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Dohlenflug

Dohlenflug

Titel: Dohlenflug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Gracher
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hatte, Sie, Frau
     Heinrich, hätten darüber nicht am Telefon mit ihr sprechen
     wollen und sie zu sich gebeten. Sie gab an, außer Ihnen beiden sei
     niemand im Haus gewesen.«
    »Da hat sie leider die
     Unwahrheit gesagt. Sie war nicht bei mir. Johnny war hier und meine
     Tochter auch.«
    »Sie bestätigen
     das?«, fragte Feuersang, nun wieder um höfliche Distanz zu
     Regenmandl bemüht.
    Dieser nickte. »Ja, ich
     war zur fraglichen Zeit hier.«
    »Im Gegensatz zu Frau
     Schleißheimer?«
    »Genau«, sagte
     Regenmandl eine Spur zu rasch. Zwang ihn irgendwer oder irgendwas zu lügen?
    »Wie lange ist Ihre
     Tochter Julie schon unauffindbar?«, wandte sich der Ermittler plötzlich
     an Lotte Heinrich.
    »Wa… was heißt
     unauffindbar? Sie ist doch nur –«
    »Wie lange?«,
     schnaufte Feuersang, und die Adern an seinen Schläfen traten wie Kälberstricke
     hervor.
    »Seit Sonntagmorgen.
     Das sagte ich doch schon. Sie ist zum Bus gegangen und hat sich seither
     nicht mehr gemeldet.«
    »Sie ist nicht zufällig
     schon seit Samstagnachmittag abgängig?«
    »Nein«, sagte
     Lotte Heinrich entschieden.
    Feuersang wandte sich wieder
     Regenmandl zu: »Was anderes: Warum waren Sie gestern um elf Uhr
     abends in der Dorngasse? Und haben Sie im Haus Ihrer Freundin gefunden,
     wonach Sie suchten?«
    Die Behandlung durch
     Feuersang schien Regenmandl zu einem Musterbeispiel in Sachen Umgänglichkeit
     gemacht zu haben. Er versuchte keinerlei Ausflüchte, sondern
     antwortete bereitwillig: »Ich habe einen Schlüssel zum Haus der
     Schleißheimers, das wissen Sie vermutlich. Und ja, ich wollte tatsächlich
     die günstige Gelegenheit nutzen und mir ohne Sallis Wissen das zurückholen,
     was mir Fredl gestohlen hatte.«
    »Aber es ist Ihnen
     nicht gelungen?«, vermutete Kotek.
    »Nein. Als ich aufs
     Gartentor zuging, sah ich, dass jemand mit einer Taschenlampe im Haus
     herumgeisterte und damit bereits aufmerksame Nachbarn auf den Plan gerufen
     hatte. Seit wir so viele Asylwerber in Gastein haben, passen die Leute auf
     wie die Haftelmacher. Also ging ich zu meinem Wagen zurück und fuhr
     zum Bauhof.«
    »Der um diese Tageszeit
     nicht offen hatte«, ergänzte Feuersang.
    »Das stimmt, aber ich
     hab einen Vermerk samt Geldschein an den Computer geklebt und ihn vors Tor
     gestellt.«
    »Und was ist mit dem
     Laptop, den Frau Simcits erwähnt hat?«
    Regenmandl schwieg.
    Feuersang nickte, als hätte
     er nichts anderes erwartet. »Dann hat’s wohl auch keinen Sinn,
     Sie zu fragen, was Schleißheimer Ihnen im Detail gestohlen hat?«
    Regenmandl schüttelte
     den Kopf. »Ich möchte mich zuerst mit meinem Anwalt beraten,
     ehe ich weitere Angaben mache.«
    »Wie Sie wollen«,
     sagte Kotek. »Immerhin waren die Angaben zur Dorngasse vermutlich
     Ihre erste ehrliche Aussage in diesem Mordfall. Die Beugehaft wird Ihnen
     vorläufig erspart. Vorläufig, Herr Regenmandl. Aber eine letzte
     Kleinigkeit hätt ich noch: Woher rührt der Kratzer rechts hinten
     an Ihrem Wagen?«
    »Das ist schon vor
     vierzehn Tagen nach der Jagd passiert«, antwortete er wie aus der
     Pistole geschossen. »Auf der Heimfahrt.«
    Hatte Kotek geglaubt, ihn mit
     der Frage irritieren zu können, so sah sie sich nun getäuscht.
     Sie nickte. »Also gut. Sie können nach Hause fahren, bleiben
     aber für uns erreichbar. Wir melden uns.« Sie blieb bei ihrer
     Linie.
    Die Ermittler warteten, bis
     der Diesel draußen ansprang und sich der Wagen entfernte. Lotte
     Heinrich gab sich keinen Illusionen hin. Sie wusste, was jetzt passieren würde.

 
    11
    »FRAU HEINRICH, Sie
     sagten eben, Ihre Tochter habe das Haus gestern Morgen verlassen und Sie wüssten
     nicht, wo sie sich aufhält«, begann Kotek. »Kann es sein,
     dass sie sich irgendwo versteckt?«
    »Wieso das denn? Warum
     sollte sie sich verstecken?« Auf ihrer Stirn und Oberlippe bildeten
     sich winzige Schweißperlen.
    »Weil sie
     beispielsweise etwas Schreckliches getan hat?«
    »So ein Mumpitz! Ich
     habe Sie und Ihren Kollegen wirklich für intelligenter gehalten.«
    »Es ist nur eine Überlegung.
     Natürlich kann es auch sein, dass Sie, Frau Heinrich, Fredl Schleißheimer
     mit Julie in flagranti erwischt und ihn dann, rasend vor Wut, umgebracht
     haben. Und jetzt wird Julie von Schuldgefühlen zerfressen, weil sie
     sich die Schuld an dem Mord gibt, und hat sich deshalb versteckt.«
    »Sie sind ja verrückt!
     Total verrückt! Das wissen Sie hoffentlich!«, schrie Lotte
     Heinrich

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