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Dogma

Dogma

Titel: Dogma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond Khoury
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Hinterbliebenen der Opfer mit ein paar Schecks abgespeist, aber uns nie als verantwortlich bekannt, nicht einmal entschuldigt. Schlimmer noch, die Jungs von diesem Schiff haben Orden bekommen. Orden für außergewöhnliche Verdienste. Was für ein Schlag ins Gesicht für alle Opfer und Hinterbliebenen! Bush senior, der damals Vizepräsident unter Reagan war, hat tatsächlich gesagt: ‹Ich werde mich nie für die Vereinigten Staaten entschuldigen. Niemals. Es kümmert mich nicht, wie die Tatsachen aussehen.›»
    «Die edlen, wohlgesetzten Worte eines wahren Staatsmannes», bemerkte Tess ironisch.
    «Und da wundern wir uns noch, dass solche Verrückten wie deren derzeitiger Präsident so großen Anklang finden, wenn sie gegen uns hetzen und uns den ‹Großen Satan› nennen», fügte Reilly hinzu. «Allerdings haben sie ihre Rache bekommen.»
    «Was meinst du?»
    «Der PanAm-Jumbo, der über Lockerbie gesprengt wurde», antwortete Reilly.
    «Ich dachte, da steckten die Libyer dahinter. Wurden nicht zwei Männer vom libyschen Geheimdienst dafür vor Gericht gestellt, und einer von ihnen stirbt gerade an Krebs oder so?»
    «Der stirbt nicht. Und vergiss, was du gelesen hast – in Wirklichkeit steckte der Iran dahinter.»
    Tess schwieg eine Weile. Schließlich fragte sie: «Ihr hattet in Quantico wohl Geschichtsunterricht, wie?»
    Reilly lachte trocken. «Ein wenig. Aber nicht über solche Dinge. Es wäre wohl nicht besonders geschickt, vor formbaren jungen Agenten in der Grundausbildung unsere schmutzige Wäsche zu waschen. Nicht die beste Motivationshilfe.»
    «Sondern?»
    «Also, ein bisschen was darfst du mir schon zutrauen. Der Iran ist derzeit ein heißes Eisen. Höchste Priorität. Da muss ich einfach den gesamten Hintergrund kennen, um einschätzen zu können, mit wem wir es eigentlich zu tun haben – vor allem wenn sie versuchen, in den Besitz von Atomwaffen zu gelangen.»
    Tess dachte einen Moment lang über das nach, was sie eben gehört hatte. Dann fragte sie Reilly: «Was für ein Gefühl ist das? Zu wissen, dass wir uns die Gegner, gegen die du kämpfst, womöglich selbst geschaffen haben?»
    Er zuckte die Schultern. «Fälle, in denen ein Land dem anderen unrecht tut, ziehen sich durch die gesamte Geschichte. Wir sind daran genauso schuldig wie jedes andere Land, und ein Ende ist nicht abzusehen. Folglich schlage ich mich zu einem erheblichen Teil mit den Bumerang-Effekten der Patzer herum, die andere sich geleistet haben – meist die Genies, die unsere Außenpolitik steuern. Aber das ändert nichts daran, Rambos wie unser iranischer Freund müssen ausgeschaltet werden. Das ist einfach notwendig, und ich habe kein Problem damit, es zu tun. Klar, vielleicht hegt der Kerl eine Menge alten Groll, und vielleicht haben wir die Ereignisse ausgelöst, die ihn zu einem solchen Monster gemacht haben … Aber das ändert nichts daran, was er jetzt ist, und es rechtfertigt auch nicht, was er getan hat.»
    Tess saß grübelnd da. «Meinst du, er hat bei der Sache mit dem Flugzeug vielleicht Angehörige verloren?»
    «Scheint so. Das war 1988, also vor zweiundzwanzig Jahren. Wenn er jetzt vielleicht Mitte dreißig ist, war er damals gerade mal ein Teenager. Es ist bestimmt nicht toll, in dem Alter seine Eltern zu verlieren – falls es so war. Man kann sich leicht vorstellen, wie daraus eine Menge Hass entsteht.»
    «Lieber Gott, ja.» Tess stellte sich den Iraner als Jungen vor, dem mitgeteilt wurde, dass seine Eltern oder seine Geschwister tot waren. Ihre Gedanken wanderten zu Kim, und für einen kurzen Augenblick stellte sie sich ihre Tochter in der Situation vor. Dann fiel ihr etwas ein, das sie von diesem düsteren Szenario wegbrachte. «Ihr müsst doch eine Passagierliste von diesem Flug haben? Eine Liste der Opfer?»
    «Es gibt eine Liste. Aber herauszufinden, wer davon einen Sohn hinterlassen hat, in einem Land, mit dem wir null diplomatische Beziehungen haben, wird nicht leicht sein.»
    «Das zu wissen nützt also auch nichts, um herauszufinden, wer er ist?»
    «Wahrscheinlich nicht.»
    «Du klingst nicht gerade optimistisch.»
    Reilly zuckte wiederum die Schultern, und ihm fiel wieder ein, was ihm neulich auf der Fahrt durch den Kopf gegangen war, nachdem Ertugrul sie vom Flughafen abgeholt hatte. «Seit Ajax haben wir jedes Mal, wenn wir mit dem Iran aneinandergeraten sind, verloren. Die Botschaft in Teheran. Die Hubschrauber in der Wüste. Das Geiseldrama in Beirut. Die Iran-Contra-Affäre. Die

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