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Dogma

Dogma

Titel: Dogma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond Khoury
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hatte keine Hemmungen mehr, die beiden Kodizes herumzuzeigen. Aber letztendlich führte das alles zu nichts. Niemand wusste etwas von einem Hort antiker Bücher, oder falls doch, ließ derjenige sich jedenfalls nichts anmerken.
    Als der Tag zu Ende ging, blieb nur noch ein Name übrig. Es handelte sich um einen Laden für Keramik und Steingut mit einer bemerkenswerten Auswahl bunter, mit kunstvollen Mustern verzierter Kacheln, Teller und Vasen im Schaufenster. Der Besitzer war ein rundlicher, umgänglicher, etwas zurückhaltender Mann in den Vierzigern mit dichten, dunklen Wimpern, mit denen er ein perfektes Übergrößen-Model für Maybelline abgegeben hätte, falls die Marke einmal Mascara für Männer auf den Markt bringen sollte. Sie führten ein etwa zehnminütiges, sehr offenes Gespräch. Außer ihnen war niemand im Laden bis auf die halbwüchsige Tochter des Besitzers, die die Wimpern ihres Vaters, aber nicht dessen korpulente Statur geerbt hatte und wohl eher Chancen als Model gehabt hätte, und eine verhutzelte ältere Frau, die der Ladenbesitzer als seine Mutter vorgestellt hatte. Auch sie hatte keine Antworten auf Tess’ Fragen.
    Obwohl sie Tess nicht helfen konnten, hatte der Anblick des antiken Buches doch ihr Interesse geweckt, wie es schon bei vielen anderen der Fall gewesen war. Die alte Frau schlurfte zu Tess hinüber und fragte vorsichtig, ob sie den Kodex einmal näher ansehen dürfe. Tess reichte ihn ihr. Die Frau schlug ihn behutsam auf, warf einen Blick hinein und blätterte ein paar Seiten um.
    «Das ist wunderschön», sagte sie, ohne aufzublicken. «Was denken Sie, wie alt es ist?»
    «Etwa zweitausend Jahre.»
    Die alte Frau machte große Augen. Sie nickte bedächtig vor sich hin, dann schlug sie den Kodex wieder zu und klopfte sachte auf den brüchigen Ledereinband. «Das ist sicher viel Geld wert, nicht wahr?»
    «Wahrscheinlich», erwiderte Tess. «Darüber habe ich noch gar nicht nachgedacht.»
    Das schien die alte Frau zu überraschen. «Geht es Ihnen nicht darum? Sie wollen das nicht verkaufen?»
    «Nein. Ganz und gar nicht.»
    «Was dann?»
    «Ich weiß nicht genau», dachte Tess laut. «Dieses Evangelium und die anderen, die vielleicht noch irgendwo versteckt sind, sie sind Teil unserer Geschichte. Sie müssen erforscht, übersetzt, datiert werden. Und dann muss der Inhalt allen zugänglich gemacht werden, die mehr darüber erfahren wollen, was sich damals im Heiligen Land ereignet hat.»
    «Das könnten Sie auch erreichen, indem Sie es an ein Museum verkaufen», schlug die Alte vor, und ein lebhafter, ein wenig schelmischer Ausdruck trat in ihre Augen.
    Tess musste lächeln. «Sicher, aber darum geht es mir nicht. Darum ist es mir nie gegangen. Und diese Bücher …» Ihre Miene verdüsterte sich, und sie nahm den Kodex wieder an sich. «Bei der Suche nach ihnen sind viele Menschen zu Schaden gekommen. Dafür zu sorgen, dass ihr Schmerz und ihr Leid nicht ganz vergeblich waren, ist das Mindeste, was ich tun kann. Diese Bücher sind auch ihr Vermächtnis.»
    Die Frau legte den Kopf schief und zuckte bedauernd die Schultern. «Es tut mir leid, dass wir Ihnen nicht helfen konnten.»
    Tess steckte den Kodex wieder in ihren Rucksack. «Schon in Ordnung», erwiderte sie. «Danke, dass Sie sich so viel Zeit genommen haben.»
    Da es nichts mehr zu besprechen gab, blieb ihr und Reilly nichts weiter, als sich höflich aus dem Gespräch zurückzuziehen, das sich jetzt der kunstvollen Keramik, die die Familie herstellte, und ihren aktuellen Angeboten zuwandte.
    Sie verabschiedeten sich von den drei Generationen Kazzazoglus, die sich anschickten, ihren Laden zu schließen, und traten in den stillen Abend hinaus. Bis zu ihrer Unterkunft war es nicht weit, nur etwa zehn Minuten zu Fuß. Es war ein schlichtes, mittelgroßes Hotel, modern, drei Stockwerke hoch – die Sorte Hotel, wie man sie oft in der Nähe von Umsteigeflughäfen fand. Funktionalität wurde großgeschrieben, Atmosphäre hingegen klein. Aber schließlich wollten Reilly und Tess hier nicht ihre Flitterwochen verbringen. Ihr Zimmer, das in der obersten Etage zur Hauptstraße hinaus lag, war mit einer funktionierenden Dusche und einem sauberen Bett ausgestattet, und das war im Augenblick alles, was sie an Komfort brauchten. Sie hatten einen langen Tag hinter sich, mit davor schon einer ganzen Reihe langer Tage und noch längerer Nächte.
    Tess war in gedrückter Stimmung. Ihr war klar, dass ihr keine Zeit mehr blieb. Am nächsten

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