Dogma
zu nehmen und sie während des Flugs unter lautem Gejohle hinauszustoßen. Die Vorstellung hatte Zahed fasziniert, aber bis jetzt hatte er keine Gelegenheit gehabt, seine Phantasien in die Tat umzusetzen.
Es war das Warten wert gewesen.
Langsam tauchte er aus seinen Tagträumen auf, öffnete die Augen und begegnete dem Blick des Mannes, der ihm gegenübersaß. Simmons war wach und schien wieder bei sich zu sein, aber seine Augen waren vor Entsetzen geweitet. Also hatte der Archäologe seine Tat mit angesehen.
Zahed lächelte Simmons mit schmalen Lippen an. Ein Lächeln, das nichts Freundliches an sich hatte.
Zu wissen, dass Simmons in hilflosem Dämmer zugesehen hatte, machte das Ganze noch denkwürdiger.
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Kapitel Achtzehn
Istanbul – Türkei
Kaum dass sich die Kabinentür des Airbus der Alitalia geöffnet hatte, entdeckte Reilly Vedat Ertugrul. Der Rechtsattaché der FBI -Niederlassung in Istanbul, ein korpulenter Amerikaner türkischer Abstammung mit hängenden Wangen und Tränensäcken unter den Augen, erwartete sie bei der Fluggastbrücke. Sie hatten drei Jahre zuvor in der Küstenstadt Antalya kurz miteinander zu tun gehabt. Damals hatte sich der Mann als sehr tüchtig und umgänglich erwiesen; Reilly hoffte, dass das immer noch so war. Er ging Ertugrul entgegen, dicht gefolgt von Tess.
Neben Ertugrul standen ein paar Männer mit dunklerer Hautfarbe, einer in marineblauer Polizeiuniform mit einem goldenen Stern auf den Schulterklappen, der andere in anthrazitgrauem Anzug und weißem Hemd. Beide hatten humorlos blickende dunkelbraune Augen, Stoppelfrisuren und Oberlippenbärte, die ebenso streng wirkten wie das übrige Gesicht. Nachdem sie sich kurz miteinander bekannt gemacht hatten, führten Ertugrul, der Polizeichef und der Geheimagent Reilly und Tess aus der klimatisierten Zone durch eine Seitentür und über eine Treppe hinunter auf die Rollbahn. Die Luft, die ihnen draußen entgegenschlug, war trotz der späten Nachmittagsstunde noch immer erstickend heiß und trocken und zudem vom Gestank von Flugbenzin erfüllt.
Zwei schwarze Chevrolet Suburban mit getönten Scheiben standen beim vorderen Fahrwerk des Flugzeugs bereit. Augenblicke später wurden die gepanzerten Geländewagen durch das Sicherheitstor des Flughafens gewunken und schlugen mit hoher Geschwindigkeit den Weg zur Königin der Städte ein.
Ertugrul, der auf der mittleren Bank direkt vor Reilly saß, drehte sich zu ihm um und reichte ihm eine Pistole im Halfter und eine Schachtel Patronen. «Die ist für Sie.»
Reilly nahm die Waffe in Augenschein. Es war eine Standard-Dienstpistole, Glock 22, mit Fünfzehn-Schuss-Magazin, frisch geölt und ohne eine einzige Schramme. Er befestigte das Halfter an seinem Gürtel und schob die Waffe hinein. «Danke.»
«Sie müssen mir den Empfang bestätigen», sagte Ertugrul und gab Reilly die Formulare und einen Stift. «Ich habe gerade mit Tilden gesprochen, eben als Ihre Maschine gelandet ist», fügte er hinzu. «Es sieht nicht allzu gut aus.»
«Die Fingerabdrücke haben nichts ergeben?», erkundigte sich Reilly, während er unterschrieb.
Ertugrul schüttelte den Kopf. «New York steht in Kontakt mit Langley, dem militärischen Nachrichtendienst und dem Verteidigungsministerium, und sie alle arbeiten daran, den Mann zu identifizieren. Aber bisher – nichts.»
«Seine Daten müssen doch irgendwo gespeichert sein», grummelte Reilly und gab die Papiere zurück. «Der Kerl ist kein Anfänger. Der muss schon einiges auf dem Gewissen haben.»
«Tja, wenn, dann versteht er sich ziemlich gut darauf, nicht in Erscheinung zu treten.»
Reilly starrte einen Moment lang finster durch die Seitenscheibe in den wolkenlosen Himmel hinauf. Mehrere Jets kreisten über dem Flughafen und warteten auf Landeerlaubnis, eine Kette silberner Flecken, so weit das Auge reichte. In Istanbul war jetzt Hochsaison, und die Touristen strömten aus aller Herren Länder scharenweise herbei. «Wie steht es mit den Grenzkontrollen hier?»
Der Polizeichef, der neben Ertugrul auf der Mittelbank saß, wandte den Kopf und begegnete Reillys Blick.
«Er wird herkommen», versicherte Reilly. «Sofern er nicht schon hier ist.»
«Sie gehen also davon aus, dass er bereits die gleichen Schlüsse gezogen hat wie die Jungs in den vatikanischen Archiven», stellte Ertugrul fest.
«Davon bin ich überzeugt», beharrte Reilly. «Immerhin hat er Simmons, der ihm auf die Sprünge hilft.»
Ertugrul und der
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