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Dohlenflug

Dohlenflug

Titel: Dohlenflug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Gracher
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Wagen zurück und parkte wieder zwischen Range Rover und
     dem dritten Pkw ein, einem Toyota Auris 2,0 D-4D. Der Toyota stand als
     einziges der drei Autos unter einem Carport, vermutlich gehörte er
     der Hausherrin.
    Während Kotek
     angelegentlich dem Parkmanöver zusah, fiel ihr der unschöne
     Kratzer an der rechten D-Säule des Range Rover auf.    
    »Bitte, nach Ihnen«,
     sagte sie mit begleitender Geste zu Marageter. Sie und Feuersang waren
     bereits ausgestiegen und warteten vor der überdachten Haustür
     auf ihn.
    Mit sichtlichem Widerwillen
     kam Marageter der Aufforderung nach. Er drückte die Klinke mit der
     linken Hand nieder und betrat vor den Ermittlern den Hausflur. Auf der
     schwarz gebeizten Tür links vom Eingang prangte ein blank poliertes
     Messingschild mit der Aufschrift »Ordination«. Auf der weißen
     Tür rechts stand auf einem roten Emailschild »Privat«.
     Marageter wandte sich nach links und öffnete die Tür.
    Der Raum sah aus wie eine
     physiotherapeutische Praxis. An den Wänden standen schmale weiße
     Kommoden und Glaskästen, die diverse medizinische Utensilien
     enthielten. Nur in einem Punkt unterschied sich dieser Behandlungsraum von
     anderen: Die weißen Rigipswände waren mit indianischen
     Totem-Zeichen bemalt, deren Sinn sich dem Uneingeweihten entzog.   
    Ein überladener
     Schreibtisch samt Bürosessel nahm die hintere Hälfte des Raumes
     ein, während vor dem sichtgeschützten Frontfenster eine weiß
     bezogene Liege stand. Auf ihr lag bäuchlings ein etwa fünfzigjähriger
     korpulenter Mann in Boxershorts und schwarzen Socken. Eine Blondine in
     Koteks Alter, nur mit Slip und T-Shirt bekleidet, knetete seinen Rücken,
     wobei ihre spitzen Brüste und die Frisur, die an eine Schirmakazie
     erinnerte, im Takt der Bewegungen hin und her wippten. Das Gesicht des
     Mannes war der Tür zugewandt, eine martialische Augenklappe bedeckte
     sein linkes Auge.
    Die Klappe, der stechende
     Blick des rechten Auges, die kühne Nase und das schüttere
     schwarze Haar ließen keine Zweifel offen, wie Jean Pierre Regenmandl
     zu seinem Spitznamen John Silver gekommen war.
    »Grüß Gott,
     Frau Heinrich. Hallo, Herr Regenmandl. Der Termin beim Notar muss aber
     flott erledigt gewesen sein«, sagte Kotek, die mit ihrem Ärger
     nicht hinterm Berg halten konnte.
    »War er auch«,
     bestätigte Regenmandl rotzig. »Können Sie nicht wie
     zivilisierte Menschen draußen warten, bis wir hier fertig sind?«
    »Der österreichische
     Staat hat lange genug auf Sie gewartet, Herr Regenmandl. Ziehen Sie sich
     jetzt augenblicklich an und stehen Sie uns dann zur Verfügung,
     andernfalls werde ich Ihnen Handschellen anlegen lassen, und Sie kommen
     direkt in Untersuchungshaft.«
    Koteks dunkle Augen blitzten
     zornig. »Was denken Sie sich eigentlich?«, legte sie noch
     nach. »Glauben Sie allen Ernstes, wir lassen uns vom Filialleiter
     einer Provinzsparkasse wie Schulkinder vorführen? Von einem
     Filialleiter, der noch dazu schwer tatverdächtig ist?«
    Der Gescholtene öffnete
     schon den Mund zu einer geharnischten Replik, da erhielt Kotek Schützenhilfe
     von einer Seite, von der sie nicht zu erwarten gewesen war. Paul Marageter
     trat einen Schritt vor. »Sei doch nicht so stur, Johnny«,
     sagte er beschwichtigend. »Wozu musst du dich unbedingt mit der
     Kiwerei anlegen? Wir haben doch nichts zu verbergen, oder? Wozu also
     Schwierigkeiten machen?«
    Während sich Regenmandl
     von der Liege erhob, kräuselten sich seine Lippen verächtlich.
    »Ah, jetzt, wo du den
     Kredit hast, gibst du wieder den coolen Blaulicht-Pauli, was? Das ist
     typisch für dich.«
    »Erstaunlich«,
     hakte Kotek blitzschnell nach. »Sie haben den Kredit also doch noch
     bekommen, Herr Marageter? Obwohl Ihnen Alfred Schleißheimer kürzlich
     eine endgültige Absage erteilt hat.«
    Marageter blinzelte nicht
     einmal. Er wusste also von den Abhörprotokollen. »Fredl hat es
     sich letzten Freitag Gott sei Dank anders überlegt und mir doch noch
     einen Überbrückungskredit gewährt«, sagte er, ohne
     auch nur eine Sekunde zu zögern.
    Feuersang grinste breit.
     »Wie praktisch, wenn die Kontrollorgane der Linzer Sparkasse seine
     Unterschrift unter der Bewilligung sehen. Die Unterschrift eines Toten,
     der wegen fahrlässiger Kreditvergabe nicht mehr zur Verantwortung
     gezogen werden kann.«
    »Sie sagten vorhin:
     ›Wir haben doch nichts zu verbergen‹«, schaltete sich
     Kotek wieder ein.

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