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Dohlenflug

Dohlenflug

Titel: Dohlenflug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Gracher
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Kopf. »Nein, das wird nicht nötig sein. Ich hab überall
     nachgesehen, wo gewöhnlich wichtige Dokumente aufbewahrt oder
     versteckt werden. Hab aber sonst nichts gefunden, was für unsern Fall
     relevant sein könnte. Das volle Programm können wir immer noch
     morgen abwickeln.«
    »Gut. Dann rücken
     wir für heute ab. Frau Schleißheimer, wir sehen Sie und Ihre
     Tochter Christine morgen um zehn am Gendarmerieposten Bad Hofgastein.«
    Salma Schleißheimer
     zuckte mit den Schultern. »Ich werde da sein. Aber wie es Chrissie
     morgen geht, kann ich heute noch nicht sagen. Das soll unser Hausarzt
     entscheiden. Jetzt fahre ich jedenfalls erst mal zu meiner Mutter und hole
     meine Tochter ab.«

 
    5
    DAS KAHLE BÜRO von
     Gendarmerieoberst Oskar Jacobi am Franz-Hinterholzer-Kai sah ohne seinen
     Bewohner noch kahler aus als sonst, stellte Melanie Kotek fest. Das einzig
     Positive an diesem Raum war der Blick auf die Salzach und auf Jacobis
     Dachterrassenwohnung am gegenüberliegenden Ufer, am Ignaz-Rieder-Kai.
    Jacobi war Chef des
     Kriminalreferats 112, der Abteilung für Verbrechen gegen Leib und
     Leben, und schon vor Stunden nach Hause gefahren. Auf seinem Schreibtisch
     stand ihr gerahmtes Foto. Seit mehr als zehn Jahren schon.
    Die schwarz gebeizte
     Pendeluhr an der Wand schlug elf. Kotek seufzte. Ihre Mitarbeiter hatte
     sie längst nach Hause geschickt. Sie selbst hatte noch den Bericht
     über die bisherigen Erkenntnisse geschrieben und wollte sich jetzt
     die Kassetten anhören, die Wegener sichergestellt hatte. In den
     ersten Tagen nach einem solchen Kapitalverbrechen war Hochdruck in der
     Ermittlungsarbeit angesagt. Für sie eine Selbstverständlichkeit.
     Während Kotek die Kurzwahl ihres Lebensgefährten aufrief,
     blickte sie über die beleuchtete Salzach hinüber auf das Gebäude
     mit der Dachterrasse.
    Sofort wurde abgehoben.
     »Ja?«
    Der Bariton am anderen Ende
     der Leitung weckte Melanie Koteks Lebensgeister. Der Mann, dem die Stimme
     gehörte, machte einen erheblichen Teil dessen aus, was ihr
     Lebensinhalt war.
    »Ich brauch noch ein
     bisschen«, sagte sie. »Muss mir noch zwei Kassetten anhören.«
    »Komm, Katze, spiel
     jetzt nicht den Superbullen. Nimm die Kassetten mit, und wir hören
     sie uns gemeinsam an – vielleicht bei einer halben Flasche Cuvée?«
    »Beweismaterial mit
     nach Hause nehmen? Herr Oberst, ich muss doch sehr bitten! Aber überredet!
     Ich bin in einer Viertelstunde da.«

 
    6
    MELANIE KOTEK besaß
     selbst zwei schöne Wohnungen: eine im Salzburger Stadtteil Mülln
     am Salzachufer und eine zweite in Thumersbach in traumhafter Lage am
     Ostufer des Zeller Sees und unweit des Landgutes einer bekannten deutschen
     Sportwagen-Dynastie. Natürlich schätzte sie diesen Besitz, den
     sie nicht zuletzt ihrer wohlhabenden Mutter, einer echten Gräfin,
     verdankte, aber zu Hause fühlte sie sich nur in Jacobis
     Dachterrassenwohnung am Ignaz-Rieder-Kai.
    Als sie dort den Schlüssel
     in der Haustür umdrehte, hatte es sich Jacobi schon längst auf
     der Büffelledercouch seines »Bibliothek« genannten
     Wohnzimmers gemütlich gemacht. Im offenen Kamin knisterte das Feuer
     auf zwei wuchtigen Holzbriketts, und eine Flasche Zweigelt/Blaufränkisch-Cuvée
     war bereits dekantiert. Jacobi kaufte den Wein jedes Jahr persönlich
     bei einem Winzer in Jois am Neusiedlersee.
    Während Kotek duschte,
     legte er schon einmal eine der Kassetten ins Abspielgerät. Sie war
     mit »John Silver« beschriftet.
    Einige Sekunden lang war außer
     dem gedämpften Geräusch von Schritten auf Spannteppichen und
     Sesselrücken nichts zu hören. Dann aber:
    »Du weißt, warum
     ich dich hab rufen lassen?«
    »Kann’s mir
     denken.«
    »So, du kannst es dir
     denken. Wenn du also weißt, dass du seit Wochen viel zu wenig Abschlüsse
     machst, warum tust du dann nichts dagegen?«
    »Warum soll ich mir
     einen Haxen ausreißen, nur damit du schneller nach Linz in die
     Zentrale kommst?«
    Schon nach den ersten Worten
     war Jacobi klar gewesen, wem jeweils welche Stimme gehörte und wo das
     Gespräch stattfand: in Regenmandls Direktionsbüro. Schleißheimer
     musste ein professionelles Gerät benutzt haben, um seinen Chef abzuhören.
     Mit einem versteckten Handy wäre die Aufnahme nicht so klar gewesen.
    »Mach dich nicht lächerlich«,
     sagte Regenmandl. »Oder hast du etwa Angst, ich könnte Salli
     nach Linz mitnehmen? Da kann ich dich beruhigen. Meinetwegen kann sie gern
    

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