Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dohlenflug

Dohlenflug

Titel: Dohlenflug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Gracher
Vom Netzwerk:
hätte
     daran etwas seltsam gefunden.«
    »Sie könnte den
     Einbruch auch inszeniert haben – eben wegen dieser aufmerksamen
     Nachbarn.«
    »Ein Ablenkungsmanöver?
     Damit sie in der Reihe der Verdächtigen nach hinten rutscht? Du
     vergisst, wie der Täter respektive die Täterin die Leiche präsentiert
     hat. Dass eine aufgebrachte Mutter einem Kinderschänder den Schwanz
     abschneidet, kann ich mir ohne Weiteres vorstellen. Nicht aber, dass sie
     ihn mit einem einzigen fachmännischen Stich ins Herz niederstreckt,
     und erst recht nicht, dass sie nach vollbrachter Tat die Leiche noch
     betulich mit seltsamen Zeichen verziert. Nein, da stecken schon
     strategische Überlegungen dahinter. Wenn sich jemand so viel Mühe
     gibt, unser Interesse auf minderjährige Mädchen und deren Mütter
     zu lenken, so heißt das für mich, dass wir zumindest auch
     woanders suchen müssen.«
    »Nicht so vorschnell.
     Ich glaube eher, da will eine Mutter eine andere hinhängen, um von
     sich oder ihrer Tochter abzulenken.«
    »Und ich glaube, du
     verbeißt dich ein bisschen zu früh in die Schleißheimer.«
    Mit einer wegwerfenden
     Handbewegung wischte Kotek Jacobis Einwände beiseite. »Wenn man
     in einen Fall so wenig eingearbeitet ist wie du, sollte man sich nicht so
     weit aus dem Fenster lehnen, mein Lieber. Unsre Zeugin Resi Neuhuber hat
     recht bald schon eine Kräuterhexe namens Charlotte Heinrich erwähnt.
     Ich habe mich über sie schlaugemacht. Sie hat ebenfalls eine Tochter
     in Chrissies Alter.«
    In knappen Worten schilderte
     sie, wie Lotte Heinrich und Salma Schleißheimer angeblich zueinander
     standen.
    »Natürlich würde
     die Schleißheimer unter normalen Umständen kein so plumpes
     Ablenkungsmanöver versuchen, aber in Panik … unter extremem
     emotionalem Stress …?«
    Jacobi schüttelte wieder
     den Kopf. »Die Tat war wohlüberlegt, da wart ihr euch doch
     einig. Außerdem erscheinen mir die Motive für Mütter
     vierzehnjähriger Mädchen – mit Verlaub! – doch zu
     leichtgewichtig. Wenn wir den Missbrauch zweifelsfrei nachweisen können,
     sieht die Sache schon wieder anders aus. Aber auch dann traue ich der
     Schleißheimer die Tat nicht zu. Nach allem, was ich bisher über
     sie weiß, passt so ein Mord einfach nicht zu ihr.«
    Kotek ärgerte sich ein
     wenig über Jacobis Selbstsicherheit und seine Ferndiagnosen, umso
     mehr, als sie selbst nicht recht an Salma Schleißheimers Schuld
     glauben mochte.
    »Du hast nicht etwa
     vor, dich in meinen Fall einzumischen, oder, Oskar Jacobi? Ich kenne dich
     doch. Wenn du diesen unsteten Blick hast, willst du deinen Schreibtisch
     verlassen, deine Rosinante satteln und mich zu deinem persönlichen
     Sancho Pansa degradieren.«
    Die Vorhaltungen von Melanie
     Kotek waren nicht ernst gemeint. Sie hielt durchaus große Stücke
     auf die Teamarbeit im Sechserpack. Wer als Einziger von ihnen immer wieder
     mal ausscherte, das war der Alpha-Wolf, Jacobi.
    Der schmunzelte jetzt.
     »Niemals würde ich etwas so Niederträchtiges tun, teure
     Dulcinea! Und ich denke auch nicht im Traum daran, mit Euch nach Gastein
     zu fahren. Zumindest vorläufig nicht«, schränkte er dann
     ein.
    Melanie Kotek ließ ihre
     schönen dunklen Brauen nach oben wandern. »Warum nur erstaunt
     mich das jetzt nicht?«    
    Jacobis Vorliebe für Außendienst
     war am Franz-Hinterholzer-Kai bekannt, daran hatte auch seine kürzlich
     erfolgte Beförderung zum Oberst nichts geändert. Außerdem
     hatte er eine besondere Schwäche für Gastein, und zwar nicht von
     ungefähr. In den vergangenen zwanzig Jahren hatte das Referat 112
     etliche Aufsehen erregende Kapitalverbrechen zu klären gehabt, einige
     auch im größten und schönsten aller Tauerntäler. Bei
     jedem davon hatte Jacobi persönlich vor Ort recherchiert, Zeugen und
     Verdächtige vernommen und die Behördenaktionen geleitet.
    Jacobi konnte die Gedanken
     seiner Partnerin lesen, fühlte sich aber zu keinen weiteren Dementis
     bemüßigt, sondern spann seine Überlegungen weiter: »Wenn
     es also nicht Salma Schleißheimer war, die da mit einer Taschenlampe
     durch ihr Haus gegeistert ist, was, außer diesen Kassetten, könnte
     der Täter noch gesucht haben? Delikate Fotos? Dateien? Schriftstücke?
     Und wenn ja, welche?«   
    »Gott, wie scharfsinnig
     du doch bist. Glaubst du ernsthaft, darüber hätte ich mir noch
     nicht den Kopf zerbrochen? Ich tue nichts anderes, wenn ich nicht gerade
     durch

Weitere Kostenlose Bücher