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Dogma

Dogma

Titel: Dogma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond Khoury
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der Start in eine neue Karriere und ein neues Leben gewesen, und zudem hatte es ihr persönlich geholfen, sich alles von der Seele schreiben zu können.
    Bis jetzt.
    Der Kardinal blickte ihr einen unbehaglichen Moment lang in die Augen, bevor er sagte: «Bitte, fahren Sie fort.»
    Tess trank einen Schluck aus ihrer Flasche und rutschte auf ihrem Stuhl herum. «Sharafi hatte etwas entdeckt, in der Nationalbibliothek in Istanbul. Genauer, in den Archiven zum alten Osmanenreich. Er stieß ganz zufällig darauf. Zu der Zeit lebte er in Istanbul. Später ist er nach Teheran gegangen und hat dort an einer Universität gelehrt, und als Experte für Sufismus hat er sich in seiner Freizeit mit der Geschichte der Sufis beschäftigt. Er war selbst Sufi, müssen Sie wissen.» Ihre Lippen schmerzten noch immer von dem Klebeband, und es fiel ihr schwer, sich zu konzentrieren. «Außerdem war es der ideale Ort für solche Forschungen, schließlich hat dort alles begonnen, mit Rumi und seinen Dichtungen.»
    «Und dort hat er etwas entdeckt, das mit den Templern zu tun hatte?» Brugnone versuchte behutsam, Tess wieder auf das eigentliche Thema zurückzubringen.
    «Gewissermaßen. Er hat also in den alten Archiven herumgestöbert – dort lagern ja buchstäblich Zigtausende Dokumente, die einfach nur verwahrt werden, bis jemand die Zeit findet, sich mit ihnen zu beschäftigen. Dokumente aller Art. Die Osmanen waren geradezu besessen davon, alles zu archivieren. Jedenfalls, Sharafi stieß auf ein Buch. Einen dicken Kodex mit kunstvoll verziertem Ledereinband, frühes 14. Jahrhundert. Er enthielt die Schriften eines reisenden Sufi, von dem der Professor bis dahin nichts wusste. Aber das Buch enthielt noch etwas. In dem Einband steckten ein paar lose Pergamentblätter, offenbar seit Jahrhunderten verborgen. Sharafi entdeckte sie, und natürlich wurde er neugierig. Er zog sie also heraus, ohne jemandem etwas davon zu sagen oder eine Erlaubnis einzuholen. Die erste Überraschung für ihn war, dass sie nicht in Arabisch geschrieben waren wie das Buch selbst, sondern in Griechisch. In mittelalterlichem Griechisch. Er hat ein paar Sätze abgeschrieben und einen Kollegen gebeten, sie für ihn zu übersetzen. Wie sich herausstellte, handelte es sich um einen Brief. Nicht um einen gewöhnlichen Brief … Es war eine Beichte. Die Beichte eines Mönchs, der in einem byzantinisch-orthodoxen Kloster lebte.» Tess musste sich anstrengen, um sich auf den Namen zu besinnen. «Das Kloster von Mons Argaeus.» Sie schwieg und blickte fragend in die Runde – offenbar konnte niemand mit dem Namen etwas anfangen.
    Bescondi, der Präfekt der Archive, beugte sich vor. Er schien verwirrt. «Sie sagen also, dieser Sharafi hat die Beichte eines Mönchs aus einem byzantinischen Kloster entdeckt – aber was hat das mit den Templern zu tun?»
    Tess fiel spontan ein einziges Wort ein.
    «Alles.»

[zur Inhaltsübersicht]
Kapitel Zwölf
    Konstantinopel – Mai 1310
    «Fünfhundert Hyperpyra? Das … das ist einfach ungeheuerlich», stieß der französische Bischof hervor.
    Conrad von Tripoli begegnete dem Blick des alten Bischofs mit der Gelassenheit eines Mannes, der so etwas schon viele Male getan hatte, und zuckte die Schultern. Keine kalte, herablassende Geste, er achtete darauf, sich umgänglich und vor allem respektvoll zu geben. «Wir sollten wirklich nicht um ein paar Stückchen Gold feilschen, Pater. Nicht, wenn es um etwas so Heiliges geht.»
    Die beiden saßen in einer dunklen Nische in einer Taverne im Bezirk Galata, einer genuesischen Kolonie an der Nordküste des Goldenen Horns. Conrad kannte den Wirt der Taverne gut und wickelte hier häufig seine Geschäfte ab. Er konnte sich auf die Diskretion des Wirts ebenso verlassen wie darauf, dass er ihm, falls die Dinge aus dem Ruder liefen, zur Seite stehen würde. Nicht dass Conrad allzu viel Hilfe nötig gehabt hätte. Er hatte mehr Kämpfe ausgefochten und mehr Blut vergossen, als die meisten Männer sich überhaupt vorstellen konnten, aber das war Teil einer fernen Vergangenheit, die er für sich behielt.
    Das vergoldete Kästchen stand mitten auf dem Tisch. Es war ein Meisterwerk, an den Seiten mit getriebenen Blumen verziert und auf dem Deckel mit einem großen Kreuz. Innen war es mit Samt ausgeschlagen, der verschlissen war, als sei er schon jahrhundertealt. Als Conrad dem Priester den Reliquienschrein überreicht hatte, waren die Knochen darin in ein Blatt Pergament mit dem Siegel des

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