtert, als er das weiße Gebäude des Zentrums genauso vor sich sah, wie die Kinder es ihm beschrieben hatten: ein altes, frisch gestrichenes Gebäude. Es erinnerte ihn an einen bomsch , der von der Fürsorge kam – rasiert, gewaschen, desinfiziert und frisch eingekleidet. Romotschka und Weiße Schwester sprangen über die ramponierte Straßenmauer, damit sie von der Stadt her nicht gesehen werden konnten, und hockten sich nieder, um alles in Ruhe zu betrachten.
    Das Gebäude hatte viele Fenster, die in der Sonne funkelten; dennoch würde es nicht leicht sein hineinzugelangen. Es war so alt, dass die Abflussrohre noch außen angebracht waren, doch vor den Fenstern waren Metallgitter befestigt, die wie gespreizte Finger vor einem Gesicht aussahen. Schön, aber sehr schwierig, sich hindurchzuzwängen oder drüberzuklettern. Er sah, dass die Fenster auch innen vergittert waren, und das machte das Ganze unmöglich.
    Das vierstöckige Gebäude war deutlich länger als hoch. An der Mauer im Park standen viele frisch gepflanzte Sträucher und ein paar große Erlen und Kastanien, die anscheinend schon so alt waren wie das Gebäude selbst. An der Seite sah er einen neu errichteten Spielplatz, auf dem vier Kinder in leuchtenden T -Shirts herumtobten: rot, blau, grün und lila. Rot und Blau kreischten dabei so laut und ohne jegliche Vorsicht, dass Romotschka die Lippen schürzte. Hauskinder.
    Als er das Gefühl hatte, Welpes neues Zuhause lange genug betrachtet zu haben, kehrte er zur Metro zurück, um die Heimfahrt anzutreten und sich zu vergewissern, dass er das Ganze wiederholen konnte, ohne sich zu verirren.
    Auch an den folgenden beiden Tagen fuhr er zum Zentrum und starrte es stirnrunzelnd von seinem Beobachtungsposten hinter der Straßenmauer an. Er erkundete die dahinterliegende Gasse, durchstreifte den Parkplatz und kletterte nach Einbruch der Dunkelheit über das verschlossene Tor. Der Parkplatz war offen. Es gab keine dieser Blechkästen für Autos, die sich auf beiden Seiten öffnen ließen, was bedeutete, dass außer den Kindern niemand dort wohnte. Die Angestellten wohnten alle woanders, aber sie kamen und gingen zu unterschiedlichen Zeiten, und immer, auch nachts, standen ein paar Autos vor dem Zentrum.
    Der Wachhund war ein lautstarker, aber ängstlicher Bursche, der ihn schon in der zweiten Nacht anhimmelte und ihm bereitwillig alles zeigte. Tagsüber beobachtete Romotschka, wie die Leute kamen und gingen. Falls sich Welpe im Gebäude befand, kam er mit keinem dieser Leute heraus.
    Am vierten Tag zog er die Kleidungsstücke an, die noch halbwegs annehmbar aussahen. Die Sauberkeit und Schönheit von Welpes neuem Territorium beunruhigten ihn; vielleicht sollte er irgendwo ein gutes Jackett und eine gute Hose auftreiben, die er nur für seine Fahrten zum Zentrum benutzte. Er stand im Regen vor der Ruine und blickte an sich hinunter. Na ja, fürs Erste sah er in diesen alten Sachen ganz gut aus. Er wischte ein paar Spritzer festgetrockneten Schlamm ab. Richtig menschlich. Diesmal würde er der Junge sein, nicht der Hund, und wenn sie die milizia verständigten, dann würden sie überrascht sein, was wirklich in ihm steckte. Er straffte die Schultern.
    Im Park vor dem Zentrum bedeutete er Weiße Schwester, zu warten und sich wie die anderen alten Streuner zubenehmen, während er mit wild pochendem, ihm die Luft abschnürendem Herzen das bedrohliche weiße Gebäude betrat.
     
    Er erstarrte, bereit zu flüchten. Drei geschlossene Türen, die Eingangstür hinter ihm und das Treppenhaus vor ihm. Die großen Fenster waren nutzlos, das wusste er schon. Er hörte, wie sich die Tür hinter ihm schloss, vergewisserte sich, dass kein Schloss klickte, und umklammerte, die Beine gegrätscht und die Knie gebeugt, seine Keule. Die Frau hinter dem Schreibtisch starrte ihn mit großen Augen an, während sie ihre Hand nach oben schob, um sich ein kleines Tuch

Weitere Kostenlose Bücher