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Dogma

Dogma

Titel: Dogma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond Khoury
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rechts, diagonal zur Bahn des Jeeps, aber er lag noch immer ein paar hundert Meter zurück, als er sah, wie der Geländewagen eine schmale Straße erreichte, auf der er sich in gerader Linie fortbewegte. Niedergeschlagenheit überkam ihn, er hatte keine Chance aufzuholen.
    Dennoch weigerte er sich aufzugeben, rief den inneren Cowboy in sich wach und trieb das Pferd an, so gut es eben ging. Als er die Straße erreichte, war der Geländewagen längst außer Sicht. Reilly lenkte das Pferd auf den rissigen Asphalt, aber ihm war klar, dass er zu langsam war, um Tess noch einzuholen. Er musste ein anderes Fortbewegungsmittel finden. Ein Auto, einen Lastwagen, ein Motorrad – irgendetwas Motorisiertes, und wenn es nur ein alter, ramponierter Pick-up wäre, dessen Stoßdämpfer unter der Last eines Berges Wassermelonen quietschend einsackten. Tatsächlich holperte ein solches altersschwaches Gefährt wenig später in gemächlichem Tempo über die Straße heran, und der Fahrer hupte, damit Reilly auswich.
    Reilly hatte keine Wahl.
    Er lenkte das Pferd auf die Mitte der Straße und zog dann die Zügel an. Das Tier stand nun quer im Weg. Kaum ein paar Schritte vor ihm kam der Pick-up zum Stehen. In der Fahrerkabine saßen zwei Männer. Der Fahrer schlug erbost auf die Hupe, der Beifahrer lehnte sich aus dem Seitenfenster, und beide schrien und gestikulierten, damit Reilly die Straße freigab.
    Reilly fackelte nicht lange.
    Ein Wink mit der Pistole, ein kleiner Tumult, und Augenblicke später saß Reilly am Steuer und nahm mit einem Pritschenwagen voller Wassermelonen die Verfolgung des Jeeps auf, der in der Ferne verschwunden war.

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Kapitel Neununddreißig
    Mit jedem Schritt, den Tess Zahed und Abdülkerim durch die fremde Landschaft folgte, erschien ihr die Realität unwirklicher.
    Sie wusste nicht mehr, wo sie sich befand. Ihre Augen waren so müde, dass ihre Sicht verschwamm, und ihre Glieder waren wie Blei. Die Strapazen der vergangenen Tage, die Hitze und der Schlafmangel hatten sie an die äußerste Grenze ihrer Kräfte gebracht. Aber mehr als alles andere machte ihr die Sorge um Reilly zu schaffen. Sein Bild stand ihr dauernd vor Augen, und sie quälte die Vorstellung, ihm könnte etwas zugestoßen sein, er könnte womöglich auf dem Berg umgekommen sein … Doch sie wusste, sie würde das nicht so bald erfahren. Im schlimmsten Fall nie. Diese unerträgliche Ungewissheit steigerte noch ihre Orientierungslosigkeit in dieser ständig wechselnden Umgebung.
    Das Tal, durch das sie gerade wanderten, unterschied sich gänzlich von der Schlucht, in der sie das Templergrab gefunden hatten. Überhaupt unterschied es sich von jeder anderen Landschaft, die sie kannte. Es war breiter und von bizarren Formationen riesiger weißrosa Felsnadeln und -kegel umgeben. Da und dort gab es Gruppen von Feenkaminen, pilzförmigen Felsgebilden mit Kappen aus rostrotem Basalt. Rings um diese surreale Szenerie stiegen sanfte Hänge zu einer Krone aus Tuffstein an. Doch was Tess am meisten durcheinanderbrachte, war nicht das Tal an sich, auch wenn es in irritierender Weise an ein gigantisches Tablett voller Baiser erinnerte, sondern die Schlucht darin, die sie gerade durchquerten. Wohin sie auch schaute, überall gähnten ihr dunkle Öffnungen in den Felsformationen entgegen. Es war eine von drei parallel verlaufenden Schluchten, in denen sich das alte, mittlerweile verlassene Dorf Zelve befand, und die Felswände waren durchlöchert von Wohnquartieren, Einsiedeleien, Kirchen und Klöstern, die an den unmöglichsten Stellen in den Felsen gegraben waren. Vom schmalsten Feenkamin bis hin zu den hohen Klippen, die die Schluchten begrenzten, schien es keine glatte Fläche zu geben, aus der nicht ein kleines Fenster herausgehauen war. Über die Region verteilt, verborgen in Tälern und Schluchten, gab es Hunderte Andachtsstätten, deren Wände wahre Schatzkammern byzantinischer Kunst waren.
    Kappadokien war eine der bedeutendsten Wiegen des orthodoxen Christentums, nur noch übertroffen von Konstantinopel. Paulus von Tarsus – der heilige Paulus – war bereits zwanzig Jahre nach der Kreuzigung Jesu predigend durch diese Region gezogen. Bald wurde Kappadokien zum Zufluchtsort der ersten Anhänger des Glaubens, die vor der Verfolgung durch die Römer fliehen mussten; die labyrinthhafte Landschaft bot einen natürlichen Schutz vor Gefahren. Im 4. Jahrhundert brachte Basilius der Große, Bischof des nahegelegenen Kayseri und

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