Dohlenflug
hatte, Sie, Frau
Heinrich, hätten darüber nicht am Telefon mit ihr sprechen
wollen und sie zu sich gebeten. Sie gab an, außer Ihnen beiden sei
niemand im Haus gewesen.«
»Da hat sie leider die
Unwahrheit gesagt. Sie war nicht bei mir. Johnny war hier und meine
Tochter auch.«
»Sie bestätigen
das?«, fragte Feuersang, nun wieder um höfliche Distanz zu
Regenmandl bemüht.
Dieser nickte. »Ja, ich
war zur fraglichen Zeit hier.«
»Im Gegensatz zu Frau
Schleißheimer?«
»Genau«, sagte
Regenmandl eine Spur zu rasch. Zwang ihn irgendwer oder irgendwas zu lügen?
»Wie lange ist Ihre
Tochter Julie schon unauffindbar?«, wandte sich der Ermittler plötzlich
an Lotte Heinrich.
»Wa… was heißt
unauffindbar? Sie ist doch nur –«
»Wie lange?«,
schnaufte Feuersang, und die Adern an seinen Schläfen traten wie Kälberstricke
hervor.
»Seit Sonntagmorgen.
Das sagte ich doch schon. Sie ist zum Bus gegangen und hat sich seither
nicht mehr gemeldet.«
»Sie ist nicht zufällig
schon seit Samstagnachmittag abgängig?«
»Nein«, sagte
Lotte Heinrich entschieden.
Feuersang wandte sich wieder
Regenmandl zu: »Was anderes: Warum waren Sie gestern um elf Uhr
abends in der Dorngasse? Und haben Sie im Haus Ihrer Freundin gefunden,
wonach Sie suchten?«
Die Behandlung durch
Feuersang schien Regenmandl zu einem Musterbeispiel in Sachen Umgänglichkeit
gemacht zu haben. Er versuchte keinerlei Ausflüchte, sondern
antwortete bereitwillig: »Ich habe einen Schlüssel zum Haus der
Schleißheimers, das wissen Sie vermutlich. Und ja, ich wollte tatsächlich
die günstige Gelegenheit nutzen und mir ohne Sallis Wissen das zurückholen,
was mir Fredl gestohlen hatte.«
»Aber es ist Ihnen
nicht gelungen?«, vermutete Kotek.
»Nein. Als ich aufs
Gartentor zuging, sah ich, dass jemand mit einer Taschenlampe im Haus
herumgeisterte und damit bereits aufmerksame Nachbarn auf den Plan gerufen
hatte. Seit wir so viele Asylwerber in Gastein haben, passen die Leute auf
wie die Haftelmacher. Also ging ich zu meinem Wagen zurück und fuhr
zum Bauhof.«
»Der um diese Tageszeit
nicht offen hatte«, ergänzte Feuersang.
»Das stimmt, aber ich
hab einen Vermerk samt Geldschein an den Computer geklebt und ihn vors Tor
gestellt.«
»Und was ist mit dem
Laptop, den Frau Simcits erwähnt hat?«
Regenmandl schwieg.
Feuersang nickte, als hätte
er nichts anderes erwartet. »Dann hat’s wohl auch keinen Sinn,
Sie zu fragen, was Schleißheimer Ihnen im Detail gestohlen hat?«
Regenmandl schüttelte
den Kopf. »Ich möchte mich zuerst mit meinem Anwalt beraten,
ehe ich weitere Angaben mache.«
»Wie Sie wollen«,
sagte Kotek. »Immerhin waren die Angaben zur Dorngasse vermutlich
Ihre erste ehrliche Aussage in diesem Mordfall. Die Beugehaft wird Ihnen
vorläufig erspart. Vorläufig, Herr Regenmandl. Aber eine letzte
Kleinigkeit hätt ich noch: Woher rührt der Kratzer rechts hinten
an Ihrem Wagen?«
»Das ist schon vor
vierzehn Tagen nach der Jagd passiert«, antwortete er wie aus der
Pistole geschossen. »Auf der Heimfahrt.«
Hatte Kotek geglaubt, ihn mit
der Frage irritieren zu können, so sah sie sich nun getäuscht.
Sie nickte. »Also gut. Sie können nach Hause fahren, bleiben
aber für uns erreichbar. Wir melden uns.« Sie blieb bei ihrer
Linie.
Die Ermittler warteten, bis
der Diesel draußen ansprang und sich der Wagen entfernte. Lotte
Heinrich gab sich keinen Illusionen hin. Sie wusste, was jetzt passieren würde.
11
»FRAU HEINRICH, Sie
sagten eben, Ihre Tochter habe das Haus gestern Morgen verlassen und Sie wüssten
nicht, wo sie sich aufhält«, begann Kotek. »Kann es sein,
dass sie sich irgendwo versteckt?«
»Wieso das denn? Warum
sollte sie sich verstecken?« Auf ihrer Stirn und Oberlippe bildeten
sich winzige Schweißperlen.
»Weil sie
beispielsweise etwas Schreckliches getan hat?«
»So ein Mumpitz! Ich
habe Sie und Ihren Kollegen wirklich für intelligenter gehalten.«
»Es ist nur eine Überlegung.
Natürlich kann es auch sein, dass Sie, Frau Heinrich, Fredl Schleißheimer
mit Julie in flagranti erwischt und ihn dann, rasend vor Wut, umgebracht
haben. Und jetzt wird Julie von Schuldgefühlen zerfressen, weil sie
sich die Schuld an dem Mord gibt, und hat sich deshalb versteckt.«
»Sie sind ja verrückt!
Total verrückt! Das wissen Sie hoffentlich!«, schrie Lotte
Heinrich
Weitere Kostenlose Bücher