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Dohlenflug

Dohlenflug

Titel: Dohlenflug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Gracher
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Schnitzereien auf Hölzern, als Vogelfedern und Figuren auf
     gegerbten Tierhäuten.
    Als Ausgleich zu dem okkulten
     Krimskrams sind die gepolsterten Korbsessel orthopädisch geformt und
     sicher eine Wohltat für jeden, der ein Bandscheibenleiden hat, dachte
     Kotek erheitert.
    »Herr Regenmandl, zunächst
     zu Ihnen«, begann sie. »Nachdem Frau Simcits Ihr Alibi vom
     Samstag nicht bestätigt hat, sollten Sie uns dringend sagen, wo Sie
     am Samstagnachmittag wirklich waren. Sie scheinen es ja immer noch nicht
     begriffen zu haben: Bei vorliegender Indizienlage stehen Sie mit einem
     Bein bereits in U-Haft, und das ist durchaus kein Scherz.«
    Regenmandl ließ seinen
     Oberkörper im Sitzen wie ein Sumo-Ringer nach vorn fallen. »Indizien
     sind noch keine Beweise, und ohne Beweise werden Sie sich ernste
     Schwierigkeiten einhandeln, Mäuschen.«
    Der behäbig wirkende
     Feuersang sprang wie von einer Feder hochkatapultiert auf, riss Regenmandl
     am Revers seiner Lederjacke aus dem Sessel, als wäre der schwere Mann
     eine Holzgliederpuppe, und schmetterte ihn mit dem Rücken gegen die
     Rigipswand, sodass das ganze Haus erzitterte. Nicht nur Lotte Heinrich
     wurde bei diesem Ausbruch roher Gewalt blass um die Nase.
    »Jetzt pass mal auf, du
     Kotzbrocken«, flüsterte das cholerische Muskelpaket dem
     Gebeutelten Nase an Nase zu. »Oberleutnant Kotek ist erstens kein Mäuschen,
     und zweitens würde ich bei dieser Indizienlage sogar den Präsidenten
     der EZB in den Häfen stecken, also erst recht einen aufgeblasenen
     Provinz-Sparefroh wie dich! Soll ich dir die Gründe für deine
     Verhaftung aufzählen? Ha? Soll ich?«
    Regenmandl wurde durchgeschüttelt
     wie ein nasser Sack. Er wagte keine Gegenwehr, und Feuersang begann:
     »Da wäre zunächst deine Erpressbarkeit. Schleißheimer
     hatte dich am Wickel – womit auch immer, es war jedenfalls keine
     Kleinigkeit, und wir werden es noch herausbekommen. Deshalb hast du ihm
     ganz unverhohlen gedroht. Dann ist da noch dein Gspusi mit der Witwe. Aber
     der Hauptgrund, mein lieber Freund, ist die strikte Verweigerung jeder
     Kooperation. Allein deshalb können wir dich bei einer derartigen
     Verdachtslage für vierundzwanzig Stunden einnähen.«    
    »Chefinspektor, lassen
     Sie den Mann augenblicklich los und entschuldigen Sie sich für den
     Übergriff«, ordnete Oberleutnant Kotek reichlich verspätet
     an.
    »Ich entschuldige mich«,
     sagte Feuersang artig und streifte mit den Rückseiten seiner
     Wurstfinger über die Revers von Regenmandls Lederjacke, als wolle er
     sie glätten. Regenmandl zuckte in Erwartung neuerlicher Gewalt zurück,
     wobei seine rechte Hand unwillkürlich in die Höhe fuhr, aber der
     Kriminalbeamte drückte ihn nur sanft in den Sessel zurück. Und
     mit ebenso sanfter Stimme fragte er: »Also, Jean Pierre Regenmandl,
     wo waren Sie am Samstagnachmittag?«
    »Er war bei mir«,
     sagte Lotte Heinrich an seiner statt. »Meine Tochter war übrigens
     auch da. Leider kann ich sie im Moment nicht erreichen. Hab keine Ahnung,
     warum sie ihr Handy nicht eingeschaltet hat.«   
    »Und warum sagen Sie
     das nicht gleich?«, wandte sich Kotek an Regenmandl.
    Wieder übernahm die
     Psychotherapeutin die Antwort: »Johnny schämt sich für
     unsere Entspannungsnachmittage, macht immer ein schreckliches Geheimnis
     draus. Er will nicht, dass irgendjemand auf die Idee kommt, ich könnte
     in der Praxis auch noch etwas anderes mit ihm anstellen, als seine lädierte
     Schulter zu behandeln.«
    »Mit irgendjemand ist
     dann wohl Salma Schleißheimer gemeint?«, konkretisierte Kotek.
    »Auch, aber nicht nur.
     Ich sagte ja, er schämt sich dafür.«
    »Also war Salma Schleißheimer
     an diesem Nachmittag nicht bei Ihnen?«
    Lotte Heinrich stutzte.
     »N… nein. Wie kommen Sie jetzt ausgerechnet auf Salli?«
    Kotek blickte durch ein
     Fenster in den Regen hinaus und zählte im Geist bis zehn, bevor sie
     antwortete. »Weil Frau Schleißheimer Sie als Alibi für
     die vermutliche Mordzeit angegeben hat. Zuvor hatte sie mich diesbezüglich
     schon einmal angelogen, hat mir aber nun glaubhaft versichert, Sie hätten
     sie zu sich bestellt. Es wäre um den Kredit für Marageter
     gegangen. Salma Schleißheimer sollte ihn bei ihrem Gatten befürworten.
     Recht erstaunlich, die Begründung, wo doch Paul Marageter vorhin
     behauptet hat, der Kredit sei ihm bereits am Freitag zugesichert worden, während
     Frau Schleißheimer mir wiederholt erklärt

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